Osnabrücks Oberhirte im Interview nach knapp 100 Tagen im Amt

Bischof Meier: "Wenn der Papst es erlaubt, muss ich Diakoninnen weihen"

Veröffentlicht am 08.12.2024 um 12:00 Uhr – Von Roland Juchem (KNA) – Lesedauer: 

Osnabrück ‐ Erwartungen weiterer Reformen, kirchenrechtliche Grenzen und deutlich weniger Geld. Osnabrücks neuer Bischof Dominicus Meier hat von seinem Vorgänger Franz-Josef Bode keine einfache Situation übernommen. Doch er hat Vorstellungen, wie es weitergeht. Ein Interview nach bald 100 Tagen im Amt.

  • Teilen:

Seit drei Monaten ist der Benediktinermönch Dominicus Meier Bischof von Osnabrück. Im Interview äußert er sich zu Initiativen seines Vorgängers Franz-Josef Bode sowie zu Reformbedarf und -bereitschaft im Bistum.

Frage: Bischof Meier, in einem ihrer ersten Interviews haben Sie gesagt, Sie wollten keine Kopie Ihres Vorgängers Franz-Josef Bode sein. Der wollte vor seinem Rücktritt noch Reformanliegen des Synodalen Wegs umsetzen: die Beauftragung von Laien zur Taufspendung sowie Segensfeiern für Paare, die nicht kirchlich heiraten wollen oder dürfen. Behalten Sie das bei, was machen Sie anders?

Meier: Die Taufspendung durch Laien ist von Bischof Bode bewusst als Experiment auf drei Jahre eingeführt worden. Die Teilnehmer eines zweiten Kurses sind vor kurzem ausgesandt worden, so dass wir jetzt etwa 30 Personen beauftragt haben. Und die werden in den nächsten drei Jahren ihre Erfahrungen machen. Das Experiment soll erst mal so weitergehen. Es gibt noch zwei andere Diözesen, Essen und Rottenburg-Stuttgart, die das auch haben. Einzelne Beauftragte haben gesagt: "Ich dachte, ich würde viel mehr angefragt." Dem ist anscheinend nicht so. Die Geburtenzahlen gehen zurück, damit auch die Taufzahlen. Zudem muss ich meine Priester und Diakone hören.

Frage: In manchen Diözesen sind leitende Positionen in der Bistumsverwaltung doppelt besetzt. Hier im Bistum Osnabrück etwa Personal und Seelsorge, mit je einem Mann und einer Frau. Sind zwei parallele Führungskräfte in Zeiten klammer Kassen sinnvoll?

Meier: Es gibt gute Argumente für Modelle geteilter Leitung, wie sie etwa in einer Doppelspitze zum Ausdruck kommen. Dennoch müssen wir uns im Einzelnen anschauen, wie wir uns künftig aufstellen.

Frage: Es gibt im Bistum Frauen, die einen Diakonatsausbildungskurs gemacht haben. Sollte es eine Regelung geben, dass die katholische Kirche Diakoninnen zulässt, würden Sie diese weihen?

Meier: Der Papst hat dazu wieder eine Kommission eingesetzt, weil es noch ungeklärte Fragen gibt. Die sind auch bei der Bischofssynode thematisiert worden. Zurzeit darf ich keine Diakonin weihen, sonst mache ich mich strafbar. Erst brauche ich das Placet des Papstes.

„Es gibt viele Frauen, die gerade in theologischen Fragen, auch in der Seelsorge, ein sehr gutes Gespür für Entwicklungen haben.“

—  Zitat: Bischof Dominicus Meier

Frage: Aber dann würden Sie?

Meier: Dann muss ich es sogar. Aber ich möchte dieser Diskussion nicht vorgreifen. Es gibt viele Frauen, die gerade in theologischen Fragen, auch in der Seelsorge, ein sehr gutes Gespür für Entwicklungen haben.

Frage: Bei der Aufarbeitung von Missbrauch gibt es inzwischen in Köln, München und Hildesheim Schmerzensgeldforderungen von Betroffenen vor staatlichen Gerichten. Ist Osnabrück damit auch konfrontiert?

Meier: Meines Wissens bisher nicht.

Frage: Für den Fall, dass Sie eine solche Klage erreicht, würden Sie wie zuletzt Bischof Wilmer in Hildesheim auf der Einrede der Verjährung bestehen?

Meier: Das würde ich vom Einzelfall abhängig machen. Zudem ist zu bedenken, dass staatliche Gerichte nicht gegen Tote ermitteln können. Anders bei den kirchlichen Missbrauchsverfahren, auch zu Anerkennungsleistungen von erlittenem Leid. Ich werde dem nur gerecht, wenn ich den Einzelfall anschaue.

Bild: ©picture alliance/dpa|Friso Gentsch

Bischof Dominicus Meier (r.) bei seiner Amtseinführung als Bischof von Osnabrück mit seinem Vorgänger Franz-Josef Bode (l.).

Frage: Sie haben das Bistum Osnabrück in schwieriger finanzieller Lage übernommen. Oft genannte brisante Punkte sind Schulen und Krankenhäuser. Was ist mittelfristig zu halten? Was muss sich da ändern?

Meier: Krankenhaus und Schule sind Orte, an denen die Kirche präsent sein sollte. Die Frage ist aber: Geht das in dieser Breite. Bischof Bode hatte mit seinem damaligen Generalvikar eine Schulstiftung eingerichtet, die aber an einer bestimmten Stelle gebremst und noch nicht zu Ende gedacht ist ...

Frage: Was heißt das?

Meier: Eine Stiftung muss ich so mit Kapital anfüllen oder mit Möglichkeiten ausstatten, dass sie sich selbst verwalten kann und dann als eigenständiger Rechtsträger gar nicht mehr im bischöflichen Haushalt drin ist. Bei den Krankenhäusern hat das Bistum versucht, die Orden, die durch Nachwuchsmangel in die Bredouille kamen, aufzufangen. Bei der heutigen Lage und den Kosten weiß ich noch nicht, wie lange wir das weiter tun können. Daher habe ich bewusst einen Bischofsvikar für die Krankenhäuser ernannt; als solcher hat Weihbischof Johannes Wübbe in diesem Bereich die Kompetenzen eines Generalvikars.

Frage: Laien in der Kirche fordern mehr Mitsprache, mehr Verantwortung. Gestalten die Gremien hier im Bistum die Sparmaßnahmen mit oder bremsen sie eher?

Meier: Der Diözesanvermögensverwaltungsrat und der Kirchensteuerrat haben beide deutlich gemacht, was notwendig ist. Viele in den Gremien, die genau hinschauen, merken: Wir müssen sparen. In vielen Gemeinden heißt es: Wir haben mehrere Kirchen, bräuchten aber nur eine. Einige sind sehr gut in der Diskussion, andere merken noch nicht so ganz die Brisanz. Aber ich würde nicht sagen, es wird bewusst gebremst.

„Mit den Wahlprogrammen der einzelnen Parteien kann sich jeder selbst befassen. Unser Ziel ist es, Leute zu motivieren, zur Wahl zu gehen.“

—  Zitat: Bischof Dominicus Meier

Frage: Das Ende der Ampelkoalition hat uns in Deutschland einen Wahlkampf zur Advents-, Weihnachts- und Karnevalszeit beschert. Es gibt Stimmen, die wünschen sich, dass sich die Kirchen stärker zu Wort melden. Zu welchen Punkten würden Sie als Bischof von Osnabrück das tun?

Meier: Mit den Wahlprogrammen der einzelnen Parteien kann sich jeder selbst befassen. Unser Ziel ist es, Leute zu motivieren, zur Wahl zu gehen. Eines unserer größten Probleme ist, dass viele gar nicht zur Wahl gegangen sind. Ich bin nicht für eine Einflussnahme, bei der die Kirche sagt: Dies geht und jenes geht nicht. Es gibt bestimmte Punkte, etwa assistierter Suizid, die anzusprechen sind: Was heißt diese Frage etwa für unsere kirchlichen Einrichtungen? Was heißt das für Mitarbeitende, die damit konfrontiert werden? Und überhaupt den Schutz des Lebens am Anfang und Ende, Sozialpolitik ... Das muss ich aber breiter machen, nicht nur im Wahlkampf.

Frage: Eine letzte Frage zu Beginn des Advents: Wie werden Sie Weihnachten feiern?

Meier: Hier in Osnabrück.

Frage: Allein im Haus?

Meier: Nein, ich habe Besuch, mit dem ich die Tage verbringe. Natürlich habe ich Gottesdienste zu feiern. Zurzeit sind mehrere Priester krank, so dass wir aushelfen müssen. Spätestens Mitte Dezember beginnen wir, verschiedene Einrichtungen aufzusuchen: Krankenhäuser, Wärmestube. An Heiligabend bin ich noch im Krankenhaus in Georgsmarienhütte. Und wenn ich dann irgendwann abends hier ins Haus komme, hoffe ich, dass mein Besuch dann schon die Heizung angestellt hat.

Von Roland Juchem (KNA)