Synodale Revolution im Kirchenrecht
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Die katholische Kirche versteht sich als eine Kirche, in der Recht ein Instrument ist, ihre Mission zu gestalten und die Gläubigen vor Willkür zu bewahren. Kaum eine andere Religionsgemeinschaft hat ein so ausgeprägtes kirchliches Rechtswesen wie die katholische. Wie dieses Recht aber zustande kommt, das die Kirche tief prägt, ist im Kirchenrecht erstaunlich knapp geregelt. In vier lateinischen Wörtern handelt der Codex Iuris Canonici den gesamten Gesetzgebungsprozess der Kirche ab; in der deutschen Übersetzung braucht es immerhin neun Wörter: "Ein Gesetz tritt ins Dasein, indem es promulgiert wird."
Das bedeutet: Quasi aus dem Nichts erschafft ein Bischof Kirchenrecht, indem er es mit der Absicht veröffentlicht, es in Kraft zu setzen. Über den Weg dorthin erfährt man – nichts. Gläubige, die das Recht verpflichten soll, die in den vom Recht umschriebenen Strukturen leben müssen, haben keinerlei verbriefte Beteiligungsrechte an seiner Entstehung. Und trotzdem ist kirchliche Gesetzgebung selbst in kirchlich interessierten Kreisen allenfalls ein Randthema. Der Synodale Weg hat viel von Macht und Gewaltenteilung gesprochen, wie synodale Gesetzgebung in der Kirche aber strukturell aussehen kann, wie Gläubige an der Entstehung des Kirchenrechts mitwirken können, blieb eine Leerstelle. Das ist eines der Versäumnisse des Synodalen Wegs.
Diese Leerstelle schließt nun Bischof Georg Bätzing für sein Bistum. Mit dem neuen Amtsblatt ist eine "Ordnung für das Normsetzungsverfahren (Gesetzgebungsverfahren) im Bistum Limburg" ins Dasein getreten, die das Potential hat, die oft nebulöse Rede von Synodalität vom Kopf auf die Füße zu stellen: Der Bischof räumt seinen Gremien – über den Diözesansynodalrat auch den Laien – das Recht ein, Gesetze vorzuschlagen und mitzuberaten, bevor er sie monarchisch in Kraft setzt. Noch gibt es das nur in Limburg, der Bischof bleibt alleiniger Gesetzgeber, wie es das Kirchenrecht verlangt, und die Öffentlichkeit bleibt außen vor, wenn die Gremien Gesetze beraten. Und doch: Für kirchliche Verhältnisse ist das eine Revolution. Was alle angeht, kann nun immerhin von einem Teil und zu einem Teil mitbestimmt werden.
Der Autor
Felix Neumann ist Redakteur bei katholisch.de und stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizistinnen und Publizisten (GKP).
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.