Pfeffer: Bestätigung für Verfahren der Anerkennungsleistungen

Urteil: Bistum Essen muss kein weiteres Schmerzensgeld zahlen

Veröffentlicht am 25.04.2025 um 14:05 Uhr – Lesedauer: 5 MINUTEN

Essen ‐ Wegen sexuellen Missbrauchs durch einen Geistlichen hat ein Kläger 300.000 Euro vom Bistum Essen verlangt. In dem Schmerzensgeldprozess hat das Landgericht jetzt ein Urteil gefällt: Das Bistum muss keine weiteren Zahlungen leisten.

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Im Schmerzensgeldprozess gegen das Bistum Essen hat das Landgericht die Klage des Missbrauchsbetroffenen Wilfried Fesselmann abgewiesen. Das Bistum muss dem Kläger keine weiteren Zahlungen leisten. Aus freiwilligen kirchlichen Anerkennungsleistungen hatte Fesselmann bereits 45.000 Euro erhalten. Mit diesem Betrag sei sein Anspruch erfüllt, entschied das Gericht am Freitag in Essen. Der Kläger hatte mindestens 300.000 Euro gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Grundsätzlich bestätigte die 16. Zivilkammer des Landgerichts die Amtshaftung der Diözese für die Taten des Priesters H., der den Kläger 1979 sexuell missbraucht hatte. Der damalige Kaplan sei im Rahmen kirchlicher Aufgaben tätig geworden. Dies gelte auch dafür, dass H. den Kläger durch Ausnutzen seiner Position zu sich nach Hause gelockt habe. Das Gericht sah die Schilderungen Fesselmanns als glaubwürdig an, wonach der Priester den damals Elfjährigen mit Alkohol gefügig gemacht und zum Oralverkehr überredet habe.

Aussagen des Täters unglaubwürdig

Die abweichenden Angaben des als Zeugen vernommenen Täters bezeichnete das Gericht als nicht glaubwürdig. H. hatte zugegeben, sich und den Jungen entkleidet und ihn im Schritt berührt zu haben. An weitere Handlungen könne er sich nicht erinnern.

Aus der Tat ergibt sich laut Gericht allerdings kein Anspruch auf Zahlung von 300.000 Euro. Die bereits geleistete kirchliche Entschädigung sei angemessen. Der Betrag von 45.000 Euro entspreche vergleichbaren Entscheidungen anderer Gerichte. Das gelte auch, wenn man zugunsten des Klägers die aus der Tat entstandenen psychischen Folgen miteinbeziehe.

In einer ersten Stellungnahme, die katholisch.de vorliegt, bezeichnete der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer das Urteil des Landgerichts am Freitag als "Bestätigung des Verfahrens zur Anerkennung des Leids". Die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) habe den Anspruch, sich bei der Festlegung der Zahlungen an gerichtliche Entscheidungen zu orientieren. "‎Dies ist offenbar nach Auffassung des Landgerichts hier der Fall gewesen", so Pfeffer.

Dass der ehemalige Priester H. sich vor dem Gericht habe öffentlich stellen müssen, sei wichtig gewesen – auch wenn er für seine Taten nicht mehr belangt werden könne, betonte Pfeffer. H. habe dabei erstmals öffentlich zugegeben, "unzähligen Kindern und Jugendlichen furchtbares Leid" zugefügt zu haben. "Sein Auftritt vor Gericht ‎war gleichwohl beschämend – und ein erschreckendes Beispiel für das ganze Ausmaß der ‎sexualisierten Gewalt, das Amtsträger der katholischen Kirche Kindern und Jugendlichen zugefügt ‎haben."

Kardinal Ratzinger
Bild: ©KNA (Archivbild)

Im Jahr 1980 war Priester H. nach mehreren Vorwürfen von Essen in das Erzbistum München und Freising versetzt worden. Damaliger Münchner Erzbischof: Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI.

Fesselmann hatte angegeben, wegen psychischer Probleme über Jahre berufsunfähig gewesen zu sein. Außerdem habe er in der Folge des Missbrauchs ein Alkoholproblem und Angstzustände entwickelt.

Der Fall Fesselmann hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Insgesamt verging sich der frühere Geistliche H. an mindestens vier Orten in Nordrhein-Westfalen und Oberbayern an Minderjährigen. Nach mehrfachen Vorwürfen war er 1980 aus dem Bistum Essen in das Erzbistum München und Freising versetzt worden – nach seiner eigenen Aussage mit der Maßgabe, sich einer Therapie zu unterziehen. Damals war Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., Erzbischof in München.

Landgericht Köln hatte Schmerzensgeld von 300.000 Euro verhängt

Trotz gerichtlicher Verurteilung und eines Gutachtens, das vor der Arbeit mit Kindern warnte, wurde H. erneut mit der Gemeindeseelsorge beauftragt. Erst 2010 wurde er von dieser Tätigkeit abberufen. Er darf seinem Beruf nicht mehr nachgehen und sich nicht mehr Pfarrer nennen. Seit 2020 lebt er wieder im Bistum Essen.

Im Fall H. ist eine weitere Schmerzensgeldklage vor dem Landgericht Traunstein gegen das Erzbistum München und Freising anhängig. Das Landgericht Köln hatte im vergangenen Jahr einem Mann, der in seiner Zeit als Messdiener missbraucht wurde, das bislang höchste Schmerzensgeld für einen Betroffenen im kirchlichen Raum von 300.000 Euro zugesprochen. (cbr/KNA)

25.04.2025, 15.15 Uhr: Ergänzt um weitere Details.

25.04.2025, 15.30 Uhr: Ergänzt um Stellungnahme von Generalvikar Klaus Pfeffer.