Zeitenwende in der Bischofskonferenz
Vor allem der altersbedingte Abschied Lehmanns bedeutete eine tiefe Zäsur. Immerhin trat mit dem 80-jährigen Kardinal der dienstälteste Bischof Deutschlands (seit 1983) und langjährige Vorsitzende der Bischofskonferenz (1987-2008) in den Ruhestand. Lehmanns Rücktritt war Teil - und wohl auch Höhepunkt - des seit einigen Jahren andauernden Generationenwechsels, der die Zusammensetzung der Bischofskonferenz bereits jetzt nachhaltig verändert hat.
Nach den Rücktritten der Erzbischöfe Robert Zollitsch (Freiburg), Kardinal Joachim Meisner (Köln) und Werner Thissen (Hamburg) in den vergangenen zwei Jahren trat mit Lehmann nun der letzte prominente Vertreter der durch Krieg und Konzil geprägten Bischofsgeneration zurück. Vor allem Lehmann und Meisner waren über viele Jahre die bekanntesten Gesichter der katholischen Kirche in Deutschland. Beide waren innerhalb der Bischofskonferenz Anführer unterschiedlicher Lager und die prägenden Gestalten der kirchenpolitischen Auseinandersetzungen der vergangenen drei Jahrzehnte. Lehmanns Abschied bedeutet das endgültige Ende dieser Epoche.
Neuer Limburger Bischof "in diesem Sommer"?
Nach dem am Pfingstmontag erfolgten Rücktritt des Kardinals sind nun - trotz der Berufung Timmerevers' nach Dresden - erneut drei deutsche Bistümer vakant: Aachen, Limburg und Mainz. Als erste Diözese aus diesem Kreis kann wohl Limburg mit einem neuen Bischof rechnen, schließlich wartet die hessische Diözese nach dem unrühmlichen Abgang von Franz-Peter Tebartz-van Elst bereits seit mehr als zwei Jahren auf einen neuen Oberhirten. Mitte Februar hatte das Limburger Domkapitel das Verfahren zur Neubesetzung des Bischofsstuhls offiziell gestartet und gemäß den Regeln des für Limburg geltenden Preußenkonkordats eine Liste mit Kandidaten erstellt. Angesichts dieser Entwicklung geht man im Bistum davon aus, dass es "in diesem Sommer" mit einem neuen Bischof klappen könnte.
Doch bis es soweit ist, müssen nach den Regeln des Konkordats noch einige Schritte folgen. Derzeit liegt der Ball bei der mächtigen Bischofskongregation im Vatikan: Sie prüft die eingegangenen Kandidatenvorschläge - und zwar nicht nur diejenigen des Domkapitels, sondern auch diejenigen von anderen Vorschlagsberechtigten wie dem Apostolischen Nuntius oder den Bischöfen, deren Diözesen ebenfalls zum Geltungsbereich des Preußenkonkordats gehören (unter anderem Berlin, Hamburg, Köln und Paderborn).
Anschließend erstellt die Kongregation aus allen eingegangenen Namen für den Papst eine Liste mit drei Kandidaten. Dieser kann die Namen entweder akzeptieren oder durch andere ersetzen. Hat der Papst schließlich seine eigene Dreierliste ("Terna") festgelegt, wird diese zurück an das Limburger Domkapitel geschickt. Das Gremium wählt dann aus den Kandidaten auf der Liste den neuen Bischof. Nimmt der Kandidat die Wahl an, sind danach noch die zuständigen Landesregierungen - im Fall Limburg: Hessen und Rheinland-Pfalz - zu befragen, ob gegen den Gewählten "Bedenken politischer Art" bestehen. Ist dies nicht der Fall, kann der Papst den neuen Bischof offiziell ernennen.
Weitere Rücktritte von Bischöfen sind bereits absehbar
Doch selbst wenn Limburg und in der Folge auch Aachen und Mainz schnell neue Bischöfe bekommen sollten - die nächsten altersbedingten Rücktritte sind bereits absehbar: Im nächsten Jahr erreichen Norbert Trelle (Hildesheim) und Friedhelm Hofmann (Würzburg) das bischöfliche Rentenalter von 75 Jahren; Anfang 2018 folgt Heinz Josef Algermissen (Fulda).
Spannend wird deshalb die Frage sein, wie sich die Zusammensetzung der Bischofskonferenz weiter verändern wird. Eine entscheidende Rolle wird in diesem Zusammenhang auch Münsters Bischof Felix Genn spielen, der seit 2013 als einziger Deutscher Mitglied der Bischofskongregation ist. Sein Vorgänger in diesem Gremium, Kardinal Joachim Meisner, wusste seinen Einfluss auf die Bischofsernennungen jedenfalls erkennbar zu nutzen. Immerhin wurden während der Zeit des damaligen Kölner Erzbischofs in der Kongregation von 1995 bis 2013 auffallend viele Kölner Weihbischöfe zu Diözesanbischöfen befördert.
Auch die Handschrift von Papst Franziskus wird mit jeder weiteren Bischofsernennung klarer erkennbar werden. Die bisherigen Berufungen durch den argentinischen Pontifex - vor allem die drei gänzlich neu ernannten Oberhirten Stephan Burger (Freiburg), Stefan Oster (Passau) und Stefan Heße (Hamburg), die zuvor noch keine Bischöfe waren - lassen noch keine klare kirchenpolitische "Linie" erkennen. Dies dürfte sich mit Blick auf die anstehenden Ernennungen in den nächsten beiden Jahren ändern.
Welchen Kurs schlägt die Bischofskonferenz ein?
Derzeit rechnen Beobachter die deutschen Bischöfe jeweils zu einem Drittel einer "konservativen", einer "liberalen" und einer "gemäßigt liberalen" Strömung zu. Ob Franziskus durch seine Bischofsernennungen an diesem Kräfteverhältnis etwas ändern wird, wird eine der spannenden Fragen der kommenden Jahre sein.
Ebenso spannend und kirchenpolitisch relevant ist die Frage, welche Bischöfe die Vorsitze der frei werden Kommissionen innerhalb der Bischofskonferenz übernehmen. Immerhin benötigen mit der Glaubenskommission (bisher: Lehmann), der Migrationskommission (Trelle) und der Liturgiekommission (Hofmann) in absehbarer Zeit drei wichtige bischöfliche Beratungsgremien neue Vorsitzende. Auch an diesen Personalien wird erkennbar werden, welchen Kurs die Bischofskonferenz künftig in inhaltlichen Fragen einschlagen wird.