DBK-Queerbeauftragter Schepers blickt besorgt auf Rechtsruck
Angesichts des Rechtsrucks in westlichen Gesellschaften blicken der Queer-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und die Initiative "OutInChurch" besorgt auf die kommende Bundestagswahl. Weihbischof Ludger Schepers (Essen) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Donnerstag, der Rechtsruck finde wesentlich entlang von Genderdebatten statt. "Dass Teile der katholischen Kirche sich dabei – wieder einmal – im gleichen Boot mit den Reaktionären sitzend wiederfinden, ist für mich eine besorgniserregende Beobachtung."
Laut Schepers braucht die katholische Kirche den "Dialog von Theologie und Ethik mit den Gendertheorien" jetzt mehr denn je. Auch Rainer Teuber, Pressesprecher von "OutInChurch", sieht nach wie vor hohen Rede- und Aufklärungsbedarf. Ihn beunruhige, dass die Einstellungen der jungen Menschen insgesamt konservativer seien als noch vor einigen Jahren. "Es ist erschreckend, welche Vorurteile gegenüber queeren Lebensentwürfen es unter Schülerinnen und Schülern wieder gibt", sagte er dem RND. Sowohl in Brennpunktschulen mit einem hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund als auch in Schulen besserer Wohnviertel höre er bei seinen Schulbesuchen viele ablehnende Äußerungen.
Drei Jahre nach dem Start von "OutInChurch" ist nach Meinung der Initiative generell noch viel Arbeit zu erledigen. Teuber wertete die im November 2022 erfolgte Reform des kirchlichen Arbeitsrechts als großen Erfolg Bewegung. Doch von ihren Kernforderungen sei damit lediglich eine erfüllt.
Weihbischof Schepers betrachtet die momentane Lage queerer Menschen in der Kirche differenziert: Einerseits habe sich die Kirche "lange hinter den staatlichen Gesetzen versteckt oder diese mitgefördert". Andererseits habe "manch kluge pastorale Praxis kirchlichen Lebens vor Ort queeren Menschen immer auch Lebensräume geboten". Er sagte weiter: "In Lehre und Verkündigung aber war der Ton gegen sie schroff und unversöhnlich und er ist es in Teilen der Welt leider immer noch.
Teuber und Schepers sehen große Unterschiede zwischen den deutschen Bistümern, was den Stand der Aufarbeitung ihres Umgangs mit queeren Angestellten angeht. Schepers begrüßte den Vorschlag, Ombudsstellen in den Bistümern einzurichten, bei denen Religionslehrerinnen und -lehrer, die ihre kirchliche Lehrerlaubnis (Missio canonica) aufgrund ihrer queeren Identität verloren hätten, diese erneut beantragen könnten.
Frage der Aufarbeitung
Während "OutInChurch" sich eine gemeinsame Studie zur Aufarbeitung der kirchlichen Schuldgeschichte gegenüber queeren Menschen wünscht, will die Bischofskonferenz die Aufarbeitung lieber am Runden Tisch besprechen – und sich dort auch mit grundlegenden theologischen Fragen befassen. Ergänzend verwies Schepers auf ein aktuelles Forschungsprojekt der "Kommission für Zeitgeschichte" in Bonn.
"OutInChurch" ist nach eigenen Angaben ein Netzwerk von über 600 LSBTIQA+ Menschen, die hauptberuflich oder ehrenamtlich in der römisch-katholischen Kirche tätig sind. Die Abkürzung LSBTIQA+ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans Personen, inter Personen, queere Personen, Asexuelle und weitere Identitäten. Die Initiative organisierte im Januar 2022 ein kollektives Coming-out von kirchlichen Mitarbeitenden und löste dadurch eine breite Debatte zum Umgang der Kirche mit queeren Menschen, insbesondere im kirchlichen Arbeitsrecht, aus. (mal/KNA)