Absage nach rechtlicher Prüfung

Erzbistum Vaduz: Keine Akteneinsicht für Schweizer Aufarbeitungsstudie

Veröffentlicht am 08.11.2025 um 09:47 Uhr – Lesedauer: 

Vaduz ‐ Die Kirche im kleinen Fürstentum Liechtenstein gehörte früher zum Bistum Chur – deshalb gibt es dort wohl viele Akten, die für die Schweizer Missbrauchsaufarbeitung hilfreich wären. Doch rechtliche Gründe verhindern die Verwendung durch Forscher.

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Das Erzbistum Vaduz stellt der Schweizer Bischofskonferenz keine Akten zur Missbrauchsaufarbeitung zur Verfügung. Die Rechtslage in Liechtenstein lasse eine Weitergabe von Personalakten an ausländische Dritte nicht zu, teilte das Erzbistum am Freitag mit. Das Forschungsteam der Universität Zürich, das die Schweizer Aufarbeitungsstudie erarbeitet hat, hatte um Einsicht in die Akten der Priester gebeten, die vor der Errichtung des Erzbistums Vaduz zum Bistum Chur gehört hatten. Die Erzdiözese wurde 1997 aus den Liechtensteiner Teilen des Schweizer Bistums Chur gebildet.

Laut den Angaben sei die Anfrage wie zugesichert rechtlich geprüft worden. Dabei sei auch die Liechtensteiner Datenschutzaufsicht einbezogen worden. "Eine Zugänglichmachung von Personalakten für eine Institution aus dem Ausland stellt sowohl einem Verstoss gegen den geltenden Datenschutz wie auch gegen Persönlichkeitsrechte dar", heißt es in der Stellungnahme. Das Erzbistum Vaduz müsse daher den Antrag auf Akteneinsicht ablehnen, um den geltenden rechtlichen Rahmen nicht zu übertreten.

Schweizer Forscher sollen Betroffene an Liechtensteiner Ombudsstelle verweisen

Es sei der Erzdiözese aber ein Anliegen, "die wissenschaftliche Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Umfeld der römisch-katholischen Kirche zu unterstützen und die Präventionsarbeit voranzubringen". Dazu habe der Apostolische Administrator Benno Elbs im Herbst 2023 eine unabhängige Ombudsstelle eingerichtet, die Betroffenen kostenlose und anonyme Beratung ermögliche. Das Zürcher Forschungsteam sei gebeten worden, Betroffene mit Liechtenstein-Bezug auf die Ombudsstelle hinzuweisen. "Der Schutz der Opfer steht im Zentrum bei gleichzeitiger Null-Toleranz-Strategie gegenüber missbräuchlichem Verhalten", betont die Erzdiözese in ihrer Stellungnahme.

Die Problematik der Liechtensteiner Akten wurden bereits im Bericht der Forschungsgruppe angesprochen. Demnach wurden die Akten des ehemlagen Dekanats Liechtenstein an das Liechtensteinische Landesarchiv übergeben. Die Aktenbestände des Bistums Chur mit Bezug zum Fürstentum Liechtenstein seien aus dem Churer Archiv nach Vaduz überführt worden. "Diese Situation stellt Forschende vor ein spezielles Quellenproblem: Für einen Grossteil des Untersuchungszeitraums (1950–1997) gehörten die Gebiete des Fürstentum Liechtensteins zum Bistum Chur. Allerdings wurde die Quellenlage nachträglich so verändert, dass eine Erforschung sexuellen Missbrauchs in dieser Region des Bistums bedeutend erschwert und teilweise geradezu unmöglich ist", heißt es dazu im Bericht. (fxn)