"Voll handlungsfähig"
Frage: Herr Kutschke, Bischof, Erzbischof, Ständiger Administrator – im Bistum Dresden-Meißen herrscht ja eine gewisse Sprachverwirrung seit der Bekanntgabe des Wechsels von Heiner Koch nach Berlin vor. Wie ist eigentlich die Rechtslage?
Kutschke: In der Tat ist das nicht ganz so einfach. Laut den Bestimmungen des Kirchenrechts hat ein Bischof vom Zeitpunkt der Bekanntgabe seiner Versetzung bis zur Besitzergreifung der neuen Diözese in seiner bisherigen Diözese nur noch die Rechtsstellung eines Diözesanadministrators.
Frage: Was bedeutet das?
Kutschke: Er bleibt Bischof der Diözese, darf jedoch nur noch wie ein Diözeanadministrator handeln. Das heißt, er darf nichts tun, was in der Diözese relevante Veränderungen bringen würde, so zum Beispiel weder Pfarrer einsetzen noch Pfarreigrenzen verändern oder in die Diözesangesetzgebung eingreifen. Er verwaltet die Diözese nur noch.
Frage: Nun wurde Bischof Koch aber zum Apostolischen Administrator ernannt.
Kutschke: Genau. Eine reine Verwaltung der Diözese – sozusagen von jetzt auf gleich – hätte viele bereits intensiv vorbereitete Entscheidungen abrupt gestoppt. Vereinbarte Versetzungen, Pfarreinführungen oder Verwaltungsentscheidungen hätten erstmal auf längere Zeit keine Chance auf Umsetzung gehabt. Das wäre sicher nicht zum Besten des Bistums gewesen und hätte auch der Fortsetzung des pastoralen Erkundungsprozesses in einer entscheidenden Phase geschadet. Ganz offensichtlich hat man dies auch in Rom so eingeschätzt und den ernannten Erzbischof von Berlin – abweichend vom üblichen Verfahren – zum Apostolischen Administrator mit allen bischöflichen Rechten ernannt.
Frage: Das ist also ein eher ungewöhnliches Verfahren?
Kutschke: Ja, das Bistum ist damit auch weiter voll handlungsfähig. Dafür gab es ein eigenes Dekret der Kongregation für die Bischöfe aus Rom. Die Ernennung Heiner Kochs zum Apostolischen Administrator gilt dabei bis zur Besitzergreifung der Erzdiözese Berlin, also bis zum 19. September 2015. Erst danach ist der Dresdner Bischofsstuhl vakant, wie die Apostolische Nuntiatur in Berlin eigens mitgeteilt hat.
„Viel wichtiger ist, dass für unser Bistum ein guter neuer Bischof gefunden wird. Darum sollten wir beten!“
Frage: Und wie geht es danach weiter?
Kutschke: Mit der Besitzergreifung in Berlin durch Erzbischof Koch beginnt für das Bistum die Sedisvakanz, die Zeit des "leeren Stuhles". Die Verwaltung der Diözese geht unmittelbar auf das Konsultorenkollegium, also auf das Domkapitel über. Dieses muss innerhalb von acht Tagen einen Diözesanadministrator wählen, der das Bistum verwaltet.
Frage: Und wann kommt ein neuer Bischof?
Kutschke: Das ist schwer zu sagen. Unter anderem hat das Domkapitel dann eine Liste geeigneter Kandidaten für den Bischofsstuhl einzureichen. Auch der Bischof selbst hat jährlich Vorschläge einzureichen. Unter Würdigung dieser Vorschläge und nach umfangreicher Prüfung der Kandidaten wird schließlich von Seiten des Heiligen Stuhls dem Domkapitel eine Dreier-Liste, die sogenannte Terna vorgelegt. Im bei uns gültigen Badischen Konkordats von 1932 heißt es "unter Würdigung", was bedeutet, dass auch ganz andere Namen als die Vorgeschlagenen darauf stehen können. Aber auf der Liste muss ausdrücklich ein Priester aus dem Diözesanklerus stehen. Nach erfolgter freier, geheimer Wahl durch das Domkapitel wird der Name des Gewählten dann der Sächsischen Staatsregierung mitgeteilt. Diese hat so die Möglichkeit, Bedenken "allgemeinpolitischer, nicht aber parteipolitischer Art" zu äußern. Schließlich ernennt der Heilige Vater den neuen Bischof. Und dann dauert es noch zwei bis drei Monate, bis es eine Bischofseinführung oder -weihe gibt.
Frage: Kommt der neue Bischof also noch vor dem 100. Deutschen Katholikentag?
Kutschke: Da möchte ich nicht spekulieren. Viel wichtiger ist, dass für unser Bistum ein guter neuer Bischof gefunden wird. Darum sollten wir beten! Was den Katholikentag angeht, so wäre es wohl eine Premiere, so ohne Diözesanbischof. Aber auch da würde sich sicher eine gute Lösung finden lassen. Schließlich ist es für den Metropoliten - den Erzbischof von Berlin - nach Leipzig nur ein Katzensprung. Und den Termin des Katholikentags hat er ja schon im Kalender stehen. (BO)