Diakon: Auch mit Weihe brauche ich Stärkung des Heiligen Geistes
Meine Diakonweihe am 18. Mai 2024 in Sankt Eberhard in Stuttgart, ist sie ein Wendepunkt in meinem Leben? Ja und Nein. In dem Moment, an dem ich flach auf den Steinplatten im Altarraum liege und die Allerheiligen-Litanei erklingt, spüre ich eine besondere Verbundenheit mit meinen acht weiteren Weihekandidaten und langjährigen Weggefährten der Diakonenausbildung, die neben mir auf dem Boden liegen, eine besondere Verbundenheit mit meiner Ehefrau und Familie und den vielen Freunden, die zum Weihegottesdienst mit ungefähr 1.000 Besuchern zusammengekommen sind. Ich spüre aber auch eine besondere Verbundenheit mit der ganzen Kirche Jesu Christi und der ganzen Welt. In diesem Moment fühle ich die Stärkung des Heiligen Geistes, die Stärkung durch das Gebet der Gemeinde und durch die Kirche, die ich liebe. Sicherlich ist es für mich jetzt ein Höhepunkt und eine große Freude, den langen Ausbildungsweg in Theologiestudium, Seminare sowie Projekte und Praxis in der Ausbildungsgemeinde abgeschlossen zu haben und meiner Berufung nachgehen zu können. Gleichzeit aber auch zu wissen, dass mein pilgernder Weg auch nach der Einsetzung als Diakon weitergeht und auch in der Verantwortung im Amt als Diakon ich jeden Tag dazulernen und mich als Christ weiterentwickeln werde.
Bis dahin war eine sehr kurzweilige, aber fast 7-jährige intensive Vorbereitungszeit zu Ende gegangen. Die Einladung des hauptberuflichen Diakons Michael Jakob zum "Tag des ständigen Diakonats" in meinem Stadtteil Möhringen im Jahr 2017 war für mich die Initialzündung, mich mit dem Thema "Nachfolge Christi" und "Berufe in der Kirche" näher zu beschäftigen. Was heißt es, "die Liebe Christi zu leben: Im Einsatz für andere, in Begegnungen, im Miteinander". Nach gewisser Zeit entschloss ich mich, weitere konkrete Schritte zu gehen und berufsbegleitend Theologie im Würzburger Fernkurs zu studieren. Über den "Tübinger Begleitkurs" bekam ich zusätzliche Impulse. Nach intensiver Abwägung mit mir selbst und meiner Familie kam ich zu der Überzeugung, dass dieser Weg nach verschiedentlichem Engagement in der Kirche der richtige für mich ist. Im Theologiestudium empfand ich es bereichernd, mich mit verschiedenen Fragen des Lebens und der Beziehung zu Gott zu beschäftigen und für mich neue Antworten zu finden nach dem Motto "Mehr vom Glauben wissen". Mein stetig wachsendes Interesse trug mich durch die Lehrinhalte des Grund- und Aufbaukurses. In einem Interessentenjahr, dass der Ausbildung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart vorgeschaltet ist, erlebten wir die gemeinsamen Wochenenden im Ausbildungszentrum für das Ständige Diakonat in Heiligkreuztal als reflektierende und orientierende Zeit für die ganze Familie. Wir beschäftigten uns damit, was es bedeutet "sich als Diakon in den Dienst nehmen" zu lassen und ein "Auge der Kirche" für diejenigen zu sein, die am Rand stehen und "Brücken zu bauen". Nach Abschluss des Theologiestudiums begann ich zusätzlich nebenberuflich ein pädagogisches Fernstudium mit Schulpraktikum zum Religionslehrer, da ich dort die Möglichkeit sehe, als Glaubenszeuge in die kirchenfernere Gesellschaft hineinzuwirken und an Kinder und Jugendliche die "Frohe Botschaft" weiter zu geben.
Anspruchsvolle Erwartungen
Die Erwartungen an mein Amt und die Aufgaben, die vor mir liegen, sind anspruchsvoll. Ebenso den richtigen Zeitansatz zu finden für Familie, für die verantwortliche Stellung in meinem Zivilberuf im Marketing der Großkundensparte der Deutschen Telekom und meinem Amt als Diakon in der Gemeinde sowie als Religionslehrer zweier Grundschulklassen. Es war gut, das schon während der Ausbildungszeit zu erleben. Die Abnahme meines Versprechens fiel in die Zeit der Vakanz des Bischofsstuhls in meiner Diözese Rottenburg-Stuttgart und wurde auf einen noch nicht bekannten Kandidaten und alle weiteren Nachfolger geleistet. Ich freue mich, dass wir seit Anfang Dezember mit Dr. Klaus Krämer einen neuen Bischof haben, den ich spannenderweise bei meiner Pastoralprüfung im letzten Jahr persönlich kennenlernen durfte. Zentral ist für mich die regelmäßige Feier der Heiligen Messe, aber darüber hinaus versuche ich den Menschen in ihren Lebenseckpunkten bei Kasualien Taufe, Trauung und Trauerfeier als auch in Einschulungsgottesdiensten, Friedensgebet, Taizégebet und Ökumenischem Gottesdienst zum Stadtteilfest nahe zu sein und mich zum Wohl von Gemeinde und Welt einzusetzen. Bei meinen "Weihe-Flitterwochen" im Familienurlaub in Andalusien wurde ich in der Mesquita-Cathedral Córdoba und beim Pontifikalamt in Cádiz zum Assistieren in der Heiligen Messe eingeladen und habe hier eine wunderbare Verbundenheit in der Gemeinschaft der Weltkirche spüren dürfen.
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Ein besonderer Moment für mich ist die Verkündigung des Evangeliums in der Heiligen Messe am Sonntag, die in meiner Gemeinde Sankt Hedwig mit besonderer Feierlichkeit mit durchschnittlich 20 MinistrantInnen und Weihrauch zelebriert wird. Aber auch im Religionsunterricht in der Grundschule sind die biblischen Geschichten für mich ein wichtiger Baustein für die Religionspädagogische Bildung und Glaubensvertiefung der Kinder. In einem Grundschul-Videoprojekt zum Gleichnis: "Arbeiter im Weinberg" verkünden Kinder aus meiner Ausbildungsgemeinde mit mir die frohe Botschaft an andere Kinder. Doch liegt die besondere Herausforderung jeden Tag darin, das Evangelium "in Tat" zu verkünden. Hier hilft mir auch das Vorbild unserer Heiligen wie Sankt Martin, Sankt Nikolaus und Sankt Elisabeth – auch für die Glaubensvermittlung im Religionsunterricht. Mit der von mir neugegründeten Singgruppe im Kinderhaus Sankt Hedwig habe ich gerade das Lied eingeübt: "Wie Sankt Martin will ich werden, wie Sankt Martin möchte ich sein, anderen Gutes tun auf Erden, dazu bin ich nicht zu klein."
Immer wieder wird mir bewusst, auch mit Weihe bedarf ich jeden Tag neu der Stärkung des Heiligen Geistes und in Zeiten von Exerzitien einer erneuten Ausrichtung. So wichtig, wie für viele der tägliche Frühstückskaffee, ist es für mich feste Zeiten des Gebets in meinem Alltag zu schaffen. Während meiner Ausbildungszeit und in Exerzitien kam ich mit dem Stundengebet in Berührung – ich habe es kennen und schätzen gelernt. Die Laudes ist wie meine tägliche Joggingrunde zum Lebens-Elixier geworden, es gibt mir die notwendige Zeit der Stille zum Durchatmen vor den Herausforderungen des Tages. Aber auch die gemeinsamen Essenszeiten mit der Familie mit Tischgebet, die in meiner Gemeinde stattfindende Laudes in der Advents- und Fastenzeit und mein Gebetskreis bei der Telekom sind wichtige Räume, bei denen ich Gott begegnen kann und meine Kräfte regenerieren kann. Seit meiner Ausbildungszeit sind mir regelmäßige Gespräche zur geistlichen Begleitung besonders wichtig.
Als Diakon finde ich meinen Platz in einer fortschreitenden Säkularisierung der Gesellschaft, in der aber die Gottsuche als Grundbedürfnis der Menschen bleibt. Entsprechend unserer diakonisch-missionarischen Ausrichtung versuche ich als Diakon zu wirken. Beispielsweise werden bei starker Professionalisierung der Gesellschaft mit Berufstätigkeit beider Eltern und/oder in alleinerziehenden Konstellationen, Kinder und Jugendliche oft sich selbst und den Online-Medien überlassen. Ein wichtiges diakonisches Feld ist für mich, die Aufmerksamkeit für Kindern und Jugendlichen in und immer mehr auch außerhalb der Kirche. Zum Beispiel in der Rolle eines Firmbegleiters bietet sich an am Firmwochenende den Firmlingen Raum zu geben anhand von Fragen ihren Lebensweg zu reflektieren. "Es ist gut, dass man hier bei der Firmvorbereitung Raum bekommt, um über seinen Lebensweg und seine Bestimmung nachzudenken" so eine Firmandin.
Meine Diakonweihe, Wendepunkt in meinem Leben? Meine Bereitschaft, die ich am großen Tag meiner Weihe bekunden durfte, kann ich jeden Tag mit dem Bruder Klaus-Gebet in diesem Bewusstsein neu wiederholen "Du darfst mich ausrichten, mein Herr und mein Gott: Du in unserer Mitte, mehr noch: Du meine Mitte: nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir!"