Ein Licht im Chaos: Wie eine junge Mutter nach der Flucht Halt fand
Bei meiner Arbeit in der Öffentlichkeitsarbeit von Caritas international begegne ich immer wieder Menschen und Lebensgeschichten, die mich tief berühren. Eine davon ist die der jungen Mutter Nyamojwok Obac Akany (Foto).
Mit nur 22 Jahren musste Nyamojwok ihr Zuhause im Sudan verlassen, als der Krieg immer näher rückte. Täglich sorgte sie sich um ihr eigenes Leben, aber auch um das ihres Mannes und ihrer kleinen Tochter. Als sie eine Explosion in der Stadt hörte, floh sie überstürzt mit ihrer Tochter Gimsa und einem Baby im Bauch. Ihren Mann musste sie zurücklassen, denn er war noch bei der Arbeit. Über zwei Monate waren sie unterwegs. Zu Fuß, mit Transportern und zuletzt mit Booten über den Nil flohen sie in die Grenzstadt Kodok im Südsudan.
Schwieriger Neustart
In Kodok angekommen, erwartete sie Chaos. Die Stadt, die einst Heimat für 22.000 Menschen war, beherbergte nun fast doppelt so viele. Direkt am Wasser gelegen, wird Kodok regelmäßig überflutet, und bei Regen versinkt die Stadt im Schlamm. In den heißen Sommermonaten trocknet die Sonne den Boden aus, bis er hart und rissig ist. Aufgrund der Wetterextreme haben viele Menschen nicht regelmäßig zu essen. Ein Neustart ist hier alles andere als einfach.
Doch Nyamojwok hatte Glück: Nach all den Strapazen fand sie in Kodok ihre Tante Bakitha Awad Deng, von der sie bisher nur gehört hatte. Bakitha war vor einigen Jahren selbst aus dem Sudan geflüchtet und weiß, was es bedeutet, das eigene Zuhause zu verlieren. Sie nahm Nyamojwok ohne Zögern bei sich auf. Gemeinsam lebten sie auf kleinstem Raum in einer Hütte mit einem kaputten Dach und ohne Tür. Nachts schlief Bakitha im Eingang der Hütte, um ihre Nichte und die Kinder vor unerwünschten Eindringlingen zu schützen.
Obwohl auch Bakitha und ihre Nachbarinnen nicht viel besaßen, teilten sie, was sie hatten. Sie gaben Nyamojwok Halt, versorgten sie mit Essen und spendeten Trost, besonders, weil Nyamojwok immer noch nichts von ihrem Mann gehört hatte.
Halt geben, Raum schaffen: Laura Scherer sieht in Nyamojwoks Geschichte eine Erinnerung an das, worauf es im Miteinander ankommt.
Vor Ort in Kodok kümmert sich die Partnerorganisation von Caritas international, die Ordensschwestern der Daughters of Mary Immaculate (DMI), um die Geflüchteten. Sie kennen die Region gut und wissen, was die Menschen brauchen: Notunterkünfte, Nahrungsmittel sowie medizinische und psychologische Unterstützung.
Dank der DMI-Schwestern erhielt Nyamojwok mit ihrer Tante eine sichere Unterkunft, und ihre Kinder waren endlich in einem geschützten Raum.
Wo kann ich Raum schaffen?
Erschöpft, aber in Sicherheit und getragen von einem starken Netzwerk aus Menschen, die ihr beistanden, brachte Nyamojwok schließlich ihr zweites Kind zur Welt – ein Mädchen namens Judit.
Nyamojwoks Geschichte erinnert mich daran, dass es im Leben und besonders in der Adventszeit auf die Haltung im Herzen ankommt. Wo kann ich Raum schaffen? Wo kann ich jemandem Wärme schenken? Das können große, aber auch kleine Gesten sein. Eine Umarmung, ein "Ich bin für dich da" bewirken oft ganz viel. Das gilt auch umgekehrt: Ich darf Menschen um Hilfe bitten, darf Raum einnehmen und Halt suchen.
Nyamojwoks Geschichte zeigt uns auch: Zuhause ist nicht nur ein Ort. Zuhause, das sind die Menschen, die uns aufnehmen, uns lieben und uns in den dunklen oder chaotischen Momenten des Lebens ein Licht schenken.
Die Autorin
Laura Scherer ist Social-Media-Referentin in der Öffentlichkeitsarbeit bei Caritas international.
Hinweis
Nyamojwoks Geschichte gibt es als liebevoll gestaltetes Kinderbuch und eignet sich besonders zum Vorlesen in der Adventszeit. Hier kann man den Text kostenlos lesen.
Weihnachtsaktion 2025 #gemeinsamleuchten
Wir sind umgeben von erschütternden Nachrichten. Krieg, Naturkatastrophen, Flucht und Armut sind nur einige der Themen, die uns tagtäglich bewegen. Menschen und Medien erzählen uns vom Schicksal Einzelner und Vieler. Und alle sind berührend. Da kann man sich schon einmal Gedanken machen, ob es überhaupt in Ordnung ist, noch Weihnachten zu feiern. Ob man sich schuldig fühlen muss, wenn man in Frieden und Freude feiert, während andere leiden. Wir möchten darauf eine Antwort geben: Ja, ist es. Feiert Weihnachten, tragt das Licht dieses besonderen Festes in die Welt! Lasst uns gemeinsam leuchten und andere zum Strahlen bringen. Lasst uns #gemeinsamleuchten – gerade an Weihnachten.
