Queer-Beauftragter der DBK wünscht sich offeneres Denken in der Kirche

Schepers: Akzeptanz nötig, dass es mehr gibt als Mann und Frau

Veröffentlicht am 31.10.2024 um 11:28 Uhr – Lesedauer: 

Essen ‐ Weihbischof Schepers ist in der Deutschen Bischofskonferenz für die Queer-Pastoral zuständig. Er wünscht sich ein offeneres Denken bei den Themen sexuelle Identität und Orientierung. Dabei müsse es um Seelsorge gehen, die den Menschen gerecht wird.

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Der Queer-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Weihbischof Ludger Schepers, wünscht sich von der Kirche einen offeneren Blick auf das Thema Geschlechtervielfalt. Es brauche "die Akzeptanz dessen, dass es mehr gibt als Mann und Frau", sagte Schepers am Donnerstag im Interview der “Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". In Buch Genesis heiße es, dass Gott die Menschen als "männlich" und "weiblich" geschaffen habe. "Was ist denn männlich und was ist denn weiblich? Und da eben zu sehen, es gibt auch noch etwas dazwischen", so der Essener Weihbischof. Die deutschen Bischöfe hatten Schepers bei ihrem Frühjahrstreffen im Februar in Augsburg als Beauftragten für die queere Pastoral benannt.

Ein offeneres Denken sei auch bei der sexuellen Orientierung von Menschen nötig, so Schepers weiter. "Das Ganze nur auf den Sex zu beschränken, auf den sexuellen Akt zur Erzeugung von Nachkommenschaft, ist für mich zu einseitig", betonte er. Es gehe bei Beziehungen auch um die gegenseitige Verantwortung. Er blicke primär nicht auf die sexuelle Identität und Orientierung von Personen. "Der umfassendere Begriff ist für mich der Mensch, und ob der trans, bi oder was auch immer ist, ist sekundär."

Der Katechismus der Katholischen Kirche hält mit Blick auf das Thema fest, dass homosexuelle Handlungen "in sich nicht in Ordnung" sind. Homosexuellen selbst sei allerdings "mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen". Auch sie seien berufen, "in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen". Sie sollen sich "durch die Tugend der Selbstbeherrschung" sowie "durch das Gebet und die sakramentale Gnade Schritt um Schritt, aber entschieden der christlichen Vollkommenheit annähern".

"Ich würde ja nie sagen: Du bist ein Sünder"

Schepers sagte dazu, dass es den Katechismus zwar gebe, der Lebensalltag der Menschen aber etwas anderes sei. "Die Frage ist, wie wir in der Seelsorge damit umgehen. Ich würde ja nie sagen: Du bist ein Sünder! Das weiß ich nämlich nicht. Das habe ich auch gar nicht zu wissen.“ Der Katechismus sei schon oft geändert worden. "Es sind also nicht unveränderliche Dinge. Sie haben ihre Zeit und ihre Zeitgeschichte, und weil sie eine Zeitgeschichte haben, ist nicht jede Änderung schon eine Anpassung an den Zeitgeist, wie es immer so schön heißt, sondern sie ist notwendig, um die Botschaft in unserer heutigen Zeit zu leben, so wie Jesus es gewollt hätte."

Gleichzeitig verteidigte Schepers die Lehre der Kirche, dass das Sakrament der Ehe Mann und Frau vorbehalten ist. "Nicht jeder darf alles machen, es gibt Grenzen. Und diese gilt es einzuhalten, ohne zu diskriminieren."

Bei eventuellen Änderungen der Lehre dürfe es allerdings kein Hintergedanke der Kirche sein, die Kirchen wieder voller zu bekommen, betonte der Weihbischof. "Es muss um Spiritualität gehen, um Seelsorge, die den Menschen gerecht wird." Sie dürfe sich nicht abseits der Lebenswelt der Menschen bewegen. Dabei sei die Kirche aber nicht immer auf dem neuesten Stand. "Ich glaube, es hat für jeden Einzelnen, der in der Verantwortung der Seelsorge steht, eine große Bedeutung, auf welche Art und Weise Jesus auf Menschen zugegangen ist." (mal)