Süße Weihnachten im Spätsommer
Dabei handelt es sich laut Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) gar nicht um Weihnachts-, sondern um Herbstgebäck. Und auch der Kunde freue sich jedes Jahr über den Startschuss zum Verkauf. Zwar ist der Inhalt der gleiche; "Lebkuchen mit weihnachtlichen Verpackungen und Motiven folgen aber erst kurz vor der Adventszeit", so der Verband.
Der Pro-Kopf-Verbrauch der Deutschen von diesen Marzipan- und Zimtleckereien liegt laut BDSI seit mehreren Jahren stabil bei etwa 840 Gramm pro Jahr. Im Jahr 2014 produzierten die deutschen Hersteller rund 82.000 Tonnen dieser Erzeugnisse - das ganze Jahr über.
Lebkuchen - im Kloster das ganze Jahr auf der Speisekarte
Und auch gegen den ganzjährigen Verkauf spricht erst einmal nichts. So werden beispielsweise Aachener Printen und Nürnberger Lebkuchen zu jeder Jahreszeit gebacken, gekauft und gegegessen. Auch in den Niederlanden und Belgien haben Spekulatius immer Saison. Nicht nur in ihrer reinsten Form: Das niederländische Kaffeeunternehmen "Douwe Egberts" produziert einen Spekulatiuskaffee - mit leichter Zimtnote, aber ohne Tannenbaum auf der Verpackung.
Und auch in den Klöstern stehen schon seit einigen Jahrhunderten Lebkuchen und Honigkuchen das ganze Jahr über auf der Speisekarte. Die Kuchen war vor allem wegen ihrer langen Haltbarkeit beliebt. Sie konnten gut gelagert werden und wurden in schlechteren Zeiten von den Mönchen an die Bevölkerung verteilt. Zudem wurden sie in den Klosterbäckereien gebacken, in denen auch die Hostien produziert wurden. Die Oblaten nutzten die Mönche dann auch für die Lebkuchen.
Auch heute werben noch einige Klöster mit ihrer Backkunst. So ist die Benediktinerinnen-Abtei Frauenwörth im Chiemsee besonders berühmt für ihre Lebkuchen. "Die werden das ganze Jahr produziert und auch verkauft", erklärt eine Ordensschwester. Es vergehe kein Tag, an dem keine Lebkuchen verkauft werden. Klar, zur Advents- und Weihnachtszeit sei der Absatz besonders hoch.
Dass der Verkauf erst dann so richtig Fahrt aufnimmt, hat historische Gründe. Denn bis zum 30-jährigen Krieg wurden Lebkuchen das ganze Jahr über gebacken und gegessen. Erst als in den Kriegsjahren die Zutaten immer knapper wurden, kamen sie nur noch zu besonderen Anlässen wie Weihnachten auf den Tisch.
Brandanschlag auf Lebkuchen
Für den Süßwarenhersteller Lambertz sind neben der Weihnachtszeit, vor allem die Herbstmonate wichtig für den Absatz. "In den Monaten September und Oktober werden bereits große Mengen des gesamten Umsatzes getätigt", erklärt Sprecher Thomas Kleiber. Dass sich manche Kunden dadurch genervt zeigen, kann er nicht verstehen. "Die Produkte, die wir derzeit in den Märkten anbieten, sind aus unserer Sicht Herbstgebäcke. Wir verwenden keinerlei weihnachtliche Motive - weder Weihnachtsbaum, Sterne noch Glocken." Zudem sei es der Verbraucher, der durch seinen Nachfrage den Markt bestimme - und damit auch für spätsommerlichen Verkauf von Lebkuchen verantwortlich sei. Man müsse das Produkt ja nicht kaufen, so Kleiber.
Dass manche Kunden jedoch über das Ziel hinausschießen, zeigt ein Vorfall Ende August in Wien. Dort hatte eine 76-jährige Frau in einem Supermarkt einen Süßwarenaufsteller mit Lebkuchen in Brand gesetzt. Die Anti-Lebkuchen-Aktivisten von "Kein Lebkuchen vor dem 1. Advent" sahen in ihr bereits ein besonders radikales Mitglied. Gegenüber der Polizei gab sie ihre Tat auch zu - nur zu ihrem Motiv machte sie keine Angaben.