Bischof von Galen predigte 1941 gegen Euthanasie

Der "Löwe von Münster"

Veröffentlicht am 27.01.2016 um 17:40 Uhr – Von Johanna Heckeley – Lesedauer: 
Prangerte die Euthanasie an: Münsters Bischof von Galen.
Bild: © KNA
NS-Opfer-Gedenktag

Berlin/Münster ‐ Ist das Recht zu leben daran geknüpft, ob man produktiv ist? Mit dieser Frage protestierte Clemens August Graf von Galen, Bischof von Münster, 1941 in seiner Predigt gegen die systematischen Morde der Nationalsozialisten. Ein Rückblick zum Gedenktag.

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Doch gegen die systematischen Morde der Nationalsozialisten an körperlich und geistig beeinträchtigten Menschen gab es schon im Dritten Reich Proteste: Bekannt wurden unter anderem die Predigten von Clemens August Graf von Galen, der von 1933 bis 1945 Bischof von Münster war.

"Hast du, habe ich nur solange das Recht zu leben, solange wir produktiv sind, solange wir von anderen als produktiv anerkannt werden?", predigte er am 3. August 1941 in der Kirche St. Lamberti. Zuvor hatte er von kranken "Pfleglingen" berichtet, die aus Heil- und Pflegeanstalten abtransportiert werden. Kurz darauf hätten Angehörige den Tod der Kranken mitgeteilt bekommen, die Leiche sei bereits eingeäschert. "Wenn einmal zugegeben wird, dass Menschen das Recht haben, unproduktive Mitmenschen zu töten, dann ist der Mord an uns allen, wenn wir alt und altersschwach und damit unproduktiv werden, freigegeben. Dann ist keiner von uns seines Lebens mehr sicher."

Der Hammer und der Amboss

Dieser obgleich nur als Vermutung geäußerte Vorwurf der Euthanasie war bereits die dritte Predigt von Clemens August Graf von Galen, in der der Bischof die kirchen- und menschenfeindliche Politik der Nationalsozialisten anprangerte: Am 13. Juli 1941 hatte er aufgegriffen, dass am Vortag die Niederlassungen der Jesuiten und der Missionsschwestern von der Unbefleckten Empfängnis aufgelöst, die Ordensmänner und –frauen vertrieben und die Häuser durch die Gestapo beschlagnahmt wurden. "Keiner von uns ist sicher, und mag er sich bewusst sein, der treueste, gewissenhafteste Staatsbürger zu sein", sagte er und forderte Gerechtigkeit. Eine Woche später, am 20. Juli, berichtete er von weiteren Beschlagnahmungen und zog den Vergleich von Hammer und Amboss: Die Katholiken seien der Amboss, der zwar den Schlägen des Hammers ausgesetzt sei, der aber, wenn er nur "hinreichend zäh, fest, hart" ist, am Ende länger aushalte als der Hammer.

Der Protest des Bischofs, der ihm den Spitznamen "Löwe von Münster" einbrachte, fand weite Verbreitung – und zeigte Wirkung: Ende Juli 1941 wurde die "Aktion T4", die Tötung Kranker und Behinderter, in den sechs Tötungsanstalten Grafeneck, Brandenburg, Hartheim, Sonnenstein, Bernburg und Hadamar eingestellt. Die Beschlagnahmungen der Klöster fanden ein Ende – auch wenn es weiterhin Enteignungen von Ordensgemeinschaften gab. Das war nur ein scheinbares Nachgeben der Nationalsozialisten: Nach ihrem Plan hätte die Abrechnung mit der Kirche nach dem "Endsieg" folgen sollen.
(mit Material von KNA)

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Der Bischof von Münster war nicht der einzige Geistliche, der öffentlich seine Stimme gegen die Nationalsozialisten erhob.
Von Johanna Heckeley