Deutsche wollen Kirchenreformen
Die Hälfte der befragten Westdeutschen bezeichne sich nach wie vor als gläubig, sagte YouGov-Vorstand und Herausgeber Holger Geißler. Ein weiterer Lichtblick sei, dass Papst Franziskus als Sympathieträger gesehen werde. 41 Prozent der Befragten hätten angegeben, dass der Argentinier sein Amt besser ausfülle als sein Vorgänger Benedikt XVI., 18 Prozent meinen das Gegenteil.
Dennoch, so Geißler, habe die Kirche mehr als ein Imageproblem. "Viele Menschen wissen nicht mehr so richtig, warum sie dabei sind." Die Hälfte der Befragten hat demnach bereits mindestens einmal mit dem Gedanken gespielt, aus der Kirche auszutreten. Insofern habe die Kirche noch "große Hausaufgaben" vor sich; eine Mehrheit von 84 Prozent wünsche sich eine "Religion in modernerem Gewand". Autor Drösser fügte hinzu, beunruhigend für die Kirchen sei vor allem die geringe Zustimmung für die vom Staat eingezogene Kirchensteuer. 16 Prozent der Befragten bezeichneten das Verfahren in der Studie als "richtig".
Ostern und Weihnachten bleiben indes wichtige Feste, auch wenn die Kirche eine untergeordnete Rolle spielt: Nur 16 Prozent besuchen an Ostern einen Gottesdienst, die Frage nach der Christmette wurde nicht gestellt. Aber ein Viertel sucht Ostereier, und mehr als die Hälfte backt Weihnachtsplätzchen, am liebsten zum Klang von "Stille Nacht, heilige Nacht" - dem Favoriten bei den Weihnachtsliedern.
46 Prozent glauben an hellseherische Fähigkeiten
Überrascht hätten das Forschungsteam die Ergebnisse zum Thema Aberglaube, sagte Geißler. "Man hält Deutschland immer für sehr rational, aber die Studie zeigt ein anderes Bild." So gaben 46 Prozent der Befragten an, dass sie an hellseherische Fähigkeiten glauben. 23 Prozent meinen demnach, dass sie schon einmal gelebt haben und 20 Prozent, dass Menschen mit Verstorbenen in Kontakt treten können.
Ebenfalls überraschend sei die Kinderfreundlichkeit der Deutschen, sagte der Autor. 30 Prozent sagten beispielsweise, Kinder hätten nichts in klassischen Konzerten zu suchen. "Eine Minderheit", so Drösser. Er betonte weiter, Studien seien oftmals ein Indikator für gesellschaftliche Entwicklungen. Dies habe sich etwa daran gezeigt, dass 66 Prozent der Befragten Homosexualität als "sexuelle Orientierung wie jede andere auch" bezeichneten. "Ich glaube nicht, dass es so ein Ergebnis vor zehn Jahren gegeben hätte", so der Autor.
Der Autor und das Meinungsforschungsinstitut haben in 80 Online-Befragungen in den vergangenen Jahren rund 1.000 Bundesbürger ab 18 Jahren zu ihren Vorlieben und Denkweisen befragt. Die Spannbreite reicht von Fragen zum Glauben über Literatur bis hin zum Einkaufsverhalten. (bod/KNA)