Wie die "Jazzkirche" St. Augustine die Katastrophe überstand

Gemeinde blüht nach Hurrikan auf

Veröffentlicht am 29.08.2015 um 12:10 Uhr – Von Thomas Spang (KNA) – Lesedauer: 
USA

New Orleans  ‐ Nach dem Hurrikan "Katrina" drohte der ältesten katholischen Schwarzen-Gemeinde in den USA das Aus. Zehn Jahre später ist die Zukunft von St. Augustine nicht nur gesichert. Die Gemeinde wächst und ist Ziel von Touristen.

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Hier hat auch die erste katholische Kirchengemeinde in den USA ihre Heimat, die Afro-Amerikaner zum Gottesdienst willkommen hieß. Seit 1841 feierten in St. Augustine weiße Kaufleute - meist französischer Herkunft -, freie Afro-Amerikaner und Sklaven gemeinsam die Messe. Die Schwarzen brachten ihre Instrumente mit, die sie sonntags auf dem nahe gelegenen "Congo-Square"-Marktplatz spielen durften. Aus der Vermischung afrikanischer Rhythmen und Spirituals entwickelten sich die Frühformen des Jazz.

Harris fühlte sich in der St.-Augustine-Kirche so willkommen, dass sie nicht nur die Aufgabe der Gemeinde-Sekretärin übernahm. Sie konvertierte zum Katholizismus. "Das hatte niemand von mir erwartet", erklärt sie ihren Übertritt, "aber es war mir wichtig". Auch die übrigen Mitglieder der ethnisch gemischten Pfarrei unweit des touristischen "French Quarters" vor "Katrina" entwickelten eine tiefe Verbindung zur Gemeinde und deren Pastor Jerome LeDoux.

Gemeindesekretärin Linda Harris vor dem Sklavendenkmal an der Kirche.
Bild: ©KNA

Linda Harris vor dem Sklavendenkmal an der Kirche: Sie ist Gemenidesekretärin der ersten schwarzen Gemeinde in den USA.

Der Steyler Missionar LeDoux hatte St. Augustine über 16 Jahre hinweg zu einem spirituellen und sozialen Zentrum von Treme entwickelt, das mit seinen "Jazzmessen" weit über New Orleans hinaus ausstrahlte. Hurrikan "Katrina" drohte dem ein Ende zu bereiten. Das Gotteshaus entkam zwar den Fluten, es entstanden aber Windschäden in Höhe von fast 400.000 Dollar. Der damalige Erzbischof von New Orleans, Alfred Hughes, versetzte den beliebten Priester und wollte die Pfarrei mit einer anderen zusammenlegen. "Wir haben uns dagegen gewehrt", erinnert sich Harris an das wochenlange Ringen mit dem Erzbischof. Unterstützung erhielt die durch "Katrina"-Flüchtlinge arg dezimierte Gemeinde von einer Gruppe Studenten, die als freiwillige Helfer zu den Aufräumarbeiten gekommen waren und in St. Augustine Unterkunft und Verpflegung fanden. Der Widerstand mündete in der Besetzung des Gotteshauses, die 20 Tage dauerte und landesweit für Schlagzeilen sorgte.

Gut gefüllte Gottesdienste

Die Beteiligten einigten sich schließlich auf einen Kompromiss. Der Bischof gab der 168 Jahre alten Gemeinde von St. Augustine 18 Monate Zeit, ihre Vitalität unter Beweis zu stellen. Während Father LeDoux nicht mehr selbst dabei mitwirken konnte, wirkte sein Geist offenbar fort. "Wir sind so dankbar, dass Carol Dolliole LeBlanc und ihre Schwester Cynthia das Musik-Programm am Leben erhalten haben", lobt Harris deren unermüdlichen Einsatz für den "Soulful Voice"-Chor, der die Sonntagsmesse um 10.00 Uhr zu einer "Swinging Affair" macht.

Zehn Jahre später redet niemand mehr von Schließung. Die Kirchenbänke sind gut gefüllt mit Einheimischen und Touristen. Und die Gemeinde wächst. Kürzlich bekam sie mit dem Oblaten Emmanuel Mulenga einen neuen Pfarrer, dessen Art Harris sehr an Father LeDoux erinnert. Der aus dem sambischen Lusaka stammende Geistliche sei eine ideale Besetzung. Und mit dem Anfang des Jahres berufenen schwarzen Weihbischof Fernand Cheri hat St. Augustine nun auch noch einen leidenschaftlichen Förderer der Gospelmusik in der Kirchenleitung. "Jetzt warten wir auf die Heiligsprechung der ersten Afro-Amerikanerin Henriette Delille". Die Mitbegründerin des zweitältesten schwarzen Frauenordens in den USA ("Sisters oft he Holy Family") legte im November 1842 ihre Gelübde in St. Augustine ab und wurde hier auch zu Grabe getragen. Die Gemeinde sei zuversichtlich, so Harris, "dass es bald etwas zu feiern geben wird."

Von Thomas Spang (KNA)