Brief aus Gefängnis: Kardinal Pell übt Kritik an Amazonas-Synode
Der wegen Kindesmissbrauchs verurteilte Kardinal George Pell hat sich offenbar mit einem Brief aus dem Gefängnis zu Wort gemeldet. Darin bezeichnet er die Vorbereitungen auf die Amazonas-Synode als "verstörend", berichtete die "Catholic News Agency" (CNA) am Freitag. Das Arbeitspapier, das sogenannte Instrumentum laboris, sei "nicht das erste Dokument von schlechter Qualität, das das Synodensekretariat erstellt hat", heißt es in dem Schreiben. Der Brief, von dem seit Freitag Aufnahmen in den sozialen Netzwerken kursieren, ist auf den 1. August datiert, seine Absendeadresse ist das "Melbourne Assessment Prison". Laut CNA haben Personen aus Pells Umfeld seine Authentizität bestätigt.
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Das einzige ausschlaggebende Kriterium für Glaubenslehre und Praxis ist die Apostolische Tradition, so der Brief weiter. Diese umfasse "die Lehre Jesu und der Apostel, enthalten im Neuen Testament und gelehrt durch die Päpste und Konzile, durch das Lehramt der Kirche". In keinem Land könne die Kirche "irgendeine Verwirrung" zulassen und etwas Widersprüchliches lehren, um der Apostolischen Tradition Schaden zuzufügen – "Amazonas hin oder her". Die Amazonas-Synode, die vom 6. bis 27. Oktober in Rom stattfindet, soll unter anderem über neue Formen von Seelsorge in Gebieten mit wenigen Seelsorgern beraten. Dazu werden die Bischöfe auch über die Weihe sogenannter Viri probati zu Priestern diskutieren. Zuvor hatten bereits die Kardinäle Walter Brandmüller und Gerhard Ludwig Müller scharfe Kritik an der Synode geübt.
Neben der Kritik an der Amazonas-Synode enthält der Brief auch Dankesworte an Pells Unterstützer. Der Glaube und die Gebete der Gläubigen hätten Pell gestärkt. "Zu wissen, dass meine kleinen Unannehmlichkeiten, indem ich sie den Leiden Christi hinzufüge, etwas Gutes bringen können, gibt mir Sinn und Richtung", schreibt der Verfasser. Er wolle jedem der rund 2.000 Unterstützer, die ihm geschrieben hätten, persönlich antworten.
Disziplinarmaßnahmen drohen
Inzwischen hat sich auch das Justizministerium des australischen Bundesstaats Victoria zu dem angeblichen Brief Pells geäußert. Eine Sprecherin sagte laut dem "Guardian", dass man den Vorfall gründlich untersuchen werde. Gefangene dürften nichts in den sozialen Medien posten oder das Internet nutzen. Sie dürften auch andere nicht bitten, in ihrem Namen zu posten. "Jeder Gefangene, der gegen die Gefängnisordnung verstößt, muss mit Disziplinarmaßnahmen rechnen." Die Echtheit des Briefes wollte die Sprecherin nicht bestätigen.
Kardinal George Pell wurde vergangenen Dezember von einem Melbourner Gericht für schuldig befunden, als Erzbischof von Melbourne in den 1990er Jahren einen 13-jährigen Chorknaben missbraucht und einen weiteren sexuell belästigt zu haben. Im März wurde das Strafmaß verkündet: Pell wurde zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt; eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung sei nach drei Jahren und acht Monaten möglich. Bereits kurz nach dem Urteil legten Pells Anwälte Revision ein. Das entsprechende Verfahren am Obersten Gerichtshof in Melbourne begann Anfang Juni, wurde allerdings vertagt. Der Kardinal beteuert nach wie vor seine Unschuld. (mal)
11. August 2019, 14.15 Uhr: Korrektur im Teaser und im letzten Absatz. Es handelt sich um ein Revisionsverfahren, kein Berufungsverfahren. (mal)