Zahl der Missbrauchsvorwürfe sei jedoch insgesamt gleichgeblieben

Auch Erzbistum Köln widerspricht neuer Missbrauchsstudie

Veröffentlicht am 05.07.2019 um 09:20 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Nach dem Bistum Rottenburg-Stuttgart hat nun auch das Erzbistum Köln die neue Missbrauchsstudie des Psychiaters Harald Dreßing kritisiert: Die vorgelegten Ergebnisse seien für die Erzdiözese nicht zutreffend.

  • Teilen:

Auch das Erzbistum Köln hat in Teilen den Ergebnissen einer neuen Studie zu Missbrauchsvorwürfen gegen Priester widersprochen. Dass die Quote bei den aktuellen Missbrauchsvorwürfen nicht rückläufig sei, könne er für Köln nicht bestätigen, sagte der Interventionsbeauftragte der Erzdiözese, Oliver Vogt, am Donnerstag dem kirchlichen Kölner Internetportal domradio.de. Am Donnerstag hatte bereits das Bistum Rottenburg-Stuttgart mit Blick auf eigene Zahlen einige Aussagen der vor Kurzem vorgelegten Studie zum Thema Missbrauch zurückgewiesen. So seien etwa die gemeldeten Missbrauchsfälle für die Zeit seit den 1990er Jahren in der eigenen Diözese eindeutig zurückgegangen.

Gleichwohl sei aber die Zahl der Missbrauchsvorwürfe insgesamt nicht zurückgegangen, sondern gleichgeblieben, so Oliver Vogt weiter. Bei den Laien-Mitarbeitern gebe es sogar einen leichten Anstieg von Verdachtsmeldungen. Die Vorwürfe bezögen sich aber "zu fast 90 Prozent auf Vorfälle, die weit vor dem Jahr 2009 stattgefunden haben sollen". Vogt bewertete dies als Wirkung der eingeführten Präventionsmaßnahmen. Es gebe "eine deutlich erhöhte Sensibilität für die Thematik" und eine größere Bereitschaft, sich beim Erzbistum zu melden.

Vogt reagierte auf eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Mannheimer Psychiaters Harald Dreßing. Danach ist die Quote bei den aktuellen Missbrauchsvorwürfen gegen Priester seit 2009 nicht signifikant rückläufig. Als eine mögliche Erklärung vermutete Dreßing, die seit 2010 ausgeweiteten Präventionsbemühungen stießen bei einigen Priestern "auf Granit".

Vogt: Zölibat könnte einer der Gründe für Missbrauch sein

Dreßings Untersuchung wertete Daten aus der im vergangenen Jahr veröffentlichten und von ihm koordinierten MHG-Missbrauchsstudie der Bischofskonferenz aus und verglich sie mit der allgemeinen Kriminalstatistik. Konkret ging es um Hinweise auf Missbrauch in den Personalakten von Priestern und Diakonen aus den Jahren 2009 bis 2015, die sich auf jeweils aktuelle Fälle aus den entsprechenden Jahren beziehen.

Vogt betonte, er finde es "gut, dass mit den Zahlen, die in der MHG-Studie erhoben worden sind, jetzt auch wissenschaftlich weitergearbeitet worden ist. Das gibt uns in der der Kirche wichtige Impulse." Bei der Suche nach den Ursachen des Missbrauchs könne der Zölibat eine Rolle spielen, aber auch ein falsch verstandenes Machtverständnis. Die gestiegene Zahl der Vorwürfe gegen Laien-Mitarbeiter ohne Zölibatspflicht sei hier aber auch zu beachten.

Die MHG-Studie habe gesagt, so Vogt weiter, "dass die meisten Übergriffe geschehen, nachdem ein Priester schon über zehn Jahre im Amt ist. Also nicht am Anfang, sondern im Rahmen seiner Tätigkeit. Das sind Dinge, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen."

Vogt soll ab September ein neues Institut der katholischen Kirche leiten, das einheitliche Standards bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs entwickeln soll. Das "Institut für Prävention und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt" (IPA) soll dabei mit Wissenschaftlern, Fachorganisationen, Präventionsexperten und Betroffenen von sexualisierter Gewalt zusammenarbeiten. (rom/KNA)