"Kein Platz für Sklaverei und Barbarei"
Leo XIII. (1878-1903) erinnert daran, dass jedes Jahr mehr als 400.000 Afrikaner in die Fremde verschleppt, misshandelt und wie Vieh verkauft würden. Er betont, dass Sklaverei und Menschenliebe nichts gemeinsam haben könnten. Wo immer christliche Moral herrsche und christliche Gesetze gälten, wo Religion gewährleiste, dass Menschen der Gerechtigkeit dienten und die Menschenwürde achteten, wo es brüderliche Nächstenliebe gebe, dort gebe es weder Platz für Sklaverei noch für Barbarei.
Zugleich betont Leo XIII., dass für Zentralafrika Missionare gebraucht würden, die das Christentum in einem Geist wahrer Freiheit verkünden. Ihr gutes Vorbild könne dann auch jene bekehren, die im Sumpf eigener Hybris und Elendigkeit feststeckten. Zwei Jahre zuvor hatte das damalige Kaiserreich Brasilien als letzte westliche Großmacht die Sklaverei offiziell abgeschafft. 1834 waren Großbritannien, 1848 Frankreich und 1865 die USA vorangegangen - und doch bestand das Phänomen in vielen Spielarten fort.
Grausame Szenen in Belgisch-Kongo
Die Gräueltaten des belgischen Königs Leopold II., der den Kongo von 1885 bis 1908 als Privatbesitz ausplünderte, waren zum Zeitpunkt der Enzyklika noch nicht allgemein bekannt. Unter seiner Knute wurde das rohstoffreiche Land so gnadenlos wie planvoll ausgebeutet. Ganze Dorfgemeinschaften wurden zu Zwangsarbeit im Dschungel verpflichtet. Wer sein Soll nicht erfüllte, erhielt drakonische Strafen; glücklosen oder aufsässigen Arbeitern wurden die Hände abgehackt. Derartige Zustände riefen damals die ersten Menschenrechtsaktivisten auf den Plan.
Bereits etwa 350 Jahre vor Leo XIII., 1537, hatte Paul III. als erster Papst die Stimme gegen Menschenhandel erhoben. In seiner Bulle "Sublimis Deus" verbot er jede Form von Sklaverei. Damals gingen die Entdeckung und Unterwerfung der "Neuen Welt" und ihrer Ureinwohner einher mit Praktiken, die heute als schwerste Menschenrechtsverletzungen gewertet werden. Die spanische und die portugiesische Krone wollten schnelles Gold, und auch die adligen Kolonialherren und westlichen Abenteurer wünschten sich möglichst rasch zu bereichern. Was lag näher als Zwangsarbeit und Versklavung der indigenen Bevölkerung, die man qua technischer Überlegenheit eh als minderwertig anzusehen bereit war.
Zwar stand "die Kirche" - also auch jene Christen, die dort an vorderer Front agierten - allzuoft aufseiten der Unterdrücker. Und es gab auch noch in späteren Jahrhunderten Bischöfe und Klöster, die sich selbst Sklaven hielten. Doch bereits zu Beginn gab es in Lateinamerika wichtige Stimmen, die sich vehement gegen zivilisatorische Hybris stemmten und der christlichen Mission ein menschliches Gesicht zu geben versuchten. Der wohl bekannteste ist der Dominikaner Bartholome de Las Casas (1484/85-1566).
Paul III.: Auch "Indianer" sind "wirkliche Menschen"
"Sublimis Deus" war ein Meilenstein des kirchlichen Einsatzes für die Menschenrechte. Paul III. bestand auf der Freiheit der "Indianer" und erklärt alle Versklavung für ungesetzlich. Wie alle Völker der Erde seien die Indios "wirkliche Menschen". Als solchen dürfe man ihnen nicht Freiheit und Besitz rauben. Den Interessen der Siedler freilich lief eine solche Brüderlichkeit unter den Kindern Gottes zuwider, und fern von Rom war es ein Leichtes, sie zu unterlaufen. Schwer wog in folgenden Jahrhunderten die immer weiter verbreitete Praxis, anstelle einer Versklavung der Indios zu Hunderttausenden Negersklaven aus Afrika zu importieren und in Amerika zu verheizen - eine Alternative, die übrigens vor genau 500 Jahren, 1515, auch noch de Las Casas befürwortete.
Wenn auch die Bulle Pauls III. und die Enzyklika "Catholicae Ecclesiae" Leos XIII. allzu oft missachtet wurden: Sie blieben Ankerpunkte, an denen christliche Missionare zur Verteidigung der Menschenrechte festmachen konnten.