Sieben Jahre nach dem Neustart: Wie steht es um das Kloster Neuzelle?

Nach rund 200 Jahren Unterbrechung leben seit September 2018 wieder Zisterziensermönche im ostbrandenburgischen Neuzelle. Die Rückkehr der Mönche nach Brandenburg war eine kleine Sensation – schließlich ist das klösterliche Leben in Deutschland seit Jahren vor allem durch Klosterschließungen geprägt. Wohl auch deshalb war das Interesse an der Wiedererrichtung des Neuzeller Klosters durch sechs "Gründermönche" aus dem österreichischen Stift Heiligenkreuz in den ersten Jahren groß – inzwischen aber ist es ruhiger geworden. Wie steht es aktuell um das kleine Kloster, das als abhängiges Priorat weiterhin zum Stift Heiligenkreuz gehört? Wie viele Mönche leben mittlerweile in Neuzelle? Und was macht der geplante Klosterneubau? Katholisch.de beantwortet diese und weitere Fragen.
Wie viele Zisterziensermönche leben derzeit in Neuzelle?
In den ersten Jahren bekamen die "Gründermönche" von Besuchern und Touristen gelegentlich die Frage gestellt, wie viele Mönche sie denn noch seien – wohl in der Annahme, dass auch das Neuzeller Kloster sich im Niedergange befinde. Dabei ist das Gegenteil richtig: Aus den anfänglich sechs Mönchen sind inzwischen schon acht geworden. Zuletzt hat Ende August mit Pater Christoph Benedikt Seemann erstmals seit 209 Jahren ein Zisterzienser in Neuzelle die feierliche Profess abgelegt. Zu den acht Mönchen kommen nach Angaben von Subprior Pater Kilian Müller noch ein Novize und drei Kandidaten hinzu. Dauerhaft in Neuzelle vor Ort sind derzeit aber nur sieben Mönche. Pater Christoph und die drei Kandidaten leben für ihr Studium und ihre Ausbildung die meiste Zeit des Jahres im Mutterkloster in Heiligenkreuz, und der Novize lebt bis zum Abschluss seines Noviziats sogar dauerhaft dort.
Gibt es Interessenten, die sich einen Eintritt das Neuzeller Kloster vorstellen können?
Neben den drei Kandidaten gibt es laut Pater Kilian momentan noch zwei weitere Interessenten "im Dunstkreis" des Priorats, die aber noch keine Kandidaten sind. Zudem kämen regelmäßig Kloster-auf-Zeit-Gäste nach Neuzelle. Bemerkenswert ist nach Ansicht des Subpriors, dass der Erstkontakt mit Interessenten fast ausnahmslos über die Präsenz des Priorats auf YouTube und Instagram zustande kommt.
Pater Kilian Müller, der Subprior des Priorats, im Chorgestühl der Stiftskirche des Klosters in Neuzelle.
Wie leben die Mönche in Neuzelle?
Die Wohnsituation der Mönche in Neuzelle gestaltet sich seit der Wiedererrichtung des Klosters schwierig. Da die Gebäude des ursprünglichen Klosters seit der Säkularisation dem Staat gehören und längst anderweitig genutzt werden, müssen die Zisterzienser seit ihrer Rückkehr mit einem Provisorium vorliebnehmen. Als Unterkunft dient den Mönchen das katholische Pfarrhaus auf dem historischen Klostergelände, das allerdings auf Dauer zu klein für die Gemeinschaft ist und auch keine Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Deshalb haben die Mönche bereits eine Zwei-Zimmer-Wohnung im Ort angemietet. Außerdem nutzen sie bei Bedarf das Gästezimmer des örtlichen evangelischen Pfarrers und – kein Witz – einen Wohnwagen neben dem Pfarrhaus.
Wie steht es um den geplanten Klosterneubau?
Da früh absehbar war, dass die Wohnsituation auf dem historischen Klostergelände nicht auf Dauer funktionieren würde, haben sich die Mönche bereits vor einigen Jahren für den Bau eines neuen Klosters etwas außerhalb von Neuzelle entschieden. Auf einem ehemaligen Gelände der DDR-Staatssicherheit im Ortsteil Treppeln soll in den kommenden Jahren nach und nach ein neuer Klosterkomplex entstehen – mit ausreichend Platz für die Mönchsgemeinschaft und Gäste. Die Planungsunterlagen für den Neubau sind laut Pater Kilian derzeit öffentlich ausgelegt.
Bis der Neubau bezugsfertig ist, wollen die Mönche für eine Übergangszeit auf den "Bernhardshof" in Treppeln ziehen. Der kleine Vierseitenhof, den die Mönche im August 2023 gekauft haben, soll nach Angaben von Pater Kilian bis zum dritten Quartal kommenden Jahres so weit hergerichtet sein, dass die Zisterzienser dorthin umziehen können. Bis dahin würden die Bestandsgebäude des Hofes saniert und ein Neubau aus Massivholz gebaut.
„Es sind insgesamt gute Begegnungen und wir sind sehr gerne hier.“
Wie sieht der Alltag der Mönche in Neuzelle aus?
Wie es für Zisterzienser üblich ist, ist auch der Alltag der Neuzeller Mönche durch das tägliche Chorgebet strukturiert, das mit den Vigilien um 5 Uhr morgens beginnt. Darüber hinaus übernehmen alle Mönche verschiedene Aufgaben. "Dazu gehören der Kantorendienst, die Koordination und Betreuung von Gästen, Besuchergruppen und Führungen. Ich bin Subprior und als Ökonom auch für die Verwaltung zuständig, insbesondere den Klosterneubau. Ein Mitbruder ist vor allem mit dem Thema Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit beschäftigt, ein anderer kümmert sich um die Sakristei und Zeremoniarsdienste", so Pater Kilian zu katholisch.de.
Auch in der Pastoral sind die Neuzeller Mönche aktiv. Unter anderem bieten sie Exerzitien, Einkehrtage, geistliche Begleitung und die Gelegenheit zur Beichte an. Zudem wirken sie in der Neuzeller Pfarrei St. Marien mit, deren Gebiet auch die benachbarten Städte Eisenhüttenstadt und – wohl ab Februar kommenden Jahres – Guben umfasst. Sehr beliebt sind laut Pater Kilian auch die sechsmal im Jahr stattfindende Emmausvigil und die viermal jährlich stattfindende Jugendvigil mit anschließenden Jugendtagen. Zudem gebe es einmal im Jahr einen Adoratio-Kongress sowie Einkehrtage für Frauen und Männer.
Wie gestaltet sich der Kontakt zur Neuzeller Bevölkerung?
Nach Ansicht von Pater Kilian ist der Kontakt mit den Mönchen für die meisten Menschen in Neuzelle und Umgebung inzwischen etwas "fast Alltägliches" geworden. Er selbst sei kürzlich mit dem Treppelner Heimatverein per Bus in Heiligenkreuz unterwegs gewesen. "Es sind insgesamt gute Begegnungen und wir sind sehr gerne hier", so der Subprior wörtlich. Auch mit auswärtigen Gästen und Touristen gebe es "überwiegend positive Begegnungen".
Das Mutterkloster des Neuzeller Priorats, das Stift Heiligenkreuz in Österreich, steht unmittelbar vor einer Apostolischen Visitation.
Was ist aktuell die größte Herausforderung für das Priorat?
Nach Aussage von Pater Kilian kosten vor allem die Arbeiten für den "Bernhardshof" und den geplanten Klosterneubau "viel Kraft". "Auch dass manches sehr mühsam und langsam voran geht, will ausgehalten werden. Aber bekanntlich ist Geduld ja ein langsamer, aber zuverlässiger Baumeister", sagt der Zisterzienser. Die Herausforderungen hielten die Mönche aber nicht davon ab, die Fülle ihrer Berufung schon jetzt zu leben. "Insofern bleibt im Blick auf Christus das gemeinsame Chorgebet, die Eucharistiefeier und das Gemeinschaftsleben die geistliche Mitte des Klosters."
Zu der laufenden Apostolischen Visitation des Mutterklosters in Heiligenkreuz und möglichen Auswirkungen dieser Untersuchung auf das Priorat in Neuzelle konnte oder wollte Pater Kilian keine Auskunft geben. Stattdessen verwies er auf das Abteisekretariat in Österreich.
Was sagt die Kommune zur Entwicklung des Klosters?
Die Neuzeller Kommunalverwaltung sieht die Präsenz der Zisterzienser "sehr positiv". "Die Rückkehr der Zisterziensermönche nach Neuzelle stellt aus Sicht des Amtes Neuzelle eine außergewöhnlich bedeutsame Entwicklung für unsere Region dar", so Amtsleiter Andreas Fischer gegenüber katholisch.de. Die Mönche brächten mit ihrer Präsenz neue Impulse ins kirchliche und gesellschaftliche Leben und pflegten eine sich stetig vertiefende Zusammenarbeit mit örtlichen Einrichtungen, der evangelischen Kirchengemeinde und kulturellen Akteuren.
Spirituell und kulturell habe sich Neuzelle durch die Wiedererrichtung des Klosters weiter profiliert, betont Fischer. Und auch touristisch mache sich die Präsenz der Zisterzienser bemerkbar: "Neuzelle wird heute nicht nur als barockes Kleinod, sondern auch als aktiver Klosterstandort wahrgenommen. Dies stärkt die Besucherfrequenz und wirkt sich positiv auf Gastronomie, Übernachtungsangebote und den Einzelhandel aus." Mit Blick auf den geplanten Klosterneubau in Treppeln erwartet die Kommune laut dem Amtsleiter zusätzliche wirtschaftliche Impulse – etwa durch Investitionen und Arbeitsplätze im Baugewerbe. Zudem wolle man die Entwicklung städtebaulich begleiten und neue Flächen für Gastronomie, Beherbergung und Wohnbebauung ausweisen.