Schwester Jordana Schmidt über das Sonntagsevangelium

Josef der Träumer

Veröffentlicht am 27.12.2025 um 09:40 Uhr – Lesedauer: 
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Schwalmtal-Waldniel ‐ Für Schwester Jordana Schmidt steht fest: Träume können uns helfen, Gott zu hören. Auch Josef hört im heutigen Evangelium die Stimme Gottes in seinen Träumen und vertraut ihr, obwohl er dafür viel aufgeben muss.

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Gott liebt es scheinbar, über Träume zu den Menschen zu reden. In der Bibel gibt es da so einige Beispiele: Jakob mit der Himmelsleiter, Josef im Alten Testament, die Frau des Pilatus, um nur einige zu nennen. Schlaf als ein Zustand der Offenheit himmlischen Botschaften gegenüber. Hingabe und Entspannung als gute Voraussetzungen, Gott zu hören.

Wir sagen ja manchmal vor schweren Entscheidungen "ich schlafe mal eine Nacht darüber". Für mich ist genau diese Hoffnung dahinter: im Traum/Schlaf eine Richtung, eine Antwort zu erhalten. Hier arbeitet das Unterbewusstsein, hier kann auch Gott sprechen. Als kleines Kind habe ich geträumt, ich könne Radfahren – am nächsten Morgen stieg ich aufs Rad und fuhr. Seitdem habe ich ein großes Vertrauen in meinen Schlaf und meine Träume.

Am heutigen Tag der unschuldigen Kinder, geht es um einen Traum, der zumindest EIN Leben rettet. Gott spricht diesmal zu Josef, der in Bethlehem mit Maria über das junge Leben von Jesus wacht. In diesem Evangelium wird nicht von den vielen Kindern berichtet, die Herodes tötet (deswegen auch der Gedenktag der unschuldigen Kinder). Da geht es um die Rettung der "Heiligen Familie" nach Ägypten. Gott zeigt sich Josef gegenüber nicht direkt, so wie er es bei Maria macht. Bei ihr steht der Engel im Zimmer, Josef träumt von ihm. Aber beide vertrauen den Weisungen, die sie erhalten. Und für beide geht es um Großes. Josef soll einen bis dahin sicheren Ort verlassen. Und nicht nur das, sogar seinem Heimatland soll er den Rücken kehren. Ein großer Schritt voller Vertrauen, getragen von dem Wunsch, dem Sohn Gottes Schutz zu geben – egal wie viel es verlangt. Auch die Rückkehr aus Ägypten folgt einem göttlichen Hinweis im Schlaf. Josef, der Mann der Gott so tief vertraut, dass er auch im Schlaf seine Botschaft hört, versteht und umsetzt.

Bei uns, den Dominikanerinnen von Bethanien, wird in jedem neu errichteten Konvent eine Josefstatue aufgestellt. Er zieht sozusagen als erster in den Konvent ein. "St. Josef sorg" höre ich dann von meinen älteren Mitschwestern, im tiefen Glauben, dass der heilige Josef auch unser Wohlergehen unterstützt. Er sorgt für Sicherheit, Schutz und irgendwie auch für die Finanzen, so die Überzeugung. Eine schöne Tradition, die sich genau aus diesen Erzählungen der Evangelien speist.

Ich wünsche uns die Gelassenheit und das Vertrauen, dass wir für Himmelsbotschaften nichts leisten müssen. Sie kommen manchmal im Schlaf.

Evangelium nach Matthäus (Mt 2,13-15. 19-23)

Als die Sterndeuter wieder gegangen waren, siehe, da erschien dem Josef im Traum ein Engel des Herrn und sagte:

Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten.

Da stand Josef auf und floh in der Nacht mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten. Dort blieb er bis zum Tod des Herodes. Denn es sollte sich erfüllen, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.

Als Herodes gestorben war, siehe, da erschien dem Josef in Ägypten ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und zieh in das Land Israel; denn die Leute, die dem Kind nach dem Leben getrachtet haben, sind tot.

Da stand er auf und zog mit dem Kind und dessen Mutter in das Land Israel. 

Als er aber hörte, dass in Judäa Archeláus anstelle seines Vaters Herodes regierte, fürchtete er sich, dorthin zu gehen. Und weil er im Traum einen Befehl erhalten hatte, zog er in das Gebiet von Galiläa und ließ sich in einer Stadt namens Nazaret nieder.

Denn es sollte sich erfüllen, was durch die Propheten gesagt worden ist: Er wird Nazoräer genannt werden.

Die Autorin

Schwester Jordana Schmidt OP ist gelernte Familientherapeutin und Diplom-Heilpädagogin. Seit 1994 gehört sie den Dominikanerinnen von Bethanien an. Von 2002 bis 2012 arbeitete sie als Erziehungsleiterin im Bethanien Kinderdorf in Schwalmtal-Waldniel und war zwischen 2012 und 2020 Kinderdorfmutter. Heute lebt sie als SPLG Mutter (Sozialpädagogische Lebensgemeinschaften) mit zwei Kindern in Krefeld. Momentan sie ist mehrmals im Jahr im Radio bei "Kirche im WDR" zu hören. Ihre Bücher "Auf einen Tee in der Wüste" und "Ente zu verschenken" waren wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste.

Ausgelegt!

Als Vorbereitung auf die Sonntagsmesse oder als anschließender Impuls: Unser Format "Ausgelegt!" versorgt Sie mit dem jeweiligen Evangelium und Denkanstößen von ausgewählten Theologen.