Sabrina Wiesen von missio Aachen zum dritten Advent

Hoffnung neben Müll und Dreck: Kinder auf einer Elektroschrotthalde

Veröffentlicht am 14.12.2025 um 00:01 Uhr – Von Sabrina Wiesen – Lesedauer: 
#gemeinsamleuchten

Aachen ‐ Es ist ein schier unwirklicher Platz: Auf einer gigantischen Elektroschrotthalde in Ghanas Hauptstadt leben rund 150.000 Menschen, darunter viele Kinder. Doch am Rande des Chaos scheint ein helles Licht: ein Ort, der Hoffnung schenkt und mehr, schreibt Sabrina Wiesen.

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Auf Dienstreisen lande ich immer wieder an Orten, von denen ich mir in Deutschland kaum ein Bild machen konnte. "Wir fahren auf eine Elektroschrotthalde", hieß es vor der Reise nach Ghana. Ich zuckte innerlich mit den Schultern – was sollte schon groß sein? Doch kaum sind wir dort, wird mir klar, dass ich mir gar keine Vorstellung von diesem Ort machen konnte.

Begleitet vom unaufhörlichen Hupen und den Rufen der Straßenverkäufer bahnen wir uns den Weg durch die staubige Hauptstadt Accra. Als wir Agbogbloshie erreichen, bin ich sprachlos. Rund 16 Quadratkilometer Elektroschrotthalde. Hier leben und arbeiten nach Schätzungen rund 150.000 Menschen inmitten von Schrott aus der ganzen Welt, auch aus Deutschland. Sie leben in improvisierten Hütten aus Holz, Lehm und Wellblechen. Es gibt keine Straßen, nur staubige Wege, auf denen sich Menschen, Motorräder, Tiere und Elektroschrott drängen. Die Geräusche scheinen von allen Seiten zu kommen: Hämmern, Sägen und knatternde Motoren. Ich weiß kaum, wohin ich zuerst schauen soll, und folge meinem Kollegen, der hier schon öfter war.

Rückzug in ausrangierten Kühlschrank

Dann treffen mich die Gerüche. Essensreste, Diesel, Müll, Öl, Tiere und die drückende Hitze, die alles noch intensiver macht. Meine Sinne sind vollkommen überfordert. Zwischen den Schrotthaufen sehe ich abgemagerte Kühe und Ziegen, die Plastikteile oder Essensabfälle fressen. Und mitten in diesem Chaos immer wieder Kinder. Manche von ihnen sind an der Seite ihrer Eltern und andere Spielen zwischen dem Müll. Ein kleiner Jungen hat sich in einen ausrangierten Kühlschrank zurückgezogen, um der Sonne zu entkommen. Das Bild verfolgt mich bis heute.

Plötzlich liegt ein stechender, beißender Geruch in der Luft: verbranntes Plastik. Hier werden Kabelhüllen abgefackelt, um Kupfer freizulegen. Wasser gibt es nicht, eine Kanalisation ist unvorstellbar. Waschräume unter freiem Himmel dienen gegen Bezahlung als Ersatz.

Sabrina Wiesen
Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Neben Chaos und Dreck fand Sabrina Wiesen in Agbogbloshie einen Ort des Lichts und der Hoffnung.

In diesem Moment trifft mich der Gedanke mit voller Wucht: Hier leben Menschen. Kinder. Ich darf später in ein klimatisiertes Hotelzimmer zurückkehren und den Staub von meiner Haut waschen. Die Schwere dieser Erkenntnis legt sich wie ein Gewicht auf unsere ganze Gruppe. Ich merke selbst, wie meine Gesichtszüge erstarren. Ich fühle mich leer.

Und dann passiert das, was mir immer wieder zeigt, warum ich diese Arbeit mache.

Ein Lichtblick mitten im Chaos

Wir treffen unseren Projektpartner Father Subash. Gemeinsam mit Schwester Angelina hat er in einem zweigeschossigen Haus die "City of God" aufgebaut. Hier bekommen rund 60 Kinder täglich eine Mahlzeit, werden medizinisch versorgt und betreut. Ein Ort, der Sicherheit ausstrahlt.

Am nächsten Tag dürfen wir die Eröffnung des neuen Kinderschutzzentrums am Rand der Schrotthalde feiern. Ein Projekt, das missio gemeinsam mit "Ein Herz für Kinder" möglich gemacht hat. Fünf helle, kindgerechte Räume, draußen ein geschützter Spielbereich. Auf den Türen der Räume sind Affen, Tiger und andere Tiere. Mir kommt der Gedanke: "Wie in deutschen Kindergärten und Grundschulen." Ein zufriedenes Lächeln umspielt meine Lippen. Und dann der Moment: Die Kinder stürmen lachend hinein, springen aufs Trampolin, rennen einem Ball hinterher, ohne Angst vor Metallkanten oder Glasscherben. Sie können malen und spielen mit sauberem Spielzeug. In ihren Gesichtern sehe ich, was Hoffnung bewirken kann. Selbst dort, wo die Lebensbedingungen kaum auszuhalten sind.

Ich stehe daneben und könnte vor Glück weinen. In all dem Chaos, Dreck und unserem weggeworfenen Schrott entsteht hier ein Lichtblick, ein Stück Zukunft, das Hoffnung schenkt. Und ich durfte dabei sein.

Von Sabrina Wiesen

Die Autorin

Sabrina Wiesen ist Leiterin des Teams Online-Kommunikation bei missio Aachen.

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Wir sind umgeben von erschütternden Nachrichten.  Krieg, Naturkatastrophen, Flucht und Armut sind nur einige der Themen, die uns tagtäglich bewegen. Menschen und Medien erzählen uns vom Schicksal Einzelner und Vieler. Und alle sind berührend. Da kann man sich schon einmal Gedanken machen, ob es überhaupt in Ordnung ist, noch Weihnachten zu feiern. Ob man sich schuldig fühlen muss, wenn man in Frieden und Freude feiert, während andere leiden. Wir möchten darauf eine Antwort geben: Ja, ist es. Feiert Weihnachten, tragt das Licht dieses besonderen Festes in die Welt! Lasst uns gemeinsam leuchten und andere zum Strahlen bringen. Lasst uns #gemeinsamleuchten – gerade an Weihnachten.