Zollner: Kinderschützer durch Papst-Interview wertgeschätzt

Der Jesuit und Kinderschutzexperte Hans Zollner hat die Äußerungen von Papst Leo XIV. zum Kinderschutz im zuletzt erschienen Interview gewürdigt. Leo sei "eine sehr authentische Persönlichkeit, die sich nicht nur der gesamten Reichweite der Missbrauchskrise bewusst ist, sondern auch alles in ihrer Macht stehende tut, damit Missbrauch in seinen vielen Formen untersucht, aufgearbeitet und effektiv vorgebeugt wird", so Zollner in einem Interview mit dem US-Portal "Crux" am Montag. Besonders beachtenswert sei sein Ansatz, mit Tätern auf eine Weise umzugehen, "die innerhalb der christlichen Morallehre agiert, ohne Bestrafung, Sühne, Buße und Vergebung gegeneinander auszuspielen".
In dem ebenfalls von "Crux" veröffentlichten Interview hatte sich der Pontifex für eine "authentische und tiefe Sensibilität und Barmherzigkeit" für Missbrauchsbetroffene ausgesprochen. Kirchenbeschäftigte bräuchten professionelle Hilfe, um Betroffene bestmöglich begleiten zu können. Er warnte gleichzeitig vor falschen Anschuldigungen gegen Priester. Zudem betonte er, die Kirche dürfe sich vom Thema Missbrauch nicht "vollständig in Beschlag nehmen" lassen.
Durch die Worte des Papstes fühlten sich Kinderschützer "positiv wertgeschätzt", so Zollner. Dass die Äußerungen zu den unrechtmäßig Beschuldigten etwas merkwürdig klängen, könne er dabei verstehen. "Opfer haben auf die harte Tour gelernt, dass ihre Rechte oft nichts zählen, jene der Beschuldigten jedoch alles. Diese Erfahrungen sind oft die Ursache für Schmerz, wenn es um die Rechte Beschuldigter geht", führte der Jesuit aus.
Kirche habe sich weiterentwickelt
Insgesamt habe sich die Kirche weiterentwickelt. "Trotz einiger Rückschläge haben die vielen Maßnahmen zu Umgang und Aufarbeitung von Missbrauchsfällen gezeigt, dass die Kirche es ernst meint, ihr Verhalten zu ändern, Betroffene ernst zu nehmen und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen." Deshalb könne man nun auch über die Rechte Beschuldigter sprechen.
Zollner gab Leo auch darin Recht, dass der Fokus der Kirche nicht zu stark auf der Missbrauchsaufarbeitung liegen sollte. "Es gibt immer die Gefahr, entweder zu viel oder zu wenig zu tun", so Zollner. "Natürlich ist die Kirche mehr als die Missbrauchsaufarbeitung und diese Aufarbeitung ist mehr als nur eine Randbeschäftigung der Kirche."
Zollner ist Direktor des Instituts für Anthropologie der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Er leitet das "Centre for Child Protection" (Institut zum Schutz Minderjähriger vor Missbrauch) und gilt als der führende Experte für das Thema Kindesmissbrauch im Raum der Kirche. Er gründete die Päpstliche Kinderschutzkommission mit, trat aber aus Protest 2023 aus ihr aus. (cph)