Ex-Vatikanmitarbeiter über den Umgang der Kirche mit Homosexualität

Charamsa kritisiert Benedikt und Franziskus

Veröffentlicht am 04.07.2016 um 17:25 Uhr – Lesedauer: 
Homosexualität

Rom ‐ Er selbst outete sich im vergangenen Herbst und darf seitdem nicht mehr als Priester wirken. Jetzt erhebt Ex-Vatikanmitarbeiter Krzysztof Charamsa gleich gegen zwei Päpste schwere Vorwürfe.

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Papst Franziskus habe sich "der Frage noch nicht einmal genähert", sagte der ehemalige Sekretär der vatikanischen Glaubensbehörde der italienischen Zeitung "Libero" (Montag). Am Rande der Familiensynode im Herbst 2015 hatte Charamsa seine Beziehung zu einem Mann vor Medienvertretern öffentlich gemacht. Daraufhin war er aus der Glaubenskongregation und wenig später aus dem Priesterstand entlassen worden. Inzwischen lebt er mit seinem Partner in Barcelona.

Charamsa sagte, Benedikt XVI. sei es nie gelungen, Vorurteile und Angst gegenüber der Homosexualität zu überwinden. Gerade er, der "alle intellektuellen Fähigkeiten hatte, um sich dieser Herausforderung zu stellen", habe als Leiter der Glaubenskongregation die Gelegenheit dazu vertan. Auf die Frage nach der Zahl homosexueller Priester im Vatikan antwortete der Ex-Kleriker: "Nach meiner Erfahrung würde ich sagen, 50 Prozent derer, die ich getroffen habe." Der Schwulenanteil in der Kurie sei "eines der am besten gehüteten Geheimnisse im Vatikan".

Nach katholischer Lehre ist gelebte Homosexualität eine Sünde, zugleich sollen laut dem Katechismus der Kirche Homosexuelle nicht diskriminiert werden. Papst Franziskus hat mehrfach öffentlich betont, dass er niemanden wegen einer homosexuellen Veranlagung verurteile. (KNA)

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In einem demnächst erscheinenden Buch soll der emeritierte Papst Benedikt XVI. angeblich die Existenz eines Homosexuellen-Netzwerks im Vatikan einräumen. Das könnte bisherige Aussagen von Kurienvertretern in ein neues Licht rücken.