Bischof Bätzing: Frauenfrage für Zukunft der Kirche entscheidend
Mehr Rechte für Frauen sieht der Limburger Bischof Georg Bätzing als die entscheidende Zukunftsfrage in der katholischen Kirche in Deutschland. "Ich bin fest überzeugt, dass die Frage, welche Rolle Frauen auf allen Ebenen der Kirche spielen, für unsere Zukunft entscheidend ist", sagte Bätzing, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, im Interview der "Welt am Sonntag". Er erlebe vermehrt Frauen, die ihm sagten, Glaube sei für sie attraktiv, aber sie sähen keine Zukunft für sich in einer Kirche, die ihnen keine gleichberechtigte Rolle zuweise. "Deshalb braucht die Kirche ganz starke Signale."
Bätzing betonte, schon jetzt hätten Bistümer und Gemeinden einen großen Spielraum. Im Bistum Limburg seien Frauen mittlerweile auf allen Leitungsebenen in der Verantwortung. "Und bei der Frage, warum Frauen nicht auch im sakramentalen Amt von Priestern und Diakonen tätig sein können, finde ich, dass die theologischen Klärungen so weit gediehen sind, dass das ermöglicht werden könnte."
Die im Oktober zu Ende gegangene Weltsynode im Vatikan hat Bätzing nach eigenem Bekunden Hoffnung gemacht, dass sich etwas bewegt. So habe das Abschlussdokument die Frage des Diakonats der Frauen offen gelassen. Zudem habe die Synode festgestellt, dass es bei vielen kirchlichen Themen Offenheit für regionale Lösungen geben müsse. "Denn die Weltkirche ist kulturell divers."
Weiteres Spitzengespräch
Der Bischof kündigte an, es werde ein weiteres Spitzengespräch zwischen deutschen Bischöfen und Vertretern der Römischen Kurie geben, "wo die Themen auf dem Tisch sind. Das finde ich gut. Dabei geben uns die Formulierungen der Weltsynode durchaus Rückhalt".
Weiterhin betonte Bätzing, dass kirchliche Beratungsstellen in der Schwangerschaftskonfliktberatung auch weiterhin keine Beratungsscheine ausstellen würden, die Voraussetzung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch sind. "Ich glaube nicht, dass wir diese Debatte jetzt wieder öffnen", so Bätzing. Die Kirche sei hier in einem Dilemma. Er erinnerte daran, dass der Vatikan vor 25 Jahren die Ausstellung jener Scheine durch katholische Beratungsstellen untersagt hatte, weil sie die Mitwirkung der Kirche an der Tötung eines Menschen bedeuten könnten. Zugleich lobte Bätzing aber das bestehende Recht wegen der "Abwägung zwischen den beiden Grundprinzipien, dass einerseits die Frau in einem existenziellen Konflikt das Recht auf Selbstbestimmung haben muss, andererseits eine Abtreibung die Tötung eines Menschen ist".
Der Bischof lobte die Beratungen, die katholische Verbände bei Schwangerschaftskonflikten anbieten. "Ich beziehe das ausdrücklich auch auf Donum Vitae", sagte er. Der von prominenten Katholiken vor 25 Jahren gegründete unabhängige Verein stellt – entgegen dem Willen des Vatikans – Beratungsscheine aus und war dafür innerkirchlich lange heftig kritisiert worden.
Bätzing wandte sich gegen eine Veränderung der Gesetzeslage bei der Abtreibung. Als "für uns nicht zustimmungsfähig" bezeichnete er den jüngst im Bundestag debattierten Gesetzentwurf, wonach eine Abtreibung bis zum Ende des dritten Monats gänzlich straffrei sein und in späteren Schwangerschaftsphasen nicht mehr im Strafrecht geregelt werden soll. "Er verändert die Grundlage dessen, was das bisherige Gesetz prägt, sehr erheblich und stellt keinesfalls nur eine moderate Weiterentwicklung des geltenden Rechts dar", sagte der Bischof. Zudem kritisierte er, dass versucht werde, die Reform so kurz vor der vorgezogenen Neuwahl noch durchzupeitschen.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz räumte ein, dass die katholische Kirche in der Abtreibungsdebatte derzeit weniger Gehör finde als noch vor 20 Jahren. Das liege auch daran, dass die Kirche wegen des Missbrauchsskandals weiter in einer Glaubwürdigkeitskrise stecke "und man uns nicht zutraut, in diesem gesellschaftlich relevanten Diskurs einen wichtigen Beitrag liefern zu können". "Ich wünsche mir nicht eine Zeit zurück, in der maßgebend war, was die großen Kirchen beitrugen", betonte der Limburger Bischof. "Wir müssen gute Argumente vortragen. Auf allen politischen Ebenen wird uns dabei auch gesagt: Wir brauchen eure Orientierung. Deshalb beteiligen wir uns nachdrücklich, aber auch bewusst sachlich und differenziert an der aktuellen Debatte." (cph/KNA)