Standpunkt

Was bei einer klugen Wahlentscheidung helfen könnte

Veröffentlicht am 17.01.2025 um 00:01 Uhr – Von Andreas Püttmann – Lesedauer: 

Bonn ‐ In seinem Umfeld nimmt Andreas Püttmann viel Unsicherheit wahr, wo man bei der anstehenden Bundestagswahl sein Kreuz machen soll. Er betont: Ein Christ muss sich dabei auch vom Gemeinwohl und den Bedürfnissen anderer leiten lassen.

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Werden Sie im Familien- und Freundeskreis auch gefragt: "Was wählt man denn diesmal?" Ich nehme viel Unsicherheit wahr. Etliche katholische Weggefährten wollen anders wählen als es ihrer Gewohnheit entspricht. Auch gegen die per "Wahlomat" regelmäßig bestätigte Parteinähe – zu Recht, denn Wahlen sind kein Gang durch das Sortiment eines Supermarkts, wo man den optimalen Warenkorb für den eigenen Bedarf und Geldbeutel zusammenstellt. Ein Christ muss sich auch vom Gemeinwohl und den Bedürfnissen anderer leiten lassen. Jetzt etwa davon, was für die tapferen, gequälten Ukrainer wohl das Beste ist. Für schwächere Mitmenschen im Inland. Für künftige Generationen. "Nach mir die Sintflut!" darf in Verantwortung vor Gott nicht die Devise sein.

Die Politikwissenschaft unterscheidet zwischen policy, politics und polity: der Sachpolitik, den konflikthaften Prozessen der Machtverteilung und dem normativen Rahmen von Verfassung und politischer Kultur. Wahlomaten decken nur die erste Dimension ab. Angesichts verschärfter Angriffe auf die Demokratie – von innen und außen – sollte eine kluge Wahlentscheidung aber staatspolitische Gesichtspunkte piorisieren. Dazu gehört das antizyklische Ausbalancieren des Zeitgeists und seiner Macht. José Ortega y Gasset definierte den Staat geradezu als "den Status, die Statik, die Gleichgewichtslage der Meinungen". Zu starke Dysbalancen zwischen den politischen Grundströmungen begünstigen einen Sog, der leicht nach unten zieht. Übermacht verführt zu Zügellosigkeit und Machtmissbrauch.

Damit sind wir beim Personal: Christlichem Personalismus sollte der Gedanke nicht fremd sein, dass Persönlichkeiten so wichtig sind wie Programme. Zumal die sich in nötigen Kompromissen relativieren und man nicht alle Herausforderungen der neuen Legislatur kennt. Also prüfe man die Charaktere! Nicht nur die der Spitzenkandidaten (Kanzlermacht wird oft überschätzt), sondern auch die ihres Teams. Politischer Stil ist nicht nur "B-Note", sondern zentraler Indikator für Anstand, Augenmaß, Demut, Selbstbeherrschung, Koalitionsfähigkeit. Es kann also auch ratsam sein, eine Partei zu wählen, die man im Wahlomat erst auf Rang 3 findet. Oder, wenn man politisch nicht versiert ist und im Zweifel: die Partei, in der die sympathischeren Menschen nach oben gelangten.

Von Andreas Püttmann

Der Autor

Andreas Püttmann ist Politikwissenschaftler und freier Publizist in Bonn.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.