Neuer Stil oder Nabelschau?
Ähnlich äußerten sich auch der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck sowie sein Osnabrücker Amtsbruder Franz-Josef Bode, die beide vonseiten der Bischofskonferenz die Treffen im Rahmen des Gesprächsprozesses vorbereitet hatten. Die Debattenkultur habe sich verändert, so Overbeck, der von einem neuen Stil sprach. Bode ergänzte, er sei seit 25 Jahren Mitglied der Bischofskonferenz. Eine "solche Weise des Miteinanders" habe er noch nicht erlebt.
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, bescheinigte dem Gesprächsprozess eine "große Wirkung". Seit dem Abschluss der Würzburger Synode vor 40 Jahren habe es etwas Vergleichbares in Deutschland nicht gegeben. Damals waren Vertreter aus allen westdeutschen Bistümern zusammengekommen, um über die Umsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils zu beraten und zu beschließen.
Voderholzer kritisiert "Nabelschau" und "mutlosen Grundton"
Bereits zuvor hatte sich Marx vor den rund 300 Teilnehmern der Abschlussveranstaltung des Gesprächsprozesses für eine Fortsetzung des Dialogs ausgesprochen. Dabei verwies er auf eine geplante Botschaft der Bischöfe, die im November veröffentlicht werden soll. Darin ist die Rede von regelmäßigen "Konventen", die alle zwei oder drei Jahre stattfinden und etwa 120 Vertreter aus allen Bereichen des kirchlichen Lebens vereinen sollen.
Kritik an den Ergebnissen des Gesprächsprozesses äußerte dagegen der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer. Der am Freitagabend verabschiedete Abschlussbericht des Prozesses bleibe "in einer Nabelschau stecken, die einer ausgeprägten Innenperspektive geschuldet ist", bemängelte der Bischof am Samstag nach dem letzten Treffen in Würzburg. Statt Begeisterung für die Frohe Botschaft herrsche ein "mutloser Grundton" vor, der ihn "an die niedergeschlagene Stimmung der ersten Christen in den drei Tagen zwischen Kreuzestod und Auferstehung" erinnere.
Regensburger Bischof: Gefragt sind glaubensstarke Christen
Über weite Strecken vermittle das Schlussdokument den Eindruck, die Kirche sei ein Debattierclub und erschöpfe sich in Sitzungen, kritisierte Voderholzer. Gefragt seien heute jedoch glaubensstarke Christen, die in die Gesellschaft hineinwirkten und Salz der Erde seien. Innere Umkehr sei immer notwendig, aber "deshalb müssen wir doch nicht das Licht des Glaubens unter den Scheffel stellen".
Dialog sei unter Christen selbstverständlich, so der Bischof. Er müsse dem Ziel dienen, um den besten Weg in der Nachfolge Christi zu ringen und sollte vom Vertrauen in Christus getragen sein. Voderholzer hatte am Freitagabend nach mehrstündiger Debatte bei der Abstimmung über den Schlussbericht mit weiteren acht Teilnehmern mit Nein votiert. (stz/KNA)