Missbrauch in Kirche Frankreichs: Betroffenen-Zahlen veröffentlicht
Innerhalb von drei Jahren haben sich in Frankreich fast 1.600 Personen gemeldet, die mutmaßlich im Kontext der katholischen Kirche missbraucht worden sind. Bei der Vorstellung ihres Tätigkeitsberichts in Paris teilte die Unabhängige nationale Instanz für Anerkennung und Wiedergutmachung (Instance nationale indépendante de reconnaissance et de reparation, kurz: INIRR) am Dienstag mit, sie habe mehr als 1.200 Personen betreut, die keine gerichtliche Entscheidung mehr herbeiführen können.
Insgesamt habe die Entschädigungskommission inzwischen 765 Entscheidungen getroffen – in 99 Prozent der Fälle für eine finanzielle Entschädigung. Angesichts der Schwere der Gewalt sei in 132 Fällen der Höchstsatz von 60.000 Euro gezahlt worden. Seit 2022 hätten 43 Prozent der Missbrauchsbetroffenen mehr als 40.000 Euro an Wiedergutmachungsleistungen zugesprochen bekommen.
Antragsteller meist rund 60 Jahre alt
Die meisten Meldungen habe es zu Beginn der INIRR-Tätigkeit im Jahr 2022 gegeben; im vergangenen Jahr seien von mutmaßlichen Betroffenen 168 Anträge gestellt worden. Besonders viele Betroffene hätten sich im Februar und März gemeldet: Während der Monatsschnitt sonst bei etwa zehn Meldungen liege, waren es im Februar 32 und im März 27. Grund dafür sei das Bekanntwerden von Vorwürfen physischer und sexueller Gewalt an einer katholischen Schule in Südfrankreich, erklärte die INIRR-Vorsitzende Marie Derain de Vaucresson nach übereinstimmenden Medienberichten.
Aus dem INIRR-Jahresbericht geht hervor, dass 66 Prozent der Missbrauchsbetroffenen männlich sind. Die meisten Antragsteller bei INIRR seien zwischen 61 und 70 Jahre alt (30 Prozent). Zum Zeitpunkt des ersten sexuellen Missbrauchs waren 52 Prozent von ihnen zwischen 11 und 15 Jahre alt, 42 Prozent zwischen 6 und 10 Jahre. Die meisten Betroffenen (52 Prozent) waren zwischen einem und fünf Jahren den sexuellen Übergriffen ausgesetzt.
Die INIRR wurde im Anschluss an die Veröffentlichung des unabhängigen Berichts über Missbrauch in der katholischen Kirche in Frankreich 2021 von der Französischen Bischofskonferenz eingerichtet. Der Untersuchung zufolge gab es seit 1950 rund 216.000 minderjährige Opfer sexueller Übergriffe durch Priester und Ordensleute. (KNA)