Zwischen Hauptstadt und Provinz
Die Hauptstadt selbst mit ihren derzeit gut 331.000 Katholiken liegt allerdings nach Köln und München zahlenmäßig auf dem dritten Platz in Deutschland. Ganz anders sind die Verhältnisse in den zum Erzbistum gehörenden Regionen Brandenburgs und in Vorpommern: die dort lebenden 63.000 beziehungsweise 14.000 Katholiken verteilen sich auf weiträumige Pfarreien mit relativ wenigen Mitgliedern.
Als eigene Diözese besteht das Bistum Berlin noch keine 100 Jahre. Die Gründung 1930 erfolgte auf der Basis des sogenannten Preußen-Konkordats von 1929. Bis dahin gehörte das Kirchengebiet zum Erzbistum Breslau. Sein östlich der Oder gelegener Teil einschließlich der Hafenstadt Stettin fiel 1945 an Polen und kam 1972 zu zwei neugegründeten polnischen Diözesen.
1.000 Jahre Christentum
Die Geschichte des Christentums in der Region, die 1994 zum Erzbistum erhoben wurde, reicht mindestens 1.000 Jahre zurück. Bereits im 10. Jahrhundert wurden hier die Bistümer Brandenburg und Havelberg gegründet, im 12. Jahrhundert die weiter östlich gelegenen Bistümer Lebus und Kammin. Nach der Reformation wurde Brandenburg 1540 protestantisch, die mittelalterlichen Bistümer wurden aufgelöst.
Doch die Expansion Brandenburg-Preußens führte dazu, dass auch wieder Katholiken zum Land gehörten. Preußenkönig Friedrich II. ließ für sie nach den Schlesischen Kriegen die 1773 geweihte Sankt-Hedwigs-Kirche - die heutige Kathedrale des Erzbistums - bauen. Die Industrialisierung und der Aufschwung Berlins als Reichshauptstadt zogen dann im 19. Jahrhundert zehntausende Zuwanderer aus den katholischen Landesteilen an, was zu zahlreichen Pfarrei-Gründungen und neuen Kirchbauten führte.
Bekannte Katholiken waren Anfang des 20. Jahrhunderts der "Großstadt-Apostel" Carl Sonnenschein (1876-1929) und der Theologe Romano Guardini (1885-1968). Unter den Geistlichen und Laien des Bistums, die ihren Einsatz für die Verfolgten oder ihren Widerstand gegen die Nazis mit dem Leben bezahlten, war der 1996 seliggesprochene Dompropst Bernhard Lichtenberg (1875-1943).
Prägende Bischöfe
Auch unter den bisher zehn Berliner Bischöfen waren mehrere prägende Gestalten. Der aus Bayern stammende Konrad Graf von Preysing (1935-50), von Anfang an ein entschiedener Gegner des NS-Regimes, gehörte zu den herausragenden Köpfen des damaligen Episkopats. Auch sein Kurs gegenüber dem SED-Staat setzte Maßstäbe. Unter seinen Nachfolgern war Julius Döpfner (1957-61), später Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Auf ihn folgte der bisher einzige gebürtige Berliner, Alfred Bengsch (1961-80), der unmittelbar nach dem Mauerbau ernannt wurde und fast zwei Jahrzehnte den kirchenpolitischen Kurs einer "loyalen Distanz" in der DDR prägte.
Amtseinführung LIVE aud katholisch.de
Die Amtseinführung von Heiner Koch, früher Dresden, zum Berliner Erzbischof können Sie auf katholisch.de live verfolgen. Am Samstag, 19. September 2015 ab 11.00 Uhr zeigen wir den Pontifikalgottesdienst, den der RBB im Fernsehen zeigt.Aus Erfurt kamen dann Joachim Meisner (1981-89), der noch zu DDR-Zeiten auf spektakuläre Weise nach Köln berufen wurde, sowie Georg Sterzinsky (1989-2011). Dieser stand vor der Aufgabe, das politisch, aber nicht kirchenrechtlich geteilte Bistum wieder zusammenzuführen. Es erwies sich als schwieriger als zunächst angenommen und führte um die Jahrtausendwende zu einer massiven Finanzkrise. Sein Nachfolger Rainer Maria Woelki startete in seiner kurzen Amtszeit eine einschneidende Strukturreform des Erzbistums und nahm eine Sanierung und Umgestaltung der Kathedrale in Angriff - beides nicht unumstrittene Projekte, die jetzt der neue Erzbischof Heiner Koch zu Ende bringen muss.
Auch ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung des Bistums gibt es noch Mentalitätsunterschiede in Ost und West, deren Stellenwert allerdings nachlässt. Das auch damit zusammen, dass Berlin weiterhin durch Zuwanderung geprägt ist. So bleibt auch der Katholikenanteil seit Jahren mit gut neun Prozent relativ stabil. Der Anteil der Protestanten sank in zwei Jahrzehnten dagegen um ein Drittel von 26 auf 17,5 Prozent.