Sternsingen, Krippenkultur, Christbaumschmuck und Co.

Diese fünf Bräuche schützt die Unesco rund um Weihnachten

Veröffentlicht am 25.12.2024 um 13:00 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Bonn ‐ Brotkultur, Chormusik oder Flechthandwerk – die Unesco-Liste mit immateriellem Kulturerbe in Deutschland ist lang und vielfältig. Darunter finden sich auch Traditionen und Techniken, die mit der Kirche und Weihnachten zu tun haben und mehr oder weniger bekannt sind. Katholisch.de stellt sie vor.

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Die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) hat es sich zur Aufgabe gemacht, weltweit herausragende Gebäude oder Naturlandschaften zu schützen. Den Unesco-Welterbetitel haben so beispielsweise bereits die Kathedralen in Aachen, Köln, Hildesheim und Speyer oder die Wallfahrtskirche "Die Wies" im Bistum Augsburg bekommen. Doch nicht nur solche Baudenkmäler hält die Unesco für schützenswert: Seit 2003 listet die Unesco auch überliefertes Wissen, Können und Brauchtum als Immaterielles Kulturerbe auf. Seit 2013 gibt es hierfür auch ein bundesweites Verzeichnis. Es zeigt exemplarisch, welche lebendigen kulturellen Traditionen und Ausdrucksformen in Deutschland praktiziert und weitergegeben werden. In der Liste sind dabei auch einige Eintragungen mit Weihnachtsbezug zu finden. Katholisch.de stellt sie vor.

Bergparaden und Bergaufzüge in Sachsen

Aufnahmejahr: 2016

Der Bergbau hat in Sachsen eine lange Geschichte und spielt für die wirtschaftliche und kulturgeschichtliche Entwicklung des Bundeslandes eine unschätzbare Rolle. Das wird auch an zahlreichen Traditionen deutlich, die auch heute noch gelebt werden und mit dem Bergbau und Hüttenwesen verbunden sind. Die größte Anzahl der Bergparaden und Bergaufzüge findet dabei alljährlich in der Advents- und Weihnachtszeit statt.

Heute marschieren die Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine in prächtiger historischer Bergmannstracht auf vorgegebenen Routen durch die Orte. Eine Besonderheit ist das Mitwirken traditioneller Musikvereine. Auch deren Entstehung ist fest in der bergmännischen Tradition verankert. Sie begleiten die Berg- und Hüttenleute bei den Paraden und spielen historische und neuere Bergmärsche.

Die Tradition der Bergparaden reicht bis ins Mittelalter zurück. Sie fanden früher etwa zu Ehren der Obrigkeit oder im Kampf für die Interessen der Bergknappen und -brüderschaften statt. Heute geht es dabei vor allem um das Leben einer Tradition.

Warum diese Bergparaden vor allem in der Advents- und Weihnachtszeit stattfinden? "Sachsen ist Weihnachtsland. Da gehören Traditionen, Lichter und Weihnachtsmärkte einfach dazu", sagte der damalige sächsische Wirtschaftsminister und Oberste Bergmann, Martin Dulig, 2022 in einem Interview. Ihm sei es ein besonderes Anliegen, in der Zeit vor und um Weihnachten bei den Bergparaden dabei zu sein. "Das Erleben dieser Tradition bedeutet für mich Weihnachten", so Dulig. "Es geht auch darum, nach einem langen Jahr zur Ruhe und zur Besinnlichkeit zu kommen. Das ist für mich das Gegenteil zum oft lauten und manchmal etwas ausufernden Weihnachten – mit Kaufhausmusik und Kommerz."

Bild: ©KNA/Markus Nowak (Archivbild)

Die Osterreiter-Prozession in der Oberlausitz ist nur eine der 30 sorbischen Bräuche, die die Unesco schützt. Auch das sorbische Christkind gehört dazu.

Gesellschaftliche Bräuche und Feste der Lausitzer Sorben im Jahreslauf

Aufnahmejahr: 2014

Rund 60.000 Menschen zählen sich heute zu den Sorben. Sie leben als ethnische Minderheit zwischen dem Süden Brandenburgs und dem Osten Sachsens. Ein Teil von ihnen spricht heute noch eine der beiden sorbischen Sprachen, Ober- oder Niedersorbisch. Doch nicht nur durch ihre eigene Sprache zeichnen die Sorben sich aus, sondern auch durch ihre eigene Volkskultur.

Die Unesco führt daher 30 Bräuche im Jahreslauf auf, die von den Sorben aktiv gepflegt werden und wichtige Merkmale der eigenen Identität sind. Da ein Großteil dieser Volksgruppe katholisch oder evangelisch ist, stehen einige dieser Bräuche auch mit dem Kirchenjahr in Verbindung. Bekannt ist hier vor allem das Osterreiten der katholischen Sorben.

Zu den 30 Bräuchen zählt auch das sorbische Christkind, Dźěćetko genannt. Hierbei handelt es sich um ein Mädchen, das in sorbischer Tracht gekleidet ist und einen aufwändigen Kopfschmuck sowie weiße Handschuhe und einen Tüllschleier vor dem Gesicht trägt. In einer Hand hält das Christkind bei seinen Besuchen eine mit bunten Bändern geschmückte Reisig-Rute und in der anderen einen Beutel mit Süßigkeiten und Früchten. Mit der Rute werden die Erwachsenen an der linken Schulter berührt – ein Brauch, der Glück und Gesundheit bringen soll –, den Kindern streicht das Christkind über die Wange. Außerdem erhalten sie Süßigkeiten aus dem Beutel. Der Brauch wird vor allem von evangelischen Sorben gepflegt, bei katholischen Sorben gibt es ihn nicht.

Bild: ©katholisch.de/ Madeleine Spendier (Symbolbild)

Vor rund 200 Jahren entwickelte sich im thüringischen Lauscha die Technik, nach der noch heute die bekannten Christbaumkugeln gefertigt werden.

Herstellung von mundgeblasenem gläsernen Lauschaer Christbaumschmuck

Aufnahmejahr: 2021

Was wäre ein Wohnzimmer zu Weihnachten ohne Christbaum? Und was wäre ein Christbaum ohne den dazugehörigen Schmuck? Das dachten sich wohl auch die Handwerker im thüringischen Lauscha (Landkreis Sonneberg): Vor 200 Jahren entwickelten sie dort die mundgeblasenen und von innen versilberten Glaskugeln, für die der kleine Ort auch heute noch bekannt ist.

Bevor die weihnachtlichen Glaskugeln geblasen wurden, stellten die Handwerksbetriebe in Lauscha und Umgebung bereits Hohlglasperlen her, die zu Ketten aufgereiht wurden. Aus dieser Tradition entwickelte sich dann der gläserne Baumschmuck zur Weihnachtszeit.

Im Laufe der Jahrzehnte ist auch die Mode am Lauschaer Christbaumschmuck nicht vorbeigegangen. So wurden zunächst Formen wie Äpfel, Birnen und Nüsse gefertigt, später folgten Tannen- und Eiszapfen, Blumen oder sogar Vögel. Heute existieren den Angaben der Unesco zufolge etwa 5.000 verschiedene Formen, darunter etwa Engel, Häuser, Lampions oder Glocken. Bis heute ist die Technik, bei der der Schmuck nach dem Blasen und Versilbern in Lack getaucht und anschließend bemalt wird, praktisch unverändert. Wurde er früher ausschließlich im heimischen Zusammenhang weitergegeben, gibt es heute sogar eine Berufsschule in Lauscha und ehrenamtliche Vereine, die die Handwerkskunst an die kommende Generation weiterzugeben versuchen.

Bild: ©Klüsselrather Krippenfreunde (Archivbild)

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer ist als großer Krippenfreund bekannt. 2021 schenkte er bei einem Besuch dem emeritierten Papst Benedikt XVI. eine Schneekrippe der Klüsselrather Krippenfreunde. Auch in Marktredwitz war er bereits zu Besuch, um sich die dortigen Krippen anzuschauen.

Marktredwitzer Krippenkultur

Aufnahmejahr: 2021

Weihnachtszeit ist Krippenzeit. Das gilt besonders im oberfränkischen Marktredwitz (Landkreis Wunsiedel). Das Besondere: Die Marktredwitzer Krippen verbinden klassische Szenen mit historischen Figuren und lokalen Persönlichkeiten. Diese werden in die kunstvollen Gebirgslandschaften aus Steinen, Wurzeln, Moos und Beeren gesetzt und stellen häufig Alltagsszenen aus den Bergen nach. In diese Szenen fügt sich dann die Weihnachtserzählung ein.

Die Größe der Krippen kann dabei durchaus variieren – und manchmal bis zu 40 Quadratmeter umfassen. Die Krippenbauerinnen und -bauer teilen ihre Wissen um die Herstellung, Anordnung, Pflege und Lagerung der einzelnen Figuren und Objekte mit den nächsten Generationen. Zum Brauch gehören auch die Geschichten der dargestellten Szenen und Figuren. Obwohl Marktredwitz geografisch nah am Fichtelgebirge liegt, stellen die Krippen übrigens ausschließlich alpenländische Landschaften dar. Ein Faktum, das mit der lokalen Romantisierung der Alpen zu erklären sein dürfte.

Die Marktredwitzer wollen ihre Krippen aber nicht nur für sich behalten: Nach dem Aufbau laden die Krippenbauer die Bevölkerung ein, sich mit ihnen die Krippen anzuschauen und die Erfahrungen gegenseitig auszutauschen. Zwischen dem 26. Dezember und dem 6. Januar öffnen viele Bewohnerinnen und Bewohner in Marktredwitz außerdem ihre Türen, um auch Besucherinnen und Besuchern ihre Werke zu präsentieren. Dieser Krippenweg umfasst 20 bis 25 Stationen und lockt bisweilen tausende Interessierte an. Auch ein Kirchenpromi hat sich schon selbst von der Handwerkskunst in Marktredwitz überzeugt: der Regensburger Bischof und bekennende Krippenfan Rudolf Voderholzer.

Bild: ©KNA/Christopher Beschnitt (Symbolbild)

Schon vor 350 Jahren zogen Kloster- und Ordensschüler mit Kronen, Weihrauchfässern und Sternen umher, um Gaben zu sammeln. Heute ist die "Aktion Dreikönigssingen" eine der weltweit größten Solidaritätsaktionen von Kindern für Kinder.

Das Sternsingen

Aufnahmejahr: 2015

Das kirchlicherseits wohl bekannteste Immaterielle Kulturerbe um Weihnachten herum ist das Sternsingen. Tausende Kinder und Jugendliche ziehen jedes Jahr rund um den 6. Januar als Heilige Drei Könige verkleidet von Haus zu Haus, um den Menschen den Segen für das neue Jahr zu bringen und Spenden für Kinderhilfsprojekte zu sammeln.

Inspiriert von der biblischen Erzählung der Sterndeuter aus dem Matthäus-Evangelium ist das Sternsingen aus den zahlreichen Dreikönigsbräuchen hervorgegangen, die wiederum auf die Überführung der Gebeine der Heiligen Drei Könige nach Köln im Jahr 1164 zurückgehen. Schon vor 350 Jahren zogen Kloster- und Chorschüler mit Kronen, Weihrauchfass und Stern umher, trugen überlieferte Sprüche und Lieder vor und baten um Gaben.

Seit 1959 gibt es die inzwischen deutschlandweit verbreitete "Aktion Dreikönigssingen", die sich mittlerweile zu einer der weltweit größten Solidaritätsaktionen von Kindern für Kinder entwickelt hat. Zum Jahresbeginn 2024 konnten die Sternsinger so etwa rund 46 Millionen Euro sammeln. Seit 1959 kamen durch das Dreikönigssingen laut Angaben des Kindermissionswerks "Die Sternsinger" insgesamt bereits 1,36 Milliarden Euro zusammen, um Projekte in Afrika, Lateinamerika, Asien, Ozeanien und Osteuropa zu fördern.

Von Christoph Brüwer