Die Erlaubnis zu lieben – ein Leben lang
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Das wichtigste Element unserer Ordensausbildung sind 30 Tage Schweigen. 30 Tage unterwegs mit Gott und der eigenen Menschlichkeit. 30 Tage auf dem Weg an der Seite Jesu – wahrhaftig. Damit die eigene Lebensentscheidung trägt.Es ist Tradition in unserer Gemeinschaft, dass die Mitschwestern einem Karten mitgeben, als Ermutigung und Segen für die Reise. Eine dieser Karten zeigte die Krippe mit Maria, Josef und dem Neugeborenen. Dahinter einen Weg – und am Horizont, am Zielpunkt dieses Weges, die drei Kreuze von Golgatha.
Josef, von dessen vielleicht wichtigstem Element seiner Ausbildung uns das heutige Evangelium des 4. Adventssonntags erzählt, ist ganz am Beginn dieses Weges dargestellt. Während Maria souverän und ganz zugewandt mit dem Kind spielt, hat Josef die Arme um Knie und Oberkörper gelegt, als wollte er sich selbst festhalten in der Erschütterung dieses Moments.Ein Moment, der – folgen wir der Erzählung des Evangeliums – ein paar Monate zuvor in einer einsamen, unruhigen Nacht begann: "Josef, der gerecht war und Maria nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen."
Josef will niemandem weh tun, vor allem Maria nicht. Er wälzt sich im Bett, auf der Suche nach der schmerzfreisten Lösung. Bis sich etwas in ihm löst, er Schlaf zulässt – und seine eigene Wahrheit. "Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist." Was ist, ist gut. Der Weg, auf dem du gehst, ist der richtige. Die Liebe deines Herzens ist wahr. Sie ist vom Heiligen Geist. Josef erwacht. Zitternd und von Herzen froh. Froh, dass er lieben darf: "… und er nahm seine Frau zu sich."
In der Krippendarstellung nun blickt Josef auf das Kind: unentschieden, ehrfürchtig erschrocken angesichts dessen, was ist und was kommen wird. Mysterium tremendum et fascinans – so beschreibt die Religionsphilosophie dieses göttliche Geheimnis, oder wohl besser unsere menschliche Reaktion darauf: Gottes Wirklichkeit in dieser Welt ergreift uns, lässt uns den Atem stocken und unser Herz aufgehen. So scheint Josef in diesem Moment an der Krippe nichtsahnend alles vorherzusehen: In seinen Augen spiegeln sich bereits das Kreuz, die Sorgen des Alltags, die große Angst, Ohnmacht und Staunen. Die Schönheit und die Schrecken des ganzen Weges.
Dieser Josef kann für uns eine Einladung sein, in diesem Jahr die Krippe als den Beginn eines Weges zu verstehen. Als Einladung, uns – wie Gott – dieser Welt auszusetzen. Als Erlaubnis zu lieben. Nicht nur in der Erschütterung des Augenblicks, nicht nur an der Krippe, nicht nur unter dem Kreuz, sondern den ganzen Weg: ein Leben lang.
Evangelium nach Matthäus(Mt 1,18–24)
Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen.
Während er noch darüber nachdachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.
Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Siehe: Die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären
und sie werden ihm den Namen Immánuel geben, das heißt übersetzt: Gott mit uns. Als Josef erwachte,
tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.
Die Autorin
Schwester Elisabeth Muche gehört zur Kongregation der Helferinnen, ist in der Geistlichen Begleitung tätig und arbeitet als Psychotherapeutin in Ausbildung in München.
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