Luxus-Neubauten bedrohen die Friedrichswerdersche Kirche in Berlin

"Zerstörung mit Ansage"

Veröffentlicht am 06.02.2016 um 09:32 Uhr – Von Nada Weigelt (dpa) – Lesedauer: 
Architektur

Berlin ‐ Die Friedrichswerdersche Kirche im Zentrum Berlins ist die einzige noch ganz erhaltene Kirche des preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel. Bald ist sie voll hinter Luxusbauten verschwunden - und vermutlich noch beschädigter als ohnehin.

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"Wir haben wieder neue Risse an verschiedenen Stellen, es ist ein Trauerspiel", sagt Pfarrer Frielinghaus. Bisher sei die Ursache noch nicht ermittelt, das müssten nun die Experten klären. "Und ich befürchte, dass das Eigentliche noch bevorsteht, wenn die Baugrube ausgehoben wird. Dann kommt's zum Schwur", so der Gemeindevorsteher.

Klaffende Risse in den Gewölben

Die oberste Kirchenleitung hatte, gestützt auf ein Gutachten, schon im vergangenen Herbst Alarm geschlagen. Das neue Projekt werde "sicher erneut zu vergleichbaren Schäden" führen wie bei den sogenannten Kronprinzengärten an der Westseite, hieß es. Damals hatten die Erschütterungen beim Bau der Tiefgaragen klaffende Risse in den Gewölben verursacht, der Putz fiel von der Decke, Fensteröffnungen verformten sich.

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Die Friedrichswerdersche Kirche in Berlin gilt als Schlüsselwerk des preußischen Stararchitekten Karl Friedrich Schinkel. Doch nun verursacht ein nur wenige Meter entfernter Neubau große Schäden. Die evangelische Kirche protestiert.

Die Kirche, seit 1987 nach einer millionenschweren Sanierung von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Ausstellungsraum genutzt, wurde geschlossen, die dort gezeigten Skulpturen mussten in Sicherheit gebracht werden. Zwar kam der Investor für die Reparaturen auf, doch ließen sich der Kirche zufolge bleibende Schäden nicht verhindern. Bis heute ist der gesamte Kirchenraum mit einem riesigen Gerüst abgestützt.

Der Bauherr des neuen Projekts wollte sich auf Anfrage aktuell nicht äußern. In einer früheren Stellungnahme hatte die Frankonia Eurobau jedoch betont, sie sei sich ihrer großen Verantwortung bewusst, man habe entsprechende Lehren gezogen. "So sind die Bauarbeiten deutlich erschütterungsärmer und die Schlitzwände zur Sicherung des Untergrundes sind deutlich stabiler als auf der Westseite", hieß es.

Auch die Senatsbauverwaltung verweist darauf, dass die vom Denkmalschutz geforderten Mess- und Überwachungssysteme installiert worden seien. Eine Sprecherin: "Beim Erreichen der Schwellenwerte ist eine Unterbrechung der Baumaßnahmen vorzunehmen, um weitere Schäden frühzeitig zu vermeiden sowie die möglicherweise eingetretenen Schäden zu begutachten und gegebenenfalls erforderliche Konsequenzen einzuleiten."

Bild: ©KNA

Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) war einer der wichtigsten preußischen Baumeister.

Allerdings machen vielen Denkmalschützern nicht nur Risse und Erschütterungen Sorgen, sondern auch die Veränderungen im Stadtbild. Denn die Kirche, der einzige noch ganz erhaltene Sakralbau des königlich-preußischen Hofbaumeisters Karl Friedrich Schinkel (1781-1841), wird zwischen den fünf- bis siebengeschossigen, nur wenige Meter entfernten Luxusbauten fast verschwinden.

"Hier wird ein Berliner Kleinod kaputtgemacht"

Baustaatssekretär Christian Gaebler (SPD) sprach in seiner Antwort auf eine Grünen-Anfrage von einer "Wiedergewinnung der historisch kleinteiligen, dicht bebauten Blockstruktur". Tatsächlich zeigt ein originalgetreues Modell der Stadt im Informationszentrum Humboldtbox, dass auch früher schon Wohnhäuser nahe an die Kirche heranrückten. Sie seien aber deutlich kleiner und niedriger gewesen, kontert die Grünen-Abgeordnete Sabine Bangert. "Es ist einmalig, wie hier ein Berliner Kleinod kaputtgemacht wird."

Von Nada Weigelt (dpa)