Der Papst entschuldigt sich bei allen Homosexuellen. Jens Spahn und Volker Beck antworten

Ist das alles?

Veröffentlicht am 06.07.2016 um 12:19 Uhr – Von Raoul Löbbert – Lesedauer: 
Kolumne

Bonn ‐ In der Vatikan-Kolumne "Franz & Friends" geht es in dieser Woche um die Entschuldigung des Papstes bei Homosexuellen. Zwei deutsche Politiker haben darauf sehr unterschiedlich reagiert.

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Dass sich Papst Franziskus im Umgang mit Homosexuellen mehr Toleranz von seiner Kirche wünscht, ist bekannt. Wer bin ich, fragte er bereits im Jahr 2013, über jemanden zu urteilen, der homosexuell veranlagt sei, guten Willens und auf der Suche nach Gott. Nun jedoch ging Franziskus noch einen Schritt weiter. Auf dem Rückflug von seiner Armenienreise forderte er während einer Pressekonferenz, dass die Kirche sich für die Ausgrenzung von Homosexuellen entschuldigen muss.

Volker Beck, religionspolitischer Sprecher der Grünen, geht dieser Schritt jedoch nicht weit genug: "Eine Entschuldigung der Kirche", so Beck gegenüber Christ&Welt, "ist nicht mehr wert als warme Worte, wenn sie nicht zu einer Umkehr in der Lehre führt." Beck verwies dabei auf die Situation in Afrika, wo katholische Bischöfe einer strafrechtlichen Verfolgung von Homosexuellen das Wort reden und mit "moralischen Unwerturteilen" die Stimmung anheizen würden, die sich dann nicht selten in "pogromartigen Attacken auf Lesben, Schwule und Transmenschen entlädt". Solange der Katechismus Homosexuelle zum Gegenstand des "Mitleids" mache, so Beck, fehle es an Respekt vor der Menschenwürde von Lesben und Schwulen. Seine Forderung: "Die katholische Kirche muss sich in ihrer Sexuallehre endlich von der Naturrechtslehre des Thomas von Aquin verabschieden uns sie aus dem Respekt vor der sexuellen Selbstbestimmung neu begründen."

Zufrieden mit den Worten des Papstes äußerte sich dagegen Jens Spahn (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium. Spahn, selbst homosexuell, sagte gegenüber Christ& Welt: "Als Katholik freue ich mich darüber, dass die Kirche sich bemüht, mit einer neuen Sprache und ohne Berührungsängste mit Schwulen und Lesben ins Gespräch zu kommen, von denen nicht wenige mit viel Engagement Christ sind." Dass sich Papst Franziskus nun entschuldige, sei "ein starkes Zeichen". Er selbst, so Spahn, habe ein entspanntes Verhältnis zur katholischen Sexualmoral: "Auch wenn mich manche Äußerung und Wortwahl einzelner hoher Würdenträger der Kirche immer mal wieder tierisch ärgern, versuche ich doch gelassen zu bleiben."

Insoweit sei ihm Franziskus’ Haltung, Homosexuelle nicht zu verurteilen, sehr "sympathisch": "Wenn zwei Menschen sich lieben und dazu bereit sind, Verantwortung füreinander zu übernehmen, sollten gerade Christen sie dafür nicht kritisieren, sondern sie dabei mit Wohlwollen und Aufmerksamkeit begleiten." Spahn warnte auch vor überzogenen Erwartungen an die katholische Kirche: "Wer nun aber von der Kirche erwartet, dass sie von jetzt auf gleich ihre Haltung grundlegend ändert, ist vermutlich zu ungeduldig." Wen Spahn damit meinte, sagte er nicht. 2012 hatte Spahn aber bereits schon einmal vor überzogenen Erwartungen gewarnt – und dann gegen einen von Beck miteingereichten Gesetzesentwurf zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare gestimmt.

Christ & Welt

Diesen Text der Kolumne "Franz & Friends" publiziert katholisch.de mit freundlicher Genehmigung von "Christ & Welt", einer Beilage der Wochenzeitung "Die Zeit". "Christ & Welt" - das sind sechs Seiten, die sich auf Glaube, Geist und Gesellschaft konzentrieren, sechs Seiten mit Debatten, Reportagen und Interviews aus der Welt der Religionen. "Christ & Welt" ist im Jahr 2010 aus der traditionsreichen Wochenzeitung "Rheinischer Merkur" hervorgegangen.
Von Raoul Löbbert