In vielen verschiedenen Sprachen können Jugendliche in Krakau beichten

Im Tal der Barmherzigkeit

Veröffentlicht am 29.07.2016 um 16:00 Uhr – Von Agathe Lukassek – Lesedauer: 
Weltjugendtag

Krakau ‐ Es kostet Überwindung: Wer sich auf die Beichte einlassen will, muss ehrlich auf seine Fehler zurückblicken und sie dann einem Priester erzählen. Wie passt das zum fröhlichen und lauten Weltjugendtag in Polen? Ein Besuch bei den Beichtgelegenheiten, die in ganz Krakau aufgestellt wurden.

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Rund 100 mobile "Beichtsegel" stehen im Jordan-Park unweit der Blonia-Wiesen, auf dem große WJT-Events stattfinden, und im "Tal der Barmherzigkeit": Das ist das Gelände zwischen dem Johannes Paul II. Sanktuarium und der Basilika der Göttlichen Barmherzigkeit im Krakauer Stadtteil Lagiewniki, zu denen hunderttausende WJT-Teilnehmer auf dem "Pilgerweg der Barmherzigkeit" kommen. Hier will auch Papst Franziskus am Samstag fünf freiwilligen Helfern die Beichte abnehmen – auf Italienisch, Spanisch und Französisch.

Schilder mit den Sprachen, in denen gebeichtet werden kann.
Bild: ©katholisch.de

Die Jugendlichen können in verschiedenen Sprachen beichten.

Die Atmosphäre im "Tal der Barmherzigkeit" ist ruhig und – je nachdem, ob man noch ansteht oder schon gebeichtet hat – konzentriert oder entspannt. Die jeweils einige Meter voneinander entfernten Beichtsegel sind nach zwei Seiten hin verschlossen, um Privatsphäre sicherzustellen, aber von einer Seite offen. Dort sitzt der Beichtvater und man kann sich ihm entweder gegenübersetzen oder sich hinter einem Holzbalken mit kleinen Gucklöchern hinknien, was eher dem klassischen Beichtstuhl mit Gitter entspricht.

Manche sind befreit, andere benommen

Von drei Seiten sorgt Absperrband dafür, dass Pilger nicht zufällig in die Beichtszene platzen. Auf der vierten Seite kann man sich in verschiedenen Reihen anstellen, Schilder zeigen auf, welche Sprachen die Geistlichen verstehen. Pfadfinder stehen als freiwillige Helfer bereit und geleiten die Beichtwilligen zum jeweiligen Beichtvater. Manche Gespräche dauern nur wenige Minuten, andere Pilger verlassen das Beichtfeld erst nach knapp einer halben Stunde. Darunter ist eine Frau, die aufgeregt nach ihrem Handy greift und jemandem am anderen Ende erzählt, dass sie sich getraut hat, zu beichten. Ein junger Mann wirkt benommen über das, was er gerade erfahren hat und weint, als er vom Beichtfeld weggeht.

Bei der gebürtigen Kärntnerin Anna ist der Gefühlsausbruch nicht ganz so groß, aber auch sie fühle sich nach dem Bußsakrament "leicht und unbeschwert", erzählt sie. Die 21-Jährige schätzt die Beichte als regelmäßiges Sakrament und daher war die Überwindung bei ihr nicht so groß, im Gegenteil: "Meine letzte Beichte ist schon über einen Monat her, da war 'Dürres Land' in mir und die Beichte längst überfällig." Sie wollte unbedingt beim Weltjugendtag beichten und findet, das "Zentrum der Barmherzigkeit" sei ein perfekter Ort dafür. "Nun habe ich nach der Beichte einen neuen Fokus; alle Dinge, die mich gequält haben und wo ich unsicher war, sind weg", erzählt sie.

Die Pfadfinderinnen Blanca (v.l.) und Sofia aus Spanien helfen.
Bild: ©katholisch.de

Die Pfadfinderinnen Blanca (v.l.) und Sofia aus Spanien helfen, den richtigen Beichtstuhl zu finden.

Anna schätzt besonders die Atmosphäre, wenn die Beichte speziell für junge Leute angeboten wird, wie beim WJT oder beim Pfingsttreffen des Loretto-Gebetskreises in Salzburg. Die Priester seien eher auf die jungen Leute eingestellt, freuten sich und hätten "Feuer in sich". Dadurch, dass man den Geistlichen nicht kenne, werde noch deutlicher klar, dass es bei dem Sakrament nicht um ihn gehe, sondern um Jesus. "Der Geistliche sieht mich in dem Moment so, wie der Heilige Geist es ihm offenbart."

Die Überwindung ist groß

Auch im Zentrum der Krakauer Altstadt stehen auf dem Hauptmarkt Aufsteller, die mit einem stilisierten gelben Beichtstuhl zum Sakrament der Versöhnung in die Marienbasilika einladen. Dort wurden sechs Seitenkapellen zu temporären Beichtstühlen umfunktioniert. Hier stehen die Pfadfinderinnen Blanca (17) und Sofia (16) aus Spanien. Für zwei Tage haben sie die Aufgabe übernommen, die Priesterpässe der Beichtväter zu kontrollieren, ihnen etwas zu trinken zu bringen und Pilger zu einem Geistlichen zu führen, der ihre Sprache versteht. Manchmal warteten viele Menschen, aber es gebe auch Zeiten, in denen nicht viel passiere, erzählt Sofia. Die Zahl der Pilger, die nur die Kirche besichtigen und dort beten wollten, sei weitaus größer als die derer, die beichten wollen.

Beim "deutschen Pilgerabend" am Mittwoch rief Jugendbischof Karl-Heinz Wiesemann mehrere tausend Jugendliche dazu auf, sich von der "Botschaft der Versöhnung" anstecken zu lassen. Er lud dazu ein, auf dem Weltjugendtag zur Beichte zu gehen. Zusätzlich findet sich im Gebetsbuch der WJT-Pilger auf acht Seiten eine "Gewissenserforschung". Dennoch ist der Schritt zur Beichte für viele ein sehr großer. Nachgefragt bei 17 Jugendlichen aus Baden-Württemberg, ob sie sich die Teilnahme an diesem Sakrament in Krakau vorstellen könnten: Alle gehen kurz in sich und schütteln dann den Kopf – nur eine Abiturientin sagt, dass sie es sich überlegt.

Von Agathe Lukassek