Kritik am Prinzip des "Was mir gefällt"

Papst über Ordensgelübde: Keuschheit als Weg der Heilung

Veröffentlicht am 01.02.2025 um 18:00 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN

Vatikanstadt ‐ Wer Teil einer katholischen Ordensgemeinschaft sein will, muss sich an bestimmte Regeln halten. Papst Franziskus erklärt die Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams für die heutigen Zeit – und nennt mögliche Gefahren.

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Papst Franziskus hat Ordensleute an die Bedeutung ihrer Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams erinnert. Dabei warnte er am Samstag im Petersdom auch vor Gefahren der Enthaltsamkeit, die durch eine fehlende Sorge der Gemeinschaft und einen Mangel an Aus- und Weiterbildung entstehen könnten. Dazu zählten etwa eine Verbitterung des Herzens oder zweifelhafte Entscheidungen, die Traurigkeit und Unzufriedenheit hervorriefen und bei anfälligeren Personen bisweilen zu einem regelrechten "Doppelleben" führten, so der Papst in seiner Predigt zum "Welttag des geweihten Lebens", an dem die Mitglieder von Orden und Säkularinstituten im Mittelpunkt stehen.

Franziskus kritisierte das "Prinzip des 'Was mir gefällt'". Dieses führe dazu, im anderen mehr die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse zu suchen als die Freude einer fruchtbaren Begegnung, so der Papst. Dies wiederum führe in Beziehungen zu Oberflächlichkeit und Unbeständigkeit, zu Egozentrismus und Hedonismus, zu Unreife und moralischer Verantwortungslosigkeit: An die Stelle eines Ehemannes oder einer Ehefrau für das ganze Leben trete der Partner für den Augenblick. Die Kinder würden nicht mehr als Geschenk empfangen, sondern als Recht beansprucht oder als "Störfaktor" eliminiert.

Heilung von Isolation

Unter derartigen Umständen zeige die Keuschheit von Ordensleuten dem Menschen des 21. Jahrhunderts einen Weg der Heilung vom Übel der Isolation, und zwar durch eine freie und befreiende Art der Liebe, die alle annehme und achte, die niemanden nötige und zurückweise, sagte Franziskus.

Durch das Leben nach dem Gelübde der Armut nehme eine Ordensfrau oder ein Ordensmann eine Haltung gegenüber den Dingen ein, die deren Schönheit hervortreten lasse: Nüchternheit, Großzügigkeit, das Miteinander-Teilen, die Solidarität. Der Gehorsam sei ein Gegenmittel zu einsamen Individualismus. Er fördere ein Beziehungsmodell, "das durch tätiges Zuhören gekennzeichnet ist, bei dem auf das 'Sagen' und 'Hören' die Konkretheit des 'Handelns' folgt, auch um den Preis des Verzichts auf meinen eigenen Geschmack, meine Pläne und meine Vorlieben", so Papst Franziskus.

Papst Johannes Paul II. machte im Jahr 1997 den 2. Februar zum "Tag des geweihten Lebens" für die in Klöstern, Ordensgemeinschaften und Säkularinstituten lebenden Kirchenmitglieder. Derzeit leben in der katholischen Kirche weltweit etwa 740.000 Männer und Frauen in Orden oder ordensähnliche Gemeinschaften. Ihre Zahl sinkt seit Jahren. (KNA)