Geiselnahme: Ein Priester getötet - Hollande: Täter beriefen sich auf IS

Mord an einem heiligen Ort

Veröffentlicht am 26.07.2016 um 14:08 Uhr – Lesedauer: 
Frankreich

Rouen ‐ Nach der tödlich verlaufenen Geiselnahme in einer katholischen Kirche in der Nähe von Rouen: Präsident Hollande spricht von einem neuen Terroranschlag, Kirchenvertreter stehen unter Schock.

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Am Nachmittag beanspruchte der IS den Anschlag für sich, wie das IS-Sprachrohr Amak mitteilte. Die Anti-Terror-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen. In welcher Form sich die Täter zum IS bekannt haben oder in welcher Verbindung sie zur IS-Terrormiliz standen, gaben die Behörden zunächst nicht bekannt. Die Polizei hatte auf die beiden Täter geschossen, als diese die Kirche verließen - die genauen Umstände waren zunächst unklar. Französische Medien berichteten unter Berufung auf Polizeikreise, die täter seien mit Hieb- oder Stichwaffen bewaffnet gewesen. Einer der beiden habe zudem einen Bart und eine islamische Gebetsmütze getragen.

Ein Angreifer war polizeibekannt

Nach Medienberichten war einer der beiden Angreifer den Sicherheitsbehörden offenbar bekannt. Zu dem Mann gebe es einen Eintrag in einer Datenbank mit Personen, die als radikalisiert eingestuft worden seien, berichtete die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag unter Berufung auf Ermittlerkreise. Er habe im Vorjahr versucht, nach Syrien zu gelangen. Bei seiner Rückkehr sei ein Anklageverfahren gegen ihn wegen des Verdachts auf Verbindungen zu einer Terrororganisation eröffnet worden. Der Mann kam dem Bericht zufolge vorübergehend in Haft und wurde später mit einer elektronischen Fußfessel wieder freigelassen.

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Hollande sagte bei einem Besuch am Tatort in Saint-Étienne-du-Rouvray in der Nähe von Rouen, der IS habe den Krieg erklärt. "Wir werden diesen Krieg mit allen Mitteln führen", betonte der Staatschef. Erst vergangene Woche hatte das Pariser Parlament den nach den Pariser Anschlägen vom November vergangenen Jahres verhängten Ausnahmezustand um weitere sechs Monate verlängert.

"Ich rufe zu Gott", teilte der Erzbischof von Rouen, Dominique Lebrun in einer ersten Reaktion auf die Geiselnahme mit. Er erinnerte daran, dass auch in dieser Zeit für die katholische Kirche keine anderen Waffen als das Gebet und die Brüderlichkeit zwischen den Menschen infrage kämen. Er werde die hunderte Jugendlichen, mit denen er zum Weltjugendtag ins polnische Krakau gereist sei, verlassen, um am Abend in seiner Diözese zu sein. Der Generalvikar von Rouen, Philippe Maheut, ist bereits seit dem Morgen vor Ort.

Aufruf zu Fasten und Gebet

Die französischen Bischöfe riefen unterdessen alle Katholiken des Landes zu einem Sonntag des Fastens und Gebets auf. Das gab der Generalsekretär der Bischofskonferenz Frankreichs, Olivier Ribadeau Dumas, auf dem Weltjugendtag bekannt. Er mahnte zugleich, Hass und Gewalt dürften nun nicht die Oberhand gewinnen. Auch nach der Mordtat dürfe es nicht zu Fremdenfeindlichkeit kommen: "Wir müssen Verdächtigungen gegen unsere Nachbarn zurückweisen", so Dumas. Auch auf dem Weltjugendtag werde der Ereignisse gedacht. Die 35.000 französischen Teilnehmer träfen sich in einem Krakauer Fußballstadion zu einem Gebet für die Sicherheit in ihrem Heimatland.

Frankreichs Premierminister Manuel Valls verurteilte eine "barbarische Attacke". "Ganz Frankreich und alle Katholiken sind verletzt worden. Wir stehen zusammen", schrieb er auf Twitter. Staatschef Hollande versprach den französischen Katholiken seine Unterstützung und setzte für Mittwoch ein Treffen mit den Vertretern der Glaubensgemeinschaften an. "Was diese Terroristen wollen, ist uns zu spalten." Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy kritisierte die Pariser Regierung nach der Geiselnahme scharf: "Das ist ein Krieg", sagte Sarkozy am Dienstag. "Und wir haben keine andere Wahl, als diesen zu führen und zu gewinnen." Der Parteichef der konservativen Republikaner forderte die Regierung auf, unverzüglich Maßnahmen umzusetzen, die seine Partei seit Monaten fordere." Wir müssen unerbittlich sein", sagte Sarkozy.

Linktipp: Polizei beendet Geiselnahme in Kirche

Die Polizei hat eine Geiselnahme in einer Kirche in Nordfrankreich beendet. Die beiden Täter wurden von der Polizei getötet. Außerdem wurde eine Geisel getötet, dabei soll es sich um einen Priester handeln.

Auch der Vatikan reagierte mit Entsetzen. Es handele sich um "absurde Gewalt", die besonders betroffen mache, weil sie sich in an "einem heiligen Ort" ereignet habe, "an dem die Liebe Gottes verkündet wird", hieß es in einer ersten Stellungnahme von Sprecher Federico Lombardi. Papst Franziskus sei über die "barbarische Tötung" des Geistlichen sowie die Geiselnahme der Gläubigen informiert worden. Der Papst "verurteile aufs Schärfste jede Form des Hasses", so Lombardi. Zugleich teile Franziskus den Schmerz und den Schrecken und bete für die Opfer. Die Erklärung endet mit den Worten: "Wir sind der Kirche in Frankreich, dem Erzbistum Rouen, der betroffenen Gemeinde und dem französischen Volk nahe".

Marx: Mordanschlag ist erschreckend

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, äußerte sich am Nachmittag zu der Gewalttat: "Der heutige Mordanschlag im französischen Saint-Étienne-du-Rouvray ist erschreckend. Gläubige, zum Gottesdienst in einer Kirche versammelt, wurden zum Opfer einer schrecklichen Gewalttat." Mit dem Anschlag solle Hass zwischen den Religionen geschürt werden. "Dem werden wir widerstehen und uns der Atmosphäre von Hass und Gewalt nicht anschließen. Die Antwort kann nicht eine Verschärfung des Hasses und des Gegeneinanders sein, sondern nur der Versuch, die Täter zu stellen und alles zu tun, damit nicht neue Gewalt geschieht", so der Erzbischof von München und Freising. (stz/jhe/dpa/KNA)

26.07.2016, 11:57 Uhr: Ergänzt um die Stellungnahme von Kardinal Marx

26.07.2016, 18:14 Uhr: Ergänzt um den Fastenaufruf der französischen Bischöfe

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Stellungnahme von Erzbischof Dominique Lebrun

Nach der Geiselnahme in einer Kirche in Saint-Étienne-du-Rouvray hat sich der Erzbischof von Rouen, Dominique Lebrun, zu der Gewalttat geäußert. Katholisch.de dokumentiert die Stellungnahme des Erzbischofs, der sich derzeit noch beim heute beginnenden Weltjugendtag in Krakau befindet, in einer eigenen Übersetzung:

"Mit großer Trauer habe ich in Krakau von den Toten in der Kirche von Saint-Etienne du Rouvray erfahren. Es gibt drei Opfer: Der Priester, père Jacques Hamel, 84, und die beiden Urheber des Mordes. Drei weitere Personen wurden verletzt, eine davon schwer. Mit allen Menschen guten Willens rufe ich zu Gott. Ich lade die Nichtglaubenden ein, in diesen Ruf einzustimmen! Mit den Jugendlichen beim Weltjugendtag beten wir, so wie wir  am Grab des Priesters Jerzy Popiełuszko in Warschau gebetet haben, der unter der kommunistischen Herrschaft ermordet wurde.

Der Generalvikar, père Philippe Maheut, ist seit Beginn der Ereignisse am Ort des Geschehens. Ich werde heute abend in meiner Diözese und bei den Familien und der Gemeinde sein, die unter Schock stehen. Die katholische Kirche kann nicht zu anderen Waffen greifen als zum Gebet und zur Brüderlichkeit unter den Menschen. Ich lasse hier hunderte junger Menschen zurück, die die wahre Zukunft der Menschheit sind. Ich bitte sie, angesichts der Gewalt nicht den Mut zu verlieren und Apostel der Zivilisation der Liebe zu werden."