"Sind wir im Jahr 2024 so viel gescheiter als eine 2.000-jährige Tradition?"

Schönborn zu Weiheämtern für Frauen: Thema bleibt auf dem Tisch, aber…

Veröffentlicht am 02.12.2024 um 12:06 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Im Januar wird Kardinal Christoph Schönborn 80 Jahre – und dann vermutlich aus seinem Amt als Wiener Erzbischof ausscheiden. Im österreichischen Fernsehen blickte er nun auf seine Amtszeit – und auf die innerkirchlichen Debatten.

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Laut dem Wiener Kardinal Christoph Schönborn gibt es in der Debatte um Weiheämter für Frauen in der Kirche weiterhin Klärungsbedarf. Die Frage werde nach der jüngst zu Ende gegangenen Weltsynode weiterhin "auf dem Tisch bleiben", sagte Schönborn am Sonntag in der "Pressestunde" des ORF. Allerdings folge die Kirche, indem sie das Weiheamt Männern vorbehalte, einer 2.000-jährigen Tradition. "Sind wir im Jahr 2024 so viel gescheiter als eine 2.000-jährige Tradition?", fragte der Erzbischof. Für eine Zulassung von Frauen zu Weiheämtern bräuchte es ein Ökumenisches Konzil. Grundsätzlich gelte jedoch: "Es gibt kein Recht auf ein Amt in der Kirche. Es gibt Berufungen und Zulassungen." Weltweit seien aber bereits viele Frauen in kirchlichen Leitungspositionen.

Gleichzeitig betonte der Kardinal, dass eine Erneuerung der Kirche immer davon ausgegangen sei, "dass sich Menschen persönlich angesprochen fühlen von Jesus". Die Kirche lebe davon, dass Menschen in ihr Sinn fänden und das Evangelium entdeckten: "Ich liebe die Kirche, und dass sie Fehler hat, das sehe ich an mir selber", so Schönborn.

Am Anfang "ganz schön kämpfen" müssen

Er habe in den ersten zehn Jahren als Erzbischof von Wien "ganz schön kämpfen" müssen, räumte Schönborn im Rückblick auf seine Amtszeit ein. "Die Bischöfe waren zerstritten, das Verhältnis zu Rom war belastet. Ich hatte als erstes die Aufgabe zu versöhnen, Brücken zu bauen – zwischen Konservativen und Fortschrittlichen in Österreich, und nach Rom." Das seien "harte Jahre" gewesen. "Heute haben wir in der katholischen Kirche in Österreich ein gutes Einvernehmen, aber vielleicht sind wir – und war ich – zu wenig kantig." Brückenbauer wolle er auch nach dem Ende seiner Amtszeit sein, so der Erzbischof. Im Blick auf seine in Kürze zu erwartende Emeritierung sagte der Kardinal, dass er in Wien wohnen bleiben werde und weiterhin für Gottesdienste und andere Dienste zur Verfügung stünde.

Ausdrücklich warnte Schönborn, auch mit Blick auf die innenpolitische Lage in Österreich, vor einer politischen Instrumentalisierung von Religion, wie sie in Ländern wie Indien, den USA, Myanmar oder Brasilien unter dem ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro zu beobachten war oder sei. „Solange die Demokratie funktioniert, kann es auch Gegenbewegungen geben. Die Hoffnung ist da, dass sich die Demokratie langfristig durchsetzt“.

Der seit 1995 amtierende Kardinal Schönborn wird im Januar 80 und verliert damit sein Wahlrecht im Konklave. Eigentlich sind Diözesanbischöfe laut Kirchenrecht angehalten, im Alter von 75 Jahren dem Papst ihren Rücktritt anzubieten, oft belässt dieser die Leiter wichtiger Diözesen aber noch einige Zeit darüber hinaus im Amt. Es wird damit gerechnet, dass Papst Franziskus Schönborns Rücktrittsgesuch zu dessen 80. Geburtstag im Januar annimmt, der Termin der Abschiedsfeier steht bereits fest. Schönborn gehört zu den profiliertesten Vertretern der katholischen Kirche. Von 1998 bis 2020 war der Dominikaner Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz. (mal)