Für Kulissen müssen die Filmemacher kreativ werden

Zum Start von "Konklave": Wie man das Drehverbot im Vatikan umgeht

Veröffentlicht am 23.11.2024 um 00:01 Uhr – Von Benedikt Heider (KNA) – Lesedauer: 

Rom ‐ "Konklave", "Zwei Päpste", "Illuminati" – immer wieder spielen Kinofilme im kleinsten Staat der Welt. Doch der Vatikan erlaubt eigentlich keine Filmaufnahmen. Wie kommen Filmteams an ihre Bilder? Ein Blick auf die Kulissen.

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In kleinen Grüppchen stehen die Kardinäle in ihren roten Gewändern zusammen und beraten über den nächsten Papst. Im Hintergrund sind Travertinsäulen zu sehen – wer schon einmal in Rom war, kennt den Stein. Travertin ist in der Ewigen Stadt allgegenwärtig. Rom gilt als die Stadt des Travertins.

Dass vieles in Rom aus Travertin gebaut ist, kommt Filmteams immer wieder zugute. Denn Kinofilme wie "Illuminati" (2009), "Die zwei Päpste" (2019) oder aktuell "Konklave" (seit 21. November) spielen zwar in Rom und insbesondere im Vatikan – doch eine Dreherlaubnis gibt es zumindest auf Vatikangelände selten und für fiktionale oder gar kirchenkritische Filme nie.

Also braucht es für alles einen Ersatz. Besonders beliebt, um Szenen aus den Papst-Gemächern des Apostolischen Palastes zu filmen, ist der Königspalast von Caserta bei Neapel. Auch "Konklave" wurde dort gedreht. Die herrschaftlichen Räume der "Reggia di Caserta" sind aber nicht nur Kulisse für die aktuelle Verfilmung des Buches von Robert Harris – auch "Die zwei Päpste", "Illuminati", "Mission: Impossible III" (2006) und "Star Wars - Episode I" (1999) wurden hier gedreht.

Eines der größten Europas

Das Schloss aus dem 18. Jahrhundert gilt als eines der größten Europas. Einst residierten hier die Bourbonen und herrschten über die Königreiche Neapel und Sizilien. Mit seinen rund 1.200 Zimmern bietet es reichlich Platz für Dreharbeiten. Besonders die große Treppe des Haupthauses und die Prunksäle der riesigen Anlage werden immer wieder zur Vatikan-Kulisse für Filme und Serien.

Deutlich näher am Hauptquartier der katholischen Kirche liegt der Palazzo del Commendatore in Rom. Nur rund 300 Meter vom Vatikan entfernt, gehört er zum Gebäudekomplex des Krankenhauses Santo Spirito und ist beliebter Drehort für Szenen, die im Hof des Apostolischen Palastes oder der Glaubenskongregation spielen sollen.

Petersplatz mit Sakristei und Campo Santo
Bild: ©adobestock/StefanoTammaro

Für die Filmindustrie tabu: Der Petersplatz.

Santo Spirito zählt zu den ältesten Hospizen in Rom und wurde 727 als Pilgerunterkunft für die Angelsachsen gegründet. Ein interessantes Detail: Im 12. Jahrhundert wurde an dem daraus entstandenen Krankenhaus die wohl erste Babyklappe eingerichtet. Römerinnen und Römer konnten ihre Kinder hier abgeben, damit sie im Waisenhaus versorgt wurden.

Auch der Petersplatz ist für die Filmindustrie tabu – und doch wandeln in vielen Filmen Schauspieler in Kardinalsroben scheinbar durch die berühmten Kolonnaden. Wie das – auch ohne Computer-Animation – sein kann, erklärt sich rund zehn Kilometer entfernt: Im sogenannten "EUR", dem Stadtviertel, das anlässlich der (dann ausgefallenen) Weltausstellung 1942 gebaut wurde, befindet sich das Museo della Civiltà Romana (deutsch: Museum der römischen Zivilisation). Hier wurden die Kolonnaden-Szenen des aktuellen Konklave-Films gedreht. Auch hier sorgt – neben der Architektursprache – vor allem der in Rom allgegenwärtige Travertin für die perfekte Illusion.

Rückgriff auf Ehemalige

Da der Vatikan nur auf seinem heutigen Territorium Dreharbeiten verbieten kann, greifen Filmteams in Rom außerdem immer wieder auf ehemalige päpstliche Immobilien zurück. So bildet die römische Villa Giulia eine perfekte Kulisse für den Konklave-Film – samt päpstlichen Wappen und prunkvollen Seidentapeten, wie sie auch im Vatikan zu finden sind. Die Villa war von 1553 bis zum Ende des Kirchenstaates im Besitz der Päpste, 1870 fiel sie an das Königreich Italien. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts beherbergt das weitläufige Gelände das nationale Museum für etruskische Kunst.

Hier fanden die Filmemacher auch eine Alternative zu den Schildkröten in den Brunnen der Vatikanischen Gärten: "In den Vatikanischen Gärten gibt es Schildkröten, und im Museo Etrusco in Rom haben wir Zierteiche gefunden", berichtete Produktions-Designerin Suzie Davies in Interviews zum Filmstart: "Die Dreharbeiten dort waren knifflig – daneben befand sich ein Mosaik, auf dem niemand stehen konnte, nicht einmal eine Schildkröte. Also mussten wir auf Zehenspitzen mit ihnen herumschleichen, um sie zum Schwimmen zu bringen und sie an das Wasser zu gewöhnen."

Ebenso wurden Szenen von "Konklave" im Goldenen Saal des Palazzo Barberini gedreht. Er liegt in der römischen Innenstadt und beherbergt die Nationalgalerie Antiker Kunst. Gebaut wurde er 1625 als Familiensitz für Papst Urban und besticht sowohl durch seine Fassade wie auch seine Prunkräume.

Die Decke der Sixtinischen Kapelle im Vatikan
Bild: ©KNA

Die Sixtinische Kapelle ist ein geheimnisumwitterter Ort.

"Der ganze Film ist ein Puzzle aus Drehorten in Rom und Studiogebäuden. Wir haben die Elemente der Sixtinischen Kapelle und die Räume und Korridore der Casa Santa Marta mit den großartigen Handwerkern von Cinecitta nachgebaut", so Davies weiter. An dem sechsmonatigen Projekt seien ein Kernteam von 20 bis 25 Personen sowie zusätzlich rund 100 Stuckateure, Maler, Bauarbeiter und Set-Dekorateure beteiligt gewesen.

Übung im Nachbauen

In der römischen Filmstadt Cinecitta wurden schon einige Vatikan-Filme gedreht. Hier hat man Übung mit dem Nachbauen von kirchlicher Szenerie. Auch für "Konklave" wurde hier eine Sixtinische Kapelle gebaut – Reste früherer Produktionen wie "The New Pope" (2020) oder "Habemus Papam" (2011) lieferten den Bühnenbildnern Starthilfe und Inspiration. Mit etwas Glück kann diese Nachbildung des Vatikans bei einer der Führungen durch die römische Filmstadt besichtigt werden.

Und wer nach all den Fake-Szenerien auch einmal den echten Vatikan im Film sehen will, sollte "Der veruntreute Himmel" aus dem Regal holen, denn dort wurden – so berichtet es Vatikankenner Ulrich Nersinger – echte Filmaufnahmen aus dem Vatikan eingearbeitet. Pius XII. und Paul VI. seien der Filmindustrie weniger kritisch gegenübergestanden als manch einer ihrer Nachfolger heute.

Von Benedikt Heider (KNA)