Drei Kardinäle auf einmal
Josef Frings
Der Kölner Kardinal Josef Frings (1887-1978) gehört zu den prägenden Gestalten der deutschen Nachkriegskirche. Als volksnaher Fürsprecher der Not leidenden Bevölkerung, Flüchtlinge und Kriegsgefangenen gegenüber den Besatzungsbehörden hatte er eine außergewöhnliche Rolle in der Zeit des Wiederaufbaus. Beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) gestaltete er wichtige Vorgänge entscheidend mit.
Geboren wurde Frings am 6. Februar 1887 als zweites von acht Kindern einer wohlhabenden Neusser Fabrikantenfamilie. Bereits 1910 erhielt er mit Sondergenehmigung das Sakrament der Priesterweihe. Nach jahrelanger Tätigkeit als Religionslehrer, Leiter eines Waisenhauses und Pfarrseelsorger, während der er auch den späteren Bundeskanzler Konrad Adenauer kennenlernte, wurde der engagierte Geistliche 1937 zum Rektor des Priesterseminars in Bensberg ernannt. Dieses leitete er unter den Repressalien der Nationalsozialisten, bis er 1942 überraschend zum Kölner Erzbischof ernannt wurde.
Gründer zweier großer Hilfswerke
Frings wandte sich öffentlich gegen die nationalsozialistische Judenverfolgung, die er als "himmelschreiendes Unrecht" bezeichnete. Nach dem Krieg unterstützte er die "Stille Hilfe", die sich der Not der Kriegsgefangenen und Internierten annahm. Papst Pius XII. ernannte ihn zum Beauftragten für Flüchtlingsfragen und später zum Kardinal. Berühmt wurde seine 1946 gehaltene Silvesterpredigt, in der er mit Blick auf die schlechte Versorgungslage den Diebstahl von Kohle und Lebensmitteln erlaubte. Als "Fringsen" hat sich dieses Stehlen für den Eigenbedarf in der deutschen Sprache verewigt.
Von 1945 bis 1965 war Frings Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenz. Er begründete die Partnerschaft der Diözesen Tokio und Köln sowie die katholischen Hilfswerke "Misereor" (1959) und "Adveniat" (1961). Beim Zweiten Vaticanum zog er den jungen Theologen Joseph Ratzinger, den späteren Papst Benedikt XVI., zu Rate. In dem konservativen und frommen Kardinal Frings, der gleichzeitig nicht vor den Reformaufgaben zurückschreckte, sah Papst Johannes XXIII. einen Verwandten im Geiste.
1969 nahm Paul VI. den altersbedingten Rücktritt des beliebten Kölner Erzbischofs an. Zuletzt völlig erblindet, starb Frings am 17. Dezember 1978 mit 91 Jahren in Köln.
Clemens August Graf von Galen
Clemens August Graf von Galen wurde am 16. März 1878 im oldenburgischen Kreis Vechta auf Burg Dinklage als elftes von dreizehn Kindern in das Adelsgeschlecht geboren. Nach seinem Abitur studierte er Philosophie, Geschichte und Literatur in Freiburg in der Schweiz. Während einer dreimonatigen Italienreise reifte in ihm der Wunsch, Priester zu werden.
Er begann das Studium der Theologie und erhielt am 28. Mai 1904 in Münster die Priesterweihe. Nachdem er 23 Jahre als Seelsorger in Berlin und vier Jahre als Pfarrer von St. Lamberti in Münster gewirkt hatte, wurde er mit 55 Jahren zum Bischof von Münster geweiht. Seinem Wahlspruch "Nec laudibus nec timore" (Weder Menschenlob noch Menschenfurcht) wurde er in seiner Amtszeit, die in die Jahre des nationalsozialistischen Regimes fiel, immer wieder gerecht.
Bereits 1934 wandte von Galen sich in einem ersten Osterhirtenbrief gegen die Ideologie der Nationalsozialisten. Ihr Bekenntnis zum sogenannten positiven Christentum bezeichnete er als "Täuschung der Hölle". Im gleichen Jahr kritisierte er offen die pseudo-germanische Weltanschauung des NS-Chefideologen Alfred Rosenberg. Von Galen sprach sich zudem deutlich gegen die leise Diplomatie vieler Bischöfe aus und wirkte vermutlich an der Enzyklika "Mit brennender Sorge" mit, in der Papst Pius XI. die NS-Politik verurteilte. Sonderdrucke dieses päpstlichen Schreibens ließ der Bischof in seiner Diözese verteilen.
Eine Frage ist bis heute ungeklärt
Weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt wurde der "Löwe von Münster" 1941, als er öffentlich auf der Kanzel gegen die Vertreibung von Ordensleuten, die "Wehrlosigkeit deutscher Staatsbürger gegenüber der Geheimen Staatspolizei" und die verbrecherische Praxis der nationalsozialistischen "Euthanasie"-Programme protestierte. Die heimlich vervielfältigten Predigten riefen im Inland und Ausland ein großes Echo hervor. Doch Hitler wagte es nicht, den Bischof vor ein Kriegsgericht zu stellen und hinrichten zu lassen.
Nach Kriegsende wurde Galen zum Fürsprecher der Bevölkerung gegenüber den Besatzungsmächten. Den Begriff einer "Kollektivschuld" des deutschen Volkes lehnte er ab. Am 23. Dezember 1945 wurde Bischof Clemens August Graf von Galen von Papst Pius XII. zum Kardinal ernannt. Nur einen Monat nach seiner Rückkehr starb er am 22. März 1946. Am 9. Oktober 2005 wurde er in Rom selig gesprochen. Unklar ist bis heute, warum der Bischof nicht öffentlich gegen die Judenverfolgung protestierte.
Konrad Graf von Preysing
Konrad Graf von Preysing wurde am 30. August 1880 als viertes von elf Kindern einer alten bayerischen Adelsfamilie auf Schloss Kronwinkl bei Landshut geboren. Nach seinem Jurastudium arbeitete er zunächst für den bayrischen Staat in Rom, bevor seine Entscheidung für das Priesteramt fiel. Er studierte Theologie und Philosophie und empfing schließlich 1912 die Priesterweihe.
Als Sekretär des volksnahen Münchener Erzbischofs Franziskus von Bettinger sowie als Domprediger lernte von Preysing sowohl die kirchliche Verwaltung als auch die Seelsorge kennen. Bald entdeckte Nuntius Eugenio Pacelli, der spätere Pius XII., seine vielseitige Begabung und zog ihn als Ratgeber heran. Als Papst Pius XI. Preysing 1932 zum Bischof von Eichstätt ernannte, wurde er für Pacelli, inzwischen Kardinalstaatssekretär, der wichtigste Vertrauensmann unter den deutschen Bischöfen.
"In Händen von Verbrechern und Narren"
Unrecht und Terror der nationalsozialistischen Diktatur bestimmten nachhaltig das Wirken Preysings. Früher als andere, bereits im Januar 1933, hatte er das Regime charakterisiert: "Wir sind in den Händen von Verbrechern und Narren." Am 5. Juli 1935 ernannte Papst Pius XI. den 55-jährigen von Preysing zum Bischof von Berlin. Er war erst der dritte Bischof in der kurzen Geschichte des 1930 gegründeten Bistums. Als Pressereferent der Bischofskonferenz setzte er sich entschieden, letztlich aber vergeblich für den Schutz der katholischen und kirchlichen Presse ein.
In Briefen und Eingaben an die NS-Behörden, in Kanzelverkündigungen und Hirtenworten erhob der Berliner Bischof seine Stimme. Die nationalsozialistischen Machthaber hatten schon bald nach Preysings Übernahme des Bischofsamtes in Berlin in dem neuen Hirten einen gefährlichen Gegner erkannt. Die "Abrechnung" mit ihm und mit Bischof Galen von Münster hatten sie bereits geplant: für die Zeit nach dem sicher geglaubten "Endsieg".
Die am 23. Dezember 1945 bekannt gegebene und weltweit beachtete Kardinalsernennung von Preysings durch Papst Pius XII. war eine Würdigung seines Einsatzes gegen die menschenverachtende nationalsozialistische Ideologie. Am 21. Dezember 1950 starb Konrad Kardinal Graf von Preysing 70-jährig in Berlin. Sein Grab befindet sich in der Unterkirche der St. Hedwig-Kathedrale, im Zentrum der wiedervereinten Stadt. (mit Material von KNA)