"Garantin der Freiheit der Religionen"
"Ich werde es immer ernst nehmen, wenn sie ihre Sorgen zum Antisemitismus zum Ausdruck bringen", sagte Merkel. Die Auszeichnung sei für sie eine große Ehre sowie Ansporn und Verpflichtung zugleich, sich weiter für das Zusammenleben der Kulturen und Religionen in Deutschland einzusetzen.
Es sei eigentlich ein Wunder, dass es in Anbetracht der deutschen Geschichte wieder ein so vielfältiges und reiches jüdisches Leben in Deutschland gebe, so die Kanzlerin. Auch alle Asylsuchenden, die nach Deutschland kämen und blieben, müssten die deutschen Rechte und Werte anerkennen, darunter auch "die Absage an jede Form von Antisemitismus". Zugleich räumte die Kanzlerin ein, dass die Integration keine einfache Aufgabe sei. "Integration braucht Zeit und Geduld." Sie biete aber zugleich eine große Chance und sei an sich nichts Negatives, sagte Merkel weiter.
Anwachsen des Antisemitismus befürchtet
Mitglieder der jüdischen Gemeinden hatten zuletzt Bedenken geäußert, mit dem Zuzug von Flüchtlingen aus arabischen Ländern könnte der Antisemitismus in Deutschland zunehmen. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte bei der Verleihung noch einmal, in den jüdischen Gemeinden gebe es die - aus seiner Sicht berechtigte - Sorge, die Flüchtlinge könnten die Judenfeindlichkeit mitbringen, die in ihren Heimatländern zum Alltag gehöre. Zugleich bedankte sich Schuster für die Unterstützung und den Rückhalt der Kanzlerin. "Sie lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie die besondere Verantwortung Deutschlands für Israel sehr ernst nehmen."
Unter den Gästen waren neben Botschaftern, Politikern und Vertretern aus Kultur und Gesellschaft auch zahlreiche Vertreter der christlichen Kirchen, darunter der Apostolische Nuntius in Deutschland, Nikola Eterovic, sowie Vertreter muslimischer Verbände. Die Laudatio hielt der Religionssoziologe und Professor an der Georgetown University, Jose Casanova.
Auszeichnung für Verdienste um das Judentum
Den mit 10.000 Euro dotierten Preis vergibt das Abraham-Geiger-Kolleg alle zwei Jahre für Verdienste um das Judentum. Die Ausbildungsstätte für Rabbiner ist ebenso wie ihre Auszeichnung nach dem Rabbiner Abraham Geiger (1810-1874) benannt, der als Vordenker des Reformjudentums gilt. Das Kolleg ist nach eigenen Angaben die erste akademische Ausbildungsstätte für Rabbiner und Kantoren in Deutschland seit dem Holocaust. Frühere Träger des Abraham-Geiger-Preises sind unter anderen die derzeitige deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl, Annette Schavan, sowie Kardinal Karl Lehmann und der Theologe Hans Küng. (stz/dpa/KNA)