Elterndilemma: Bin ich wirklich immer schuld?
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Neulich bin ich bei der Recherche für meine Arbeit auf einen Bibelvers gestoßen: "...und die Hausgenossen eines Menschen werden seine Feinde sein." (Mt 10,36) Ich kam nicht umhin, mich zu fragen, ob meine dreijährige Tochter mich so sieht. Vor allem dann, wenn ich das Brot mal wieder in vier statt zwei Hälften geschnitten habe oder ich verlange, dass das dreckige Paar Lieblingsstrümpfe nun wirklich in die Wäsche muss. Oder letztens, als sie wütend vor der Bäckerei-Theke stand, weil die freundliche Verkäuferin nicht DAS Brötchen in die Tüte gepackt hat, auf das ihre kleinen Finger zeigten, sondern das daneben. Und während mich die Bäckerei-Angestellte abkassierte, wurde ich lauthals angeschrien. Denn schuld bin natürlich ich, weil ich es nicht verhindert habe. So glaube ich jedenfalls. Der Grund ist nämlich auch nebensächlich. Fest steht: Ich bin immer schuld! Puh!
Schuld, das ist so ein Thema im Christentum – und gar kein einfaches. Da war die Geschichte von Eva und dem Apfel, dem sie nicht widerstehen konnte. Damit hat nicht nur Eva sich schuldig gemacht, sondern auch ihre Schuldigkeit an all ihre Nachkommen vererbt. Erbsünde nennen wir das und sind somit alle mitschuldig. Auch ich. Wieder Puh!
Schuldig oder nicht?
Aber ein bisschen hilft mir meine Tochter das Bild der Erbsünde besser zu begreifen. Denn an allem subjektivem Übel, das meiner 3-Jährigen widerfährt, trage ich Verantwortung. Aktiv oder passiv. Und während sie bäuchlings schreiend Supermarktflächen, Bäckereiböden oder Küchenfliesen besetzt, bleibt mir nur, sie in dieser Wut zu begleiten. Ihr zu erklären, wie die Welt funktioniert, eine Umarmung zum Trost anzubieten und vor allem eins: es auszuhalten. Das fällt mir nicht leicht: Auch ich finde es unfair, immer schuld zu sein.
Liest man die obige Bibelstelle weiter, heißt es: "Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt, und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert." (Mt 10,38). Wenn ich es richtig verstehe, empfiehlt Jesus mir also, die Situation anzunehmen. Mich nicht innerlich gegen die Schuldzuweisung zu sträuben, sondern mich in Akzeptanz zu üben. Und er sollte es ja schließlich wissen, er ist immerhin für die Schuld aller Menschen gestorben und damit eine Art Experte. Vielleicht hilft es mir beim nächsten emotionalen Ausbruch meiner Tochter, daran zu denken, was Jesus uns mitgegeben hat. Vielleicht kann ich ihre Autonomiephase als praktischen Glaubenskurs betrachten. Das richtige Mindset soll ja helfen, ungefähr bei allem.