Forscher sind Philistern auf der Spur - erstmals Friedhof gefunden

Biertrinker und Riesen?

Veröffentlicht am 10.07.2016 um 17:31 Uhr – Von Stefanie Järkel (dpa) – Lesedauer: 
Biertrinker und Riesen?
Bild: © KNA
Archäologie

Aschkelon ‐ Sie gelten als Erzfeinde der Israeliten: die Philister. Doch wo sie vor mehr als 3000 Jahren herkamen, gibt Archäologen bis heute Rätsel auf. Nun sind sie einen wichtigen Schritt weiter.

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"Nach jahrzehntelangen Untersuchungen dessen, was die Philister zurückgelassen haben, stehen wir endlich den Menschen von Angesicht zu Angesicht gegenüber", sagt Master an diesem Tag Ende Juni. "Mit der Entdeckung sind wir nahe daran, die Geheimnisse ihrer Herkunft zu entschlüsseln." Seit 1985 haben Archäologen in der Nähe von Aschkelon nach Siedlungsüberresten der Philister gegraben. Dabei entdeckten sie unter anderem mehrere Tempel und ein Stadttor. 2013 stießen sie auf den Friedhof, wie erst jetzt bekannt wurde.

Die Philister werden in der Bibel als Erzfeinde der Israeliten beschrieben. Sie siedelten sich im zwölften Jahrhundert vor Christi Geburt in der Region südlich des heutigen Tel Avivs an. Woher sie kamen, ist allerdings unklar. Eine These lautet, sie stammten aus Zypern und sprachen eine Form des Griechischen.

Experten bei Wein- und Ölanbau

"Es ist wirklich ein außergewöhnlicher Fund", sagt auch Seymour Gitin, ehemaliger Leiter des Albright-Institutes für Archäologische Forschung in Jerusalem und Experte für die Philister. "Das ist eine wundervolle Möglichkeit, um die DNA zu überprüfen und sie mit Knochen von kanaanitischen und israelitischen Friedhöfen sowie solchen aus der griechischen Welt zu vergleichen."

Bild: ©picture-alliance/dpa/Jim Hollander

Archäologen haben erstmals einen Philisterfriedhof gefunden - im Nationalpark Aschkelon in Israel. Darin finden sich Skelette und Grabbeigaben wie das Gefäß unten links im Bild.

Aren Maeir, Archäologie-Professor von der Bar-Ilan-Universität, verweist auf andere Philister-Friedhöfe, die allerdings nur bei kleineren Ansiedlungen gefunden worden seien. Master sagt über den Friedhof bei Aschkelon: "Das ist der erste, bei dem wir uns sicher sind." Am Kopf der Skelette finden sich Grabbeigaben, wie Schalen und Krüge, aber auch Schmuck. Lawrence Stager, ehemaliger Leiter der Expedition und Ex-Harvard-Professor für israelische Archäologie, geht davon aus, dass sich in den Gefäßen Öl oder Wein befand.

"Die Philister haben einen sehr schlechten Ruf", sagt Stager. "Sie galten als die unzivilisierten, Bier trinkenden Leute." Dabei seien sie sehr kultiviert gewesen und unter anderem Experten im Weinanbau und in der Produktion von Öl.

Der vielleicht berühmteste Philister war der Riese Goliath, der nach Überlieferungen aus der Bibel von David bezwungen wurde. Doch: "Wir haben hier nicht allzu viele Riesen", sagt Stager lächelnd. Der größte beerdigte Philister soll rund 1,80 Meter groß gewesen sein. 145 Skelette haben die Wissenschaftler ausgegraben. Drei Anthropologen sollen die Knochen nun untersuchen, unter anderem Alter und Geschlecht feststellen - und die Todesursachen erforschen.

Hintergrund: Archäologen finden erstmals Philisterfriedhof

In einer vom israelischen Regierungspressebüro verbreiteten Pressemitteilung der "Leon-Levy-Stiftung" vom Sonntag wurde die Entdeckung des Philistergrabs bekanntgegeben. Aus den Funden aus dem 11. bis 8. vorchristlichen Jahrhundert erhoffe man sich Aufschlüsse über die Herkunft der Philister, heißt es in der Mitteilung. Das Volk der Philister besiedelte ab dem 12. Jahrhundert vor Christus die heute israelische Mittelmeerküste und gründete einen Fünf-Städte-Bund, zu dem unter anderem Aschkelon, Aschdod und Gaza gehörten. Nach Angaben der Forscher unterstützen die Funde die verbreitete und auch in der Bibel niedergeschriebene Theorie, dass die Philister im 12. Jahrhundert vor Christus als Einwanderer aus dem Westen ins Land kamen. (luk/KNA)

Rund 50 Freiwillige unterstützen die Forscher. Auch Lisa Sedlmayr aus Deutschland ist für sechs Wochen mit dabei. Die 30-jährige Theologin hat in Marburg studiert. Obwohl sie jeden Morgen um 5 Uhr anfängt, ist sie von der Arbeit begeistert. "Man fasst Philister an", sagt sie. Statt immer nur Theorie, endlich Praxis.

Ausstellung in Jerusalem

Die Ausgrabung an dem Friedhof hat allerdings auch einen sensiblen religiösen Hintergrund. 2010 gab es in Aschkelon scharfe Proteste ultra-orthodoxer Juden gegen die Umbettung antiker Gräber. Das jüdische Glaubensrecht sieht dadurch die Totenruhe auch Jahrhunderte nach dem Begräbnis gestört. Master sagt aber: "Wir haben keine Schwierigkeiten bei unseren Forschungen gehabt."

Die Ausgrabung ist beendet, die Gräber sind wieder geschlossen. Stücke von Aschkelon, wie Krüge, Schalen und Schmuck, zeigt ab sofort das Rockefeller-Archäologie-Museum in Ost-Jerusalem. Knochen werden allerdings keine zu sehen sein.

Von Stefanie Järkel (dpa)