Haupt- und Ehrenamtliche am Limit

Pfeffer sieht Loslassen von kirchlichen Strukturen als Chance

Veröffentlicht am 25.11.2024 um 11:58 Uhr – Lesedauer: 

Essen ‐ Immer weniger Menschen tragen den kirchlichen Alltag auf ihren Schultern – für den Essener Generalvikar zeigt das, dass hergebrachte Strukturen nicht mehr funktionieren. Ein Abschied von alten Konzepten ist daher in seiner Diözese der Plan für die Zukunft.

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Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer sieht im Abschied von überkommenen kirchlichen Strukturen eine Chance. Kirchliches Leben sei heute für viele zu einer großen Anstrengung geworden, die oft als "vergeblich und wenig befriedigend" erlebt werde, schreibt Pfeffer in einem Beitrag in der aktuellen Herder-Korrespondenz (Dezember-Ausgabe). "Ehrenamtliche wie hauptberufliche Mitarbeitende in der Pastoral müssen nicht endlos wie in einem Hamsterrad von Termin zu Termin und Aktivität zu Aktivität hetzen, um mit allen Mitteln aufrechtzuerhalten, was angeblich unbedingt aufrechterhalten werden muss", so Pfeffer.

Eine "Erlaubnis zum Loslassen" befreie dazu, "Christentum und Kirche anders und auch in mancher Hinsicht vielleicht ganz neu zu denken und zu entwickeln": "Gerade ein zahlenmäßig kleines Christentum in einer pluralen Gesellschaft darf sich freier fühlen, um neue Ausdrucksweisen zu finden für den Glauben und die damit verbundene Lebenspraxis."

Auf diesem Grundsatz baue auch der Strukturprozess im Bistum Essen unter dem Titel "Christlich leben. Mittendrin" auf. Dabei sei angedacht, die bisher im Ruhrbistum schon sehr großen Pfarreien noch weiter zusammenzulegen. Ziel des Prozesses sei es, in jeder Stadt und jedem Kreis eine katholische Kirche auch strukturell wachsen zu lassen, "die sich in großer Pluralität und Vielfalt an unterschiedlichen Orten für unterschiedliche Menschen öffnet", so Pfeffer weiter. Es gehe nicht um den Erhalt einer äußeren strukturellen Gestalt kirchlichen Lebens, sondern "unter völlig anderen Rahmenbedingungen christliches Leben für möglichst viele Menschen in einer großen Breite der Gesellschaft erfahrbar werden zu lassen".

Sehnsucht nach Entlastung und Miteinander

Aktuell hätten bereits viele Ehren- und Hauptamtliche in der Kirche ihr Limit erreicht. Außerdem sei der finanzielle Druck auf kirchliche Einrichtungen hoch. Daher sehnten sich viele im kirchlichen Raum "nach Entlastung von einem erheblich gestiegenen Druck, nach mehr Konzentration und Abstimmung untereinander, nach mehr Qualität und Wirksamkeit, nach mehr Miteinander statt Nebeneinander". Zur Konzentration gehöre daher auch Reduktion. Das mache Angst, weil es mit Verlusten verbunden sei. "Aber es weckt auch die Hoffnung, sich entlasten zu können und gleichzeitig Schwerpunkte auf mehr Qualität setzen zu können. Und auch darum geht es: Nicht mehr so viel wie möglich zu erhalten, sondern nur das, was langfristig finanziell und personell wirklich geht – und zwar mit hoher Qualität", betonte Pfeffer.

Der auf mehrere Jahre angelegte Prozess "Christlich leben. Mittendrin" läuft seit Mai 2023 im Bistum Essen. Ziel ist es, die kirchlichen Einrichtungen und Organisationen auf Ebene der Städte und Kreise neu und stärker miteinander zu vernetzen und das kirchliche Leben angesichts der sich weiter beschleunigenden Umbrüche zukunftssicher aufzustellen. Dazu werden in einem ersten Schritt lokale Entwicklungsprozesse in Bottrop und Oberhausen begonnen. (fxn)