Standpunkt

Schlichtungsrat in Münster – ein kleiner Schritt zu mehr Gerechtigkeit

Veröffentlicht am 12.02.2025 um 00:01 Uhr – Von Felix Neumann – Lesedauer: 5 MINUTEN

Bonn ‐ Versprochen war ein kirchliches Verwaltungsgericht, gekommen ist eine unverbindliche Schlichtung. Bei aller Enttäuschung: Münsters Bischof zeigt, was trotz aller Widerstände möglich ist, um die Rechtskultur der Kirche zu verbessern, kommentiert Felix Neumann.

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Auf den letzten Metern seiner Amtszeit hat der Münsteraner Bischof Felix Genn noch Kirchengeschichte geschrieben – jedenfalls ein wenig: Die von ihm vor Jahren versprochene diözesane Verwaltungsgerichtsbarkeit ist es nicht geworden. Anscheinend waren die Widerstände aus Rom so groß, dass ein neues Kirchengericht nicht einmal auf Diözesanebene möglich war. Aber immerhin: Eine Schlichtungsordnung ist es geworden.

Wer jetzt Streit hat im Bistum Münster, sei es mit dem Pfarrer, wenn eine Taufe aufgeschoben wird, sei es im Pfarrgemeinderat oder bei Zusammenlegungen von Gemeinden und Profanierungen von Kirchen, kann eine vermittelnde Instanz anrufen – wenn denn alle Streitparteien das auch wollen. Denn die Schlichtung ist völlig freiwillig: Es ist freiwillig, in sie einzutreten, es ist freiwillig, den Schlichterspruch zu akzeptieren. Da kann man alle gut verstehen, die auf die Ankündigung hin wenig euphorisch reagiert haben: Zu wenig, zu spät? Nein, denn immerhin macht hier ein Bischof das, was er kann, um kirchliche Macht einzuhegen.

Dass man ein unverbindliches Schlichtungsverfahren schon als Fortschritt loben und als mutigen, wegweisenden Schritt eines Diözesanbischofs würdigen muss, zeigt die Misere der Rechtskultur in der katholischen Kirche. Seit Jahrzehnten wird der mangelnde Rechtsschutz in der Kirche beklagt: Von reformorientierten Laien bis hin zum Generalvikar von Regensburg und erst recht in der Kirchenrechtswissenschaft herrscht große Einmütigkeit, dass die Akzeptanz der Kirche in einem freiheitlichen Rechtsstaat wesentlich von ihrer Rechtskultur abhängt – und dass fehlende Rechtskultur die Sendung der Kirche trübt: Die vielen Missbrauchsgutachten bestätigen, mit wie viel Willkür Kirchen über lange Zeit unkontrolliert agiert und so Menschen verletzt und ihre Botschaft verraten haben.

Seit Jahren geht es nicht voran mit der von der Deutschen Bischofskonferenz in Rom erbetenen Genehmigung für eine nationale kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit – warum, weiß die Öffentlichkeit nicht. Der Bischof von Münster hat jetzt gezeigt, dass doch etwas geht – auch wenn es nur ein Schlichtungsverfahren ist. Jeder kleine Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit in der Kirche ist ein Fortschritt. Nur zufrieden geben darf man sich jetzt nicht damit, dass dieser erste Schritt getan wurde. Der Weg ist noch lang.

Von Felix Neumann

Der Autor

Felix Neumann ist Redakteur bei katholisch.de und stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizistinnen und Publizisten (GKP).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.