Wie Weihnachtstraditionen in Familien gepflegt werden

Schöne Bescherung

Veröffentlicht am 21.12.2012 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Weihnachtstraditionen

Bonn ‐ Die besinnlichen Tage zwischen Weihnachten und Neujahr haben schon manchen um die Besinnung gebracht“, sagt der Lyriker Joachim Ringelnatz. Gerade wenn es um Weihnachten geht, hat jede Familie ihre eigenen Rituale, die jedes Jahr aufs Neue zelebriert werden müssen – ob für andere nachvollziehbar oder nicht.

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Wer wem die geringelten Stricksocken schenkte oder wer die Reinhard-May-CD unter den Tannenbaum gelegt hat, weiß man Jahre später selten. Aber an die Weihnachtstraditionen erinnern sich Jung und Alt. Katholisch.de hat das Lametta vom Baum gepflückt und einige Mitarbeiter des Katholischen Medienhauses gefragt, wie die Weihnachtstraditionen in ihren Familien aussehen.

Mutterns Hühnersuppe

"Ein Weihnachtsfest ohne 'Mutterns' Hühnersuppe ist so undenkbar, wie umgekehrt selbige Suppe im Sommer. Stünde sie zu einer anderen Jahreszeit auf dem Herd und verbreitete ihren kraftvollen Duft durch das Haus, müsste man sofort einen Baum schlagen oder Lichterketten in die sonnendurchflutete Gartenbegrünung praktizieren. Seit Familiengedenken brodelt die Suppe im großen Hordentopf durch die Feiertage und alle Generationen wurden und werden auch heute noch damit versorgt. Mit Mutterns Hühnersuppe fütterte die Uroma zunächst den jüngsten Zuwachs, in den Jahren darauf schließlich der Nachwuchs die Uroma."

Peter Philipp

Teppichklopfer im Christbaum

"Vielleicht geht es Ihnen genauso wie mir, aber Weihnachtserinnerungen aus der Kindheit sind die schönsten. Damals war der Lebkuchenduft immer vermischt mit einem ganz besonderen Zauber. Das Warten auf die Bescherung hatte jedoch in unserer Familie noch einen weiteren nervenkitzelnden Aspekt: Jedes Jahr wurde aufs Neue die Geschichte erzählt wie einst unser Opa, als er noch ein Kind war, einen Teppichklopfer (in meiner tirolerischen Heimat auch "Bragger" genannt) hängend im Christbaum vorfand. Der Legende nach hatte mein Opa in diesem Jahr auch sonst keine Geschenke bekommen, da er im Vorfeld wohl zu schlimm gewesen war. Der Tradition nach würde das Christkind eben dann nur einen Teppichklopfer in den Baum hängen. Kaum hatte sich diese Geschichte in die Köpfe der Jüngsten in unserer Familie gebrannt, wurde sie gerne dazu verwendet, den Lärmpegel der wartenden Kinder am Heiligen Abend zu dimmen.

Jahre später erlebte ich, wie für meinen jüngsten Cousin ein Bragger im Baum hing. Obwohl er zusätzlich doch auch noch Genschenke bekam, war der Effekt enorm. Er war das artigste Kind bis zum Dreikönigsfest am 6. Januar."

Gregory McKenzie Elson

Brasilianische Temperaturen im Wohnzimmer

"Bei uns gibt es deutsch-brasilianische Weihnachten: Bescherung erst um Mitternacht, so wie es in Brasilien üblich ist. Vorher kommt die Familie am Tisch zusammen und es wird ausführlich getafelt, geredet und Musik gehört. Danach setzt sich die Oma ans Klavier und spielt Weihnachtslieder. Mitsingen ist Pflicht. Die Heizung wird auf Anschlag gedreht, damit alle so rumlaufen können, als würden sie zum Strand gehen. Am 1. Weihnachtsfeiertag gehen wir in den Gottesdienst, denn auf dem Programm steht Gospelchor!"

Astrid Prange de Oliviera

Löwe unterm Weihnachtsbaum

"So lange ich mich erinnern kann, fand bei uns die Bescherung im Keller statt. Ungewöhnlich, aber in der Wohnküche hätte man die Geschenke sofort gesehen. Nach dem traditionellen Gang in die Kindermesse, wurde bei Kerzenschein des Adventkranzes und des Weihnachtsbaumes dann nochmal die Weihnachtsgeschichte vorgelesen. Auch Weihnachtslieder durften nicht fehlen. Die Vorfreude auf die Geschenke war zwar kaum mehr zu bändigen, aber das Singen gehörte dazu. Endlich gaben Mama und Papa den Startschuss und wir flitzten zur Kellertür – wie jedes Jahr warnte mein Vater vor dem Löwen, der angeblich die Geschenke bewache. Und wie jedes Jahr wurde das mutigste Geschwisterkind vorgeschubst - wer weiß, was da unten im Keller wirklich lauerte! Doch außer den heiß ersehnten Geschenken war zum Glück nichts zu sehen. Nachdem Die Gaben hektisch unter Jubel und Gelächter ausgepackt waren, wurden die neuen Schätze nach oben getragen und das neue Spielzeug ausprobiert.

Heute liegen die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum im Wohnzimmer, wir sind alt genug, um auch das Weihnachtsessen zu genießen, bevor es ans auspacken geht. Und Mama und Papa können entspannt sein, während die Kinder das Weihnachtsessen zaubern. Statt in die Kindermesse geht es um Mitternacht in die Christmette. Der Löwe zu Weihnachten bleibt ein Familiengeheimnis."

Barbara Mayerhofer

Türstopper gegen neugierige Nasen

"Als unsere Kinder klein waren, haben wir immer am 23. abends den Baum geschmückt, die Krippe aufgebaut und das ganze Wohnzimmer fertig vorbereitet, sobald die Kinder im Bett waren. Die Folge war, dass wir am 24. dann auch nicht mehr ins Esszimmer konnten und deshalb zum Frühstück und zum Mittagessen ins Kinderzimmer im ersten Stock ausweichen mussten. Etwas aufwändig, aber das gehörte einfach dazu. Und für die Kinder war es auch eine spannende Sache, dass den gesamten Heiligabend schon der untere Bereich versprerrt war. Später wurde dann auch ein Tuch von innen über die Türklinke gehängt, damit findige kleine Spürnasen beim Blick durchs Schlüsselloch nichts sehen konnten! Erst als wir dann nach dem Krippenspiel oder der Kinderchristmette bei Kaffee, Kakao und selbstgebackenen Plätzchen oben saßen und Weihnachtslieder hörten, klingelte irgendwann plötzlich unten ein Glöckchen, und dann stürmten alle ins festliche Wohnzimmer, wo auf wundersame Weise auch schon die Kerzen brannten – natürlich immer echte und keine Lichterketten.

Heute sind unsere Kinder 19, 16 und fast 13 – aber sie bestehen darauf, dass wir diese Tradition beibehalten. Auf das Krippenspiel wird verzichtet, denn längst spielen alle drei mit der Bigband in der nächtlichen Christmette. Eine weitere Tradition darf ebenfalls nicht fehlen: Das alljährliche Selbstauslöser-Weihnachtsfoto vor dem Tannenbaum. Es dokumentiert inzwischen eindrucksvoll, wie wir uns Jahr für Jahr verändern und wie uns die Kinder über den Kopf wachsen."

Gottfried Bohl

Plätzchenrausch an Heiligabend

"Jedes Jahr an Heiligabend verschwindet mein Vater nach dem Abendessen im Keller. Dort befüllt er die weiße Plätzchendose aus Porzellan mit Schokoladen- und Haferflockenmakronen, Butterplätzchen, Ingwerstäbchen. Kaum hat er die Dose bei uns im Wohnzimmer auf den Tisch gestellt, fallen wir buchstäblich über die Leckereien her und vernichten sie. Für den Heißhunger gibt es einen Grund: VOR dem 24.12. gibt es bei uns keine Plätzchen. An dieser Tradition halten meine Eltern eisern fest. Früher mussten wir Kinder laut pfeifen oder singen, wenn wir vor den Festtagen in den Vorratskeller geschickt wurden. Wer still war, hatte sich sofort verraten.

Was meinem unersättlichen Kindermagen früher sehr recht war, bereitet mir heute manchmal Probleme: Schließlich ist die ganze Adventszeit prall gefüllt mit Weihnachtsfeiern, Kaffeekränzchen und Weihnachtsmarktbesuchen, bei denen Lebkuchen, Dominosteine und Printen angeboten werden. Um nicht als Kugel ins neue Jahr zu starten, habe ich mir seit einigen Jahren eine Lösung überlegt – zumindest theoretisch: Ich halte mich in der Adventszeit zurück und mache sie zu meiner persönlichen Fastenzeit. Praktisch ist das mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg gekrönt, hat aber einen Effekt: Die Vorfreude auf den Heiligen Abend zu Hause und die gefüllte Plätzchendose ist groß. Auch dieses Jahr."

Gabriele Höfling