Bischöfe wollen ein Drittel Frauen in Leitungspositionen

Bode: Frauenquote in Kirche ist längst nicht zufriedenstellend

Veröffentlicht am 12.03.2019 um 17:22 Uhr – Lesedauer: 

Lingen ‐ Der Frauenanteil in Leitungspositionen der Kirche ist in den vergangenen fünf Jahren bereits gestiegen. Frauen seien aber weiterhin stark unterrepräsentiert, wie Bischof Franz-Josef Bode eingestand. Die Gründe dafür sind vielschichtig – und werden von den deutschen Bischöfen nun angegangen.

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Immerhin: Das Podium an diesem Dienstag war schon mal paritätisch besetzt. Als die Deutsche Bischofskonferenz am zweiten Tag ihrer Frühjahrsvollversammlung in Lingen ein Pressegespräch über Frauen in kirchlichen Leitungspositionen veranstaltete, saßen neben zwei Männern auch zwei Frauen vor den anwesenden Journalisten.

Dass solch ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis in der katholischen Kirche nicht selbstverständlich ist, ist weithin bekannt und immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Mit Blick auf die Präsenz von Frauen in Leitungspositionen in den Ordinariaten und Generalvikariaten der deutschen Bistümer ist es nun zudem durch konkrete Zahlen einer von der Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen Studie belegt, die bei der Vollversammlung in Lingen vorgestellt wurde.

Bode: Steigerung ist "nicht nichts, aber..."

Demnach ist der Frauenanteil in den oberen Leitungspositionen der Diözesen von 2013 bis 2018 zwar von 13 auf rund 19 Prozent angestiegen – Frauen sind damit in den oberen Hierarchieebenen der Bistumsverwaltungen aber weiterhin deutlich unterrepräsentiert. Ein Missstand, auf den Bischof Franz-Josef Bode bei dem Pressegespräch deutlich aufmerksam machte. Die Steigerung, die aus den Zahlen deutlich werde, sei zwar „nicht nichts, aber längst nicht zufriedenstellend“, so Bode.

Bild: ©KNA/Harald Oppitz

"Frauen in alle Weihe-Ämter" und mehr: Zu Beginn der DBK-Vollversammlung haben in Lingen etwa 300 Menschen lautstark für Reformen in der Kirche demonstriert. Die kfd übergab Gastgeberbischof Franz-Josef Bode außerdem 30.000 Unterschriften.

Der Osnabrücker Oberhirte, der in der Bischofskonferenz Vorsitzender der Unterkommission Frauen in Kirche und Gesellschaft ist, nannte deshalb am Dienstag eine konkrete Zielmarke, die die Bischöfe in naher Zukunft erreichen wollen: Bis zum Jahr 2023, so hat es der Ständige Rat laut Bode bereits vor einigen Monaten beschlossen, soll der Frauenanteil in den Leitungspositionen der Diözesen und der überdiözesanen Zusammenschlüsse auf ein Drittel und mehr gesteigert werden. Denn erst mit dieser Marke beginne eine nachhaltige Veränderung in der Leitungskultur. Die Bischöfe haben also faktisch eine Frauenquote eingeführt.

Auf dem Weg dorthin, das belegen die von der Münsteraner Theologin Andrea Qualbrink erhobenen und präsentierten Zahlen, ist es jedoch noch ein weiter Weg. Zwar zeige die Studie insgesamt positive Entwicklungen, es sei aber noch "Luft nach oben", so Qualbrink. Deutlich wird dies zum Beispiel, wenn man konkreter auf die einzelnen Bistümer blickt. So hatten sechs Diözesen im vergangenen Jahr gar keine Frau in einer oberen Leitungsposition, elf beschäftigen je eine Frau, fünf je zwei und weitere fünf Bistümer drei bis fünf Frauen in einer solchen Funktion. Damit wurde die von den Bischöfen angestrebte Quote von 30 Prozent auf dieser Ebene nur selten erreicht.

Vielschichtige Gründe für geringen Frauenanteil

Die Gründe dafür, auch das wurde in dem Pressegespräch deutlich, sind vielschichtig – und widerlegen manches Klischee. Denn eine oftmals vor allem von kirchenfernen Kreisen unterstellte grundsätzliche Ablehnung von Frauen in der Kirche belegen die Zahlen nicht. Laut Qualbrink gibt es stattdessen ein ganzes Bündel von überwiegend strukturellen Hindernissen, die dem Aufstieg von Frauen in der kirchlichen Hierarchie (noch) im Weg stehen. Unter anderem nannte die Wissenschaftlerin am Dienstag auf Basis der Studie die immer noch vorrangige Besetzung von Leitungspositionen mit Klerikern, eine geringe Fluktuation und fehlende neue Führungsmodelle als Gründe für den Frauenmangel.

Bischof Bode ergänzte, dass es oft noch an Vorbildern fehle, wie Frauen Leitungsstellen in der Kirche gestalten könnten. Traditionelle Frauen- und Familienbilder setzten Frauen zudem unter Rechtfertigungsdruck und wirkten auch in die Personalauswahl hinein. Hinzu komme, dass Leitung oftmals in Vollzeit und mit einem hohen Anspruch an Präsenz ausgeübt werde. Außerdem trage der fehlende Frauenanteil in den mittleren Leitungspositionen dazu bei, dass es kaum Kandidatinnen für führende Stellen in der Kirche gebe.

Birgit Mock, Hildegardis-Verein
Bild: ©Hildegardis-Verein

Birgit Mock ist seit 2004 Geschäftsführerin des Hildegardis-Vereins.

Damit diese Hemmnisse überwunden werden können, gibt die Studie Empfehlungen. So sei der "ausdrückliche Wille der Bistumsleitung und weiterer Leitungsverantwortlicher" für die Erhöhung des Frauenanteils in Leitungspositionen "von immenser Bedeutung", betonte Qualbrink. Damit einhergehen müsse eine Veränderung der Kultur in den Organisationen, die entscheidend dafür sei, wer Führung übernehmen wolle und wie Führung ausgeübt werde. Darüber hinaus brauche es "neue Leitungsmodelle", "gezielte personalentwicklerische Maßnahmen" und einen weiteren Ausbau von Unterstützungsangeboten zur Vereinbarkeit von Leitungsaufgaben und Sorge-Tätigkeiten.

Weltweit einmaliges Förderprogramm des Hildegardis-Vereins

Wie Frauenförderung ganz praktisch aussehen kann, erläuterte am Dienstag Birgit Mock vom Bonner Hildegardis-Verein. Der Verein führt im Auftrag der Bischofskonferenz ein weltweit einmaliges Förderprogramm mit dem Titel "Kirche im Mentoring: Frauen steigen auf" durch, mit dem mehr Frauen in Führungspositionen gebracht werden sollen. Dabei werden seit 2016 führungsinteressierte Frauen von einer Mentorin oder einem Mentor begleitet.  Zudem bilden sie sich bei zentralen Veranstaltungen fort.

Bis Ende des zweiten Durchgangs im Sommer 2020 werden 100 weibliche Nachwuchskräfte aus 23 Diözesen und katholischen Hilfswerken teilgenommen haben, wie Mock erläuterte. Ein dritter Durchgang sei geplant. Mock ist überzeugt, dass das Programm nicht nur die teilnehmenden Frauen fördere, es "verändert das Gesicht der Kirche".

Von Steffen Zimmermann