"War noch nie so in Sorge um Europa wie jetzt"
Er beobachte einen Trend zur Renationalisierung, der bereits in der Euro-Krise begonnen habe, konstatierte Marx, der auch Präsident der EU-Bischofskonferenzen ist. Mit Nachdruck bekannte er sich zu Europa als einem Projekt, das die Christen unterstützen. Zu den Spannungen mit Polen erklärte der Münchner Kardinal, er glaube nicht, dass die deutsch-polnische Partnerschaft zerbrechen werde. Die Verantwortlichen in Deutschland und Polen müssten miteinander reden und nicht übereinander. Marx äußerte sich bei einer Veranstaltung der Katholischen Akademie in Berlin.
In der Flüchtlingskrise mahnte Marx, eine Grenzmauer zwischen Arm und Reich wie die zwischen den USA und Mexiko dürfe es um Europa nicht geben. Jeder, der nach Europa komme, habe ein Recht auf menschenwürdige Behandlung und auf ein faires Verfahren. Von der großen Koalition erwarte er, dass sie sich in dieser Frage zusammenraufe und der Bevölkerung erkläre, dass man Schritt für Schritt zu einer Lösung kommen werde.
Bistümer müssten stärker in zentrale Aufgaben investieren
Der Vorsitzende äußerte sich auch zu innerkirchlichen Themen. Er kritisierte, dass die finanzielle Kluft zwischen den Eigenaktivitäten der Bistümer und den zentralen Aufgaben der Kirche in Deutschland wachse. Man müsse aber auch in zentrale Aufgaben investieren. Dazu zählten Projekte wie die Katholische Universität sowie die stärkere Präsenz der katholischen Kirche in Berlin. Mit Blick auf Papst Franziskus erklärte Marx, das Lehrschreiben zu Ehe und Familiewerde bereits in wenigen Wochen kommen. Die Bischofssynode dazu hatte im Oktober in Rom getagt.
Zurückhaltung zeigte Marx beim Thema TTIP. Ob das geplante Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA noch in der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama zustande komme, sei ungewiss. Auf Ebene der Kirche strebe man zu TTIP ein gemeinsames Hirtenwort der amerikanischen und der europäischen Bischöfe an. (KNA)