Wo ist die christliche Grundorientierung der Unionsparteien?
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"Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken". Wenn man, das Bibelwort im Ohr, den Plan der CSU "für ein Law-and-Order-Deutschland" liest, da kann es einem angst und bange werden. Da ist von Zurückweisungen von Geflüchteten an den Grenzen die Rede, obwohl auch die CSU weiß, dass ihre Pläne gegen EU-Recht verstoßen. Oder davon, den Aufenthaltsstatus an ein auskömmliches Einkommen zu koppeln, obwohl das Bundesverfassungsgericht und die Genfer Flüchtlingskonvention hier ein gleiches Recht für alle Menschen fordern. So geht es weiter, Punkt für Punkt. Und es bleib der Eindruck: Hier geht es nicht um Recht und Ordnung. Hier ist es, wie einst in der Hausbesetzer-Szene, egal, ob legal oder illegal. Hauptsache, es entsteht der Eindruck: Wir tun was gegen Migranten.
Es geht nicht darum, die Probleme kleinzureden, die es gibt, weil so viele Menschen nach Deutschland fliehen, dort versorgt, integriert – und auch zurückgeschickt werden müssen. Solche Vorschläge aber helfen den überlasteten Bürgermeistern, Schulen, Ämtern nicht. Sie zielen auf die Stimmung und aufs Ressentiment; es gilt nicht, Probleme zu lösen, sondern mit der AfD mitzuhalten. So ist es auch, wenn der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz vorschlägt, straffälligen Migranten die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen - als würde das eine einzige Straftat verhindern. Das Böse kommt von draußen, den Fremden, den Migranten; sie gefährden uns hier drinnen, im guten reinen Deutschland. Vor einem Jahrzehnt schien es undenkbar, dass ein CDU-Kanzlerkandidat und ein bayerischer Ministerpräsident so völlig unreflektiert dieses populistische Narrativ bedienen würden.
Es wäre schlimm, wenn da kein Widerspruch aus den christlichen Kirchen käme und von Menschen, die ihren christlichen Glauben ernst nehmen. CDU und CSU beanspruchen eine christliche Grundorientierung für sich. An ihr müssen sie sich messen lassen, wenn sie ihr Identitätsmerkmal zur identitären Ab- und Ausgrenzung missbrauchen wollen.
Der Autor
Matthias Drobinski ist Chefredakteur der Zeitschrift "Publik-Forum".
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.