Bischofskonferenz: Neue Konzepte für deutsche Wallfahrtsorte nötig
Pilgern hat großes Potenzial, doch es muss sich ändern. Zu diesem Schluss kommen Pilger-Experten der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Am Mittwoch wurden daher in Bonn Zukunftskonzepte für das Pilgern in Deutschland vorgestellt. Der emeritierte Professor für Pastoraltheologie an der Theologischen Fakultät Trier, Martin Lörsch, forderte ein grundlegendes Umdenken in den traditionellen Wallfahrtsorten. Während Wallfahrer früherer Epochen mit christlichen Riten und Sakramenten vertraut gewesen seien, gebe es heute eine neue Art von Pilgern, so Lörsch.
Klassische Pilgergruppen, wie zum Beispiel Frauengemeinschaften, die sich gemeinsam mit dem Bus auf den Weg zu Pilgerstätten machen, würden wegfallen. Dafür kämen andere, wie etwa Fahrradpilgergruppen. Viele von ihnen seien nicht christlich sozialisiert und daher auch nicht mit den christlichen Ritualen vertraut. Stattdessen hätten diese neuen Pilger andere Bedürfnisse. Ganz konkret wäre es zum Beispiel sinnvoll, in Pilgerorten Ladestationen für E-Bikes anzubieten, so Lörsch.
Zukunftsweisende Entscheidungen fällig
Die neue Vielfalt der Pilger und Wallfahrer erfordere neue Antworten. Denn gerade in Krisenzeiten brächen Menschen auf, um ihre Sorgen, ihren Dank und weitere Anliegen an heilige Orte zu tragen, dort eine Kerze zu entzünden und ihre Nöte ins Gebet zu bringen.
Lörsch forderte daher klare Entscheidungen der deutschen Bistümer für die Zukunft traditioneller Wallfahrtsorte. Es müsse klar werden: "Auf diesem Feld setzen wir einen Schwerpunkt – um deutlich zu machen: Da steckt Zukunft drin."
Als Beispiel nannte Lörsch den Wallfahrtsort Kevelaer am Niederrhein. Dort habe man das Pilger-Konzept bereits entsprechend der neuen Herausforderungen ausgerichtet, ähnlich wie in Kohlhagen im Erzbistum Paderborn. Auch in Klausen in der Eifel werde die klassische Wallfahrtstradition mit neuen Elementen angereichert, so Lörsch.
Weihbischof Rolf Lohmann aus Münster, der vor seiner Zeit als Bischof Verantwortung in Kevelaer trug, sagte mit Blick auf die Wallfahrtsorte: "An ihnen kann die Kirche Umbrüche, Aufbrüche und die Transformation von volkskirchlich geprägten Orten zu Orten der Erstbegegnung und Erstverkündigung erproben und einüben."
Beim Blick auf das Heilige Jahr, das Papst Franziskus an Heiligabend eröffnet, zeigt sich nach Einschätzung der Experten, dass Pilgern und Wallfahren heute von der Begegnung mit anderen Menschen und Kulturen über Konfessions- und Religionsgrenzen hinaus lebe. Lörsch sagte, das Heilige Jahr biete die Chance, dass bei der Begegnung mit fremden Kulturen und im gemeinsamen Gottesdienst nicht Planbares zustande komme. Menschen könnten angerührt werden, die sich aus ganz anderen Beweggründen auf den Pilgerweg gemacht hätten. Es gebe zahlreiche derartige Schilderungen, sagte Lörsch.
Weihbischof Lohmann, der Beauftragter der DBK für das Heilige Jahr ist, erlebt nach eigener Aussage ein großes Interesse an dem Ereignis. Neben den klassischen Diözesanwallfahrten werde es viele Menschen geben, die in Berufsgruppen oder anderen Zusammenschlüssen nach Rom reisen. So gebe es Wallfahrten für Medienschaffende, für Jugendliche, für Menschen mit Behinderung, für Soldaten, für Wissenschaftler und für die LGBT-Community.
"Diese Vielfalt zeichnet das Heilige Jahr aus", so Lohman weiter. "Es macht deutlich: Wir sind nicht in unseren eigenen, engen Mauern, sondern wollen mit Pilgern und Wallfahrt ein Zeichen der Hoffnung vermitteln – und zwar über Konfessions- und Religionsgrenzen hinweg
Offene Türen in friedloser Welt
Das Symbol der Heiligen Pforte sei ihm dabei besonders wichtig, erklärte der Weihbischof: "Ich wünsche mir sehr, dass wir in einer friedlosen Welt durch offene Türen in unserer Kirche dieses Motto des Heiligen Jahres konkret umsetzen und so in unsere Bistümer, Pfarrgemeinden und Verbände holen." Als Beispiele nannte er offene Türen der Caritas, der Telefonseelsorge und das Dasein für andere.
Am Mittwoch veröffentlichte die Deutsche Bischofskonferenz eine neue Arbeitshilfe mit dem Titel "Du zeigst mir den Weg ins Weite. Zur Zukunft des Pilgerns und Wallfahrens". Sie ist das Resümee aus drei Expertengesprächen der DBK zum Handlungsfeld Pilgern und Wallfahrten mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Wallfahrtsseelsorge, von Pilger- und Wallfahrtsbruderschaften, von lokalen Tourismusbüros an Wallfahrtsorten, von Pilgerreiseanbietern, der (Religions-)Soziologie, Ethnologie und Pastoraltheologie. (mal/KNA)
Arbeitshilfe der Bischofskonferenz
Die Arbeitshilfe "Du zeigst mir den Weg ins Weite. Zur Zukunft des Pilgerns und Wallfahrens" kann auf der Website der DBK heruntergeladen werden.