Das Kopftuch für den Chat
Im Chat lässt sich fast alles statt mit Wörtern in Bildern ausdrücken – aber eine Sache gibt es nicht: Ein Symbol, das eine Frau mit Kopftuch darstellt. Das könnte sich bald ändern – dank der Initiative einer fünfzehnjährigen Muslimin, die in Berlin lebt.
In der knappen Onlinekommunikation werden "Emojis" immer wichtiger: Graphische Symbole wie Herzen, Tiere oder ein ausgestreckter Daumen, die in eine Textnachricht eingebunden werden können, um schneller zu tippen oder Stimmungen auszudrücken. Damit das auch über technische Grenzen hinweg auf verschiedenen Betriebssystemen und in unterschiedlichen Apps funktioniert, werden die Symbole standardisiert. Zuständig ist das im kalifornischen Mountain View ansässige "Unicode-Konsortium"; dort entscheiden die Mitglieder, zu denen Unternehmen wie Google, Apple und Facebook gehören, welche Symbole in den technischen Standard übernommen weden.
Ursprünglich lag der Schwerpunkt der Arbeit darauf, für die unzähligen auf der Welt verwendeten Schriftsysteme eine einheitliche digitale Texterfassung zu ermöglichen. Mittlerweile ist ein wichtiger Teil der Arbeit die Verwaltung von Emojis. Über 1000 sind bisher standardisiert – teils in vielen Varianten durch besondere Codes, über die sich die Hautfarbe von Händen und Gesichtern definieren lassen.
Kreuz, Halbmond und Davidstern gibt es schon
Auch religiöse Symbole sind vertreten: Verschiedene Formen des Kreuzes, vom orthodoxen über das Chi-Rho-Christus-Monogramm bis zum im Westen üblichen lateinischen Kreuz. Stern und Halbmond, Davidstern, ein Yin-Yang-Symbol, sogar das Khanda-Symbol der Sikh. Auch eine Kirche und eine Moschee gibt es.
Bei den Emojis, die Menschen darstellen, gibt es kaum religiöse Vielfalt. Neben Skifahrern, Surferinnen und Schwimmern gibt es immerhin einen Mann, der einen Turban trägt, wie er bei Sikhs und manchen Muslimen üblich ist. Ansonsten: Fehlanzeige.
Das fiel auch der fünfzehnjährigen Rayouf Alhumedhi auf: Im Gruppenchat ihrer Freundinnen auf WhatsApp fand sich für jede der Jugendlichen ein passendes Emoji – nur nicht für sie selbst mit ihrem Schleier. Eine E-Mail an Apple blieb unbeantwortet – beim Unicode-Konsortium stieß sie aber auf offenere Ohren, nachdem sie dort einen formalen Antrag auf ein Schleier-Emoji eingereicht hatte. Die Journalistin Jennifer 8. Lee, die Mitglied im Konsortium ist, unterstützt die Schülerin bei ihrer Initiative. Lee, die sich die chinesische Glückszahl 8. als Zweitnamen ausgesucht hat, war unter anderem eine treibende Kraft hinter der Entscheidung, neben Obst und Süßigkeiten auch ein Emoji für chinesische Teigtaschen in den Standard aufzunehmen.
Mehr Kopftücher als Turbane
Im Antrag an die Zeichen-Verwalter betont Alhumedhi, deren Vater Kultur-Attachés in der saudischen Botschaft in Berlin ist, dass religiöse Kopfbedeckungen in vielen Religionen üblich seien. Und auf der populären Bilder-Plattform Instagram ließen sich zwar 15,6 Millionen Bilder unter dem Schlagwort "Hijab", "Kopftuch", finden, aber nur gut 750.000 mit Turbanen, für die es bereits ein Emoji gibt.
Gegenüber dem Technikmagazin Motherboard erklärt sie, warum sie ein scheinbar so nebensächliches Thema wie Emojis aufgreift: "Menschen benutzen Emojis, um sich und ihr Leben darzustellen. Als verschiedene Beziehungsformen und Hautfarben abgebildet wurden, hat das ordentlich Aufsehen erregt – und zwar weil Menschen sich endlich repräsentiert und akzeptiert gefühlt haben. Mit dem Kopftuch-Emoji wird es genauso sein." Und damit auch beide Geschlechter repräsentiert sind, gehört zum Vorschlag auch noch ein Mann mit Kufiya, dem im arabischen Raum von Männern getragenen Kopftuch, das hierzulande als "Palästinensertuch" bekannt ist.
Noch hat das Unicode-Konsortium noch nicht entschieden, ob es neben religiösen Symbolen, Kirche und Moschee auch ein Kopftuch-Emoji geben wird. Aber Rayouf Alhumedhi ist zuversichtlich. Schon im November könnten die Hüter der Emojis über ihren Antrag entscheiden.