Das ist die "Synoden-WG" des BDKJ
An der belebten Piazza Venezia im Zentrum Rom hat die ökumenische Gemeinschaft von Taize eine Wohnung. Bereits vor mehr als 50 Jahren, während des Zweiten Vatikanischen Konzils, lud Taize-Gründer Frere Roger Konzilsteilnehmer und deren Berater zu Gebet und Essen dorthin ein. So lernten sich Menschen verschiedener Konfessionen kennen und schätzen. Auch aktuell während der Bischofssynode im Vatikan lädt sein Nachfolger Frere Alois wieder zu Begegnungen ein – schließlich ist Taize eine Bewegung, die junge Menschen erreicht und prägt.
Nicht ganz im Zentrum von Rom gibt es in diesen Tagen noch eine weitere Synoden-Wohngemeinschaft, die für Besucher offen ist: Unweit des Bahnhofs "Valle Aurelia", 30 Gehminuten von der Synodenaula entfernt, hat der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) für einen Monat eine Wohnung gemietet. Gäste können dort sowohl zum Abendessen Station machen als auch übernachten. "Sobald der Termin für die Synode veröffentlicht war, haben wir diese Wohnung gemietet," berichtet Simon Linder, einer der zwei ständigen Bewohner der WG. "Uns war klar, dass wir, die wir fast 660.000 junge Leute vertreten, in Rom sein müssen, wenn hier über und mit jungen Menschen gesprochen wird." Damals habe der BDKJ nicht gewusst, ob der Dachverband eine Rolle bei der Synode spielen werde, und auf eine Teilnahme gehofft. Hotelzimmer hätte man sich für einen ganzen Monat nicht leisten können.
Wohnung mit BDKJ-Postkarten dekoriert
Der BDKJ hatte einen guten Riecher: Drei Wochen vor Synodenstart gab der Vatikan bekannt, dass der Verbandsvorsitzende Thomas Andonie einer der insgesamt 50 "Auditoren" (Hörer) der Jugendsynode wird. Und die WG stellte sich als das heraus, was sie sein sollte: Ein Arbeitsplatz am Tage, eine Begegnungsstätte an den Abenden und eine Übernachtungsmöglichkeit für Gäste. Andonie (28) und Linder (25), BDKJ-Referent für Kirchenpolitik und theologischer Berater des Bundesvorsitzenden, zogen am 1. Oktober in den 6. Stock eines typisch römischen Wohnblocks der Nachkriegszeit: Vier Schlafzimmer, zwei Bäder, eine Küche und das Wohnzimmer mit Sofas und einem großen Esstisch.
Vor allem im Wohnzimmer wird klar, wer hier zweitweise residiert: Ein BDKJ-Aufsteller, mehrere Plüschfiguren von "Stoppi", dem Maskottchen der 72-Stunden-Aktion, ein Dutzend Postkarten der Aktion "Lieber Papst Franziskus ..." sowie ein vom Papst höchstselbst unterschriebenes Plakat schmücken den Raum. Nach einigen Tagen, in denen Andonie und Linder ihre Arbeit sortierten – "Das Programm bekamen wir nur auf Italienisch", berichten sie – kamen die Gäste: Bundesleiterinnern der Verbände Kolpingjugend und KjG, ein Priesteramtskandidat, eine Teilnehmerin der Vorsynode, der Rest der BDKJ-Bundesleitung. Sie blieben eine Nacht oder ein Wochenende, besuchten die Heiligsprechung von Oscar Romero, ließen sich über die Synode informieren.
"Und dann hatten wir noch einen besonderen Gast: Julia Braband", erzählt Linder. Braband ist evangelisch, gehört zum Jugendkomitee der deutschen Abteilung des Lutherischen Weltbunds (LWB) und nahm eine Woche lang als ökumenischer Gast an der Synode teil. Sie wohnte die ganze Woche in der WG mit. "Hier war einen Monat lang Leben in der Bude", erzählt Linder.
Highlights: Besuche von Bischof Oster und Bruder Alois
An den Abenden kamen immer wieder deutschsprachige Synodenteilnehmer vorbei, einige auch zum wiederholten Male, wie etwa Eva Wimmer (21), eine österreichische Theologiestudentin, die an der Vorsynode teilgenommen hatte und nun ihren Jugendbischof Stephan Turnovszky begleitet sowie auf YouTube über die Synode berichtet. Der Jesuit Clemens Blattert erzählte von der "Zukunftswerkstatt" in Frankfurt, die junge Entscheidungssucher zwischen 18 und 30 Jahren begleitet. Tags darauf waren Teile ihres Gesprächs in einen Artikel geflossen, den Linder für katholisch.de über die Synode schrieb.
Als ein Highlight nennt Linder den Besuch des deutschen Jugendbischofs Stefan Oster: "Obwohl er kränkelte, kam Bischof Oster, brachte und Kekse und Limoncello mit und blieb dreieinhalb Stunden da." Man habe sich von der ersten Minute an "super verstanden" und einen stimmungsvollen Abenden mit tiefen Gesprächen erlebt.
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Angesprochen auf den angeblichen Konflikt zwischen Oster und dem Jugendverband antwortet er: "Dieser sogenannte Streit war eher in den Medien ein Thema als bei uns." Schon bei einem Termin im Februar sei alles geklärt worden. Andonie fügt hinzu: "Dass wir uns nicht in allen Fragen einig sind, ist bekannt, etwa bei der Frage einer Weihe von Frauen oder der 'Theologie der Verbände', aber bei vielen anderen Themen sind wir uns einig: bei der Notwendigkeit von guten Begleitern in der Jugendarbeit und -pastoral etwa."
Für Wimmer und Andonie ein Höhepunkt der Besuch des Taize-Priors Bruder Alois und von Bruder Jasper, der dauerhaft in Rom wohnt. "Er hat uns keine Antworten auf den Tisch gelegt, sondern uns gefragt, wie wir die Dinge sehen", erzählt Wimmer. Gefragt nach dem Erfolg der Taize-Gemeinschaft habe der Prior gesagt: "Wir leben im Alltag zusammen, singen und beten und nehmen die Jugendlichen an, wie sie sind". Danach habe er zugehört, als sie, Linder und Andonie selbst erzählten, was sie an Taize fasziniere. An dem Abend besuchte also der berühmte Anbieter von Gesprächsabenden in der Wohnung an der Piazza Venezia die andere WG, die für einen lockeren Austausch der Synodalen in geselliger Runde steht.
Nur eine Sache klappte in dem Monat nicht: "Ich habe eines Morgens den Papst eingeladen, denn unsere Küchenrunde ist eigentlich das, wie Franziskus sich Kirche vorstellt", erzählt Andonie. Der Papst kam bis zu diesem Freitag nicht in die WG nordwestlich der Vatikanmauer – wandte sich aber in einer Videobotschaft an alle Mitglieder des BDKJ.
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