Wollen auch Frauenverbände in Deutschland auf "katholisch" verzichten?
Nicht weniger als eine "zukunftsweisende Namensentscheidung" haben die rund 160 Frauen nach eigenen Angaben mit überwältigender Mehrheit am Wochenende getroffen: Der "Schweizerischer Katholische Frauenbund" (SKF) heißt künftig nur noch "Frauenbund Schweiz". 153 Delegierte stimmten demnach für die Umbenennung, nur 5 dagegen. Eine wegweisende Entscheidung – die vom Verbandsvorstand selbst angeregt wurde.
Zu schwerfällig sei der bisherige Name, das Kürzel SKF werde nicht verstanden, erläuterte die neue Co-Präsidentin des Verbandes, Katharina Jost, laut dem Berner "Pfarrblatt" bei der Versammlung. Der Begriff "katholisch" sei negativ behaftet und werde von 80 Prozent der Bevölkerung mit Klerikalismus und Missbrauch in Verbindung gebracht, so Jost. "Wir schaffen es nicht, 'katholisch' positiv nach außen zu tragen. Wir glauben, Jesus Christus würde sagen: Nicht am Namen erkennt ihr sie, sondern an den Taten."
Schweizer Frauenbund bleibe katholisch – aber anders katholisch
Bei den großen Frauenverbänden in Deutschland findet der Namenswechsel der Schweizer Frauen durchaus Verständnis. Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) sieht in dem Entschluss eine "nachvollziehbare strategische Entscheidung": "Der SKF bewegt sich in einem anderen gesellschaftlichen strukturellen Umfeld als wir", erklärt eine KDFB-Sprecherin auf Anfrage von katholisch.de. So seien beispielsweise auch evangelische Frauengruppen im Schweizer Verband organisiert. "Die Umbenennung spiegelt die Öffnung und Vielfalt des Verbands wider. Zugleich bleibt der SKF ausdrücklich Teil der katholischen Bewegung." Deutlich werde das vor allem im Engagement und am neuen Claim. Auch die stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), Agnes Wuckelt, betont gegenüber katholisch.de, der Schweizer Frauenbund bleibe katholisch – "aber eben 'anders' katholisch".
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Tatsächlich stimmten die Frauen in der Schweiz dafür, zusammen mit dem neuen Namen künftig den Slogan "Überraschend anders katholisch" zu verwenden. Der Begriff "katholisch" rufe in der Gesellschaft unterschiedliche Assoziationen hervor, betonte der SKF in einer Pressemitteilung nach der Delegiertenversammlung. "Der Frauenbund Schweiz nimmt bewusst eigenständige Positionen ein, die sich von der Amtskirche unterscheiden können, und trägt so zu einem vielfältigen Bild der katholischen Gemeinschaft in Medien und Gesellschaft bei."
Auch Agnes Wuckelt sieht diese Aufgabe zur Selbstpositionierung. "Es ist richtig: Angesichts der Glaubwürdigkeitskrise (nicht nur) der katholischen Kirche stellt sich die Frage nach dem Selbstverständnis eines Frauenverbandes in der Kirche", so die stellvertretende kfd-Vorsitzende. Auch im Hinblick auf synodale Prozesse in der Kirche sei die Frage nach dem "Katholisch-Sein" zu stellen und neu zu beantworten. "Spannend bleibt es, wie dieses 'anders katholisch' nun gefüllt wird", sagt Wuckelt.
Was bedeutet der Namenswechsel für deutsche Verbände?
Was bedeutet der Namenswechsel des Schweizerischen Verbandes für die beiden großen katholischen Frauenverbände in Deutschland: Wäre ein solcher Namenswechsel auch bei Ihnen denkbar? KDFB und kfd verneinen das. "Auf Bundesebene ist dies kein Thema", betont Wuckelt. Aber auch in der kfd werde implizit die Frage nach dem Katholischen gestellt – sowohl innerhalb des Verbandes als auch im Blick auf die Außenwirkung. "Erfahrungen zeigen, dass ein Frauenverband, der sich katholisch bezeichnet, für potenzielle Mitglieder wenig attraktiv scheint: Kann ein katholischer Verband ein zeitgemäßes Frauenbild vertreten?"
Im Schwesterverband läuft das ähnlich: Man pflege auf den verschiedenen Verbandsebenen einen "kontinuierlichen Abgleich unserer formulierten Ziele, Visionen und Leitgedanken mit der tatsächlich gelebten Verbandsrealität", betonte die KDFB-Sprecherin gegenüber katholisch.de. In diesem Zusammenhang setze man sich auch mit der Frage auseinander, was "katholisch" im eigenen Namen bedeute. "Eine Streichung des Begriffs 'Katholisch' im Namen ist aber aktuell kein Thema."
Sind Frauen mitgemeint? Gender-Diskussion um katholische Verbände
Viele katholische Verbände führen in ihren Verbandsnamen bislang nur die männliche Form wie "Katholiken". Ändert sich das bald? Die Diskussion um mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Sprache ist jedenfalls auch in der Kirche in vollem Gange. Ein Verband plant bereits konkret seine Umbenennung.
Das hat für den KDFB auch praktische Gründe: In Deutschland gebe es bereits mehrere Vereine, die den Namen "Frauenbund" trügen, so etwa den Deutschen Evangelischen Frauenbund. Daher sei das Wort "katholisch" auch zur Unterscheidung wichtig. Seit der Gründung im Jahr 1903 trage der Verband das "K" im Namen. "Unsere Werte, unser Engagement und unser Wirken sind fest in der katholischen Tradition verankert – immer schon verbunden mit einer kritischen und konstruktiven Auseinandersetzung mit den Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft", so die Sprecherin.
Auch offen für nicht-katholische Frauen
Auch die kfd hat einen praktischen Umgang mit der Frage nach dem katholischen Selbstverständnis gefunden. Die Frauengemeinschaft verfolge – ähnlich wie der Schweizer Frauenbund – den Ansatz, sich in Imagebroschüren oder Aktion als "anders katholisch" zu präsentieren. "Es soll zum Ausdruck kommen, dass die kfd gerade als Frauenverband in dieser Kirche Änderungen bewirken möchte – und auch schon Vieles erreicht hat", sagt Wuckelt. Zudem wolle der Verband – auch in Abgrenzung zu anderen Frauenverbänden – klar sein Fundament benennen: "ein konfessionell geprägtes Bekenntnis zur christlichen Botschaft".
Ein solches Bekenntnis gilt aber nicht nur für Katholikinnen. Der KDFB sieht das klare Bekenntnis zum Begriff "katholisch" im Namen nicht als ausschließendes Kriterium: "Unabhängig davon steht unser Verband auch nicht-katholischen Frauen offen."
